Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
Korsakov gegeneinander auszuspielen und Alan zu hintergehen, um an mehr Geld oder sonstige Gefälligkeiten von Korsakov heranzukommen.
»Der Mann hat Verbindungen. Selbst im Gefängnis wird ihm Stans Tod nicht entgangen sein. Über Wright wurde schließlich überall berichtet. Außerdem weißt du doch, wie die Russen sind – vergessen nie etwas. Wenn die einmal eine Rechnung offen haben, nehmen sie eiskalt Rache.«
»Ja, ja. Was machen wir jetzt?«
»Du schnappst dir Stans Frau, lässt dir irgendeine Ausrede einfallen. Dann werde ich sie abholen und sie irgendwohin bringen, wo Korsakov nicht an sie rankommt.
Bei Alan schrillten sämtliche Alarmglocken. Als er Logan vor vier Jahren angeheuert hatte, damit der Stan für ihn fand, hatte Logan alle Spuren zurückverfolgt und war genau wie Alan zuvor auf die unterschlagenen Gelder gestoßen. Er war also der einzige Mensch außer ihm, der wusste, dass Sarah der Schlüssel zu dem Vermögen war. Wollte Logan ihn austricksen und so an Sarah rankommen?
Er betrachtete sich im Spiegel. Bemerkte die Linien und Sorgenfalten auf der Stirn, die leicht gebeugten Schultern. Sofort richtete er sich auf, zog den Bauch ein. Warf sich selbst ein Jokergrinsen zu. Logan war schlau, aber nicht schlau genug für Alan.
»Wir treffen uns in Hopewell am üblichen Ort.« Das verlassene Wärterhäuschen unten am Damm war abgelegen und stand meistens leer – ein idealer Ort für heimliche Treffen. Oder einen Mord. Zu dem es kommen würde, sollte Logan irgendetwas versuchen.
»Ich melde mich, kurz bevor ich da bin. Bring die Frau mit!«
Alan klappte das Handy zu, ohne zu antworten. Teufel auch, er würde Sarah ganz sicher nicht aus den Augen lassen, ehe sie endgültig verheiratet waren und in einem Flugzeug in Richtung Kaimaninseln saßen.
Einen schlechteren Zeitpunkt dafür gab es allerdings kaum. Zum ersten Mal seit Wochen war er einen Tag weggefahren, um sich zu amüsieren. Denn es trieb ihn in den Wahnsinn, Sarah immer so nahe zu sein und den verliebten Narren zu geben, obwohl sie sich bislang nicht einmal geküsst hatten. Wie vor zwei Tagen, als er sie mit einem Picknick hatte überraschen wollen.
Er erinnerte sich an den Anblick, der sich ihm von der Auffahrt aus geboten hatte. Sarah hatte im Vorgarten gekniet, ihr knackiger Arsch hatte sich beim Unkrautjäten verführerisch vor und zurück bewegt. Nichts hätte er in diesem Moment lieber getan, als sie ins Gras zu betten und zu lieben, bis sie Stan vergessen hatte.
Dann erst fiel ihm auf, dass Sarah nur deshalb vor und zurück schaukelte, weil sie weinte. Um Stan und das Kind. Wieder einmal.
Als sie sich ihm zuwandte, waren keine Tränen mehr zu sehen. Sarah zeigte ihre Tränen niemals – ihm jedenfalls nicht. Auch nicht ihre wahren Gefühle. Dazu musste er ihr verfluchtes Tagebuch lesen. Noch etwas, das sie nur für Stan tat, obwohl der Mann längst tot war. Alan hatte es endgültig satt, mit einer Leiche konkurrieren zu müssen.
Er schloss die Augen, rief sich die Sarah in dem Hochzeitskleid aus seinen Träumen in Erinnerung; dann stellte er sich vor, wie er sie über die Schwelle und in das Schlafzimmer ihres Hauses trug. Die ganze Zeit über lächelte sie ihn an, während er sie auszog, dann drängte sie sich an ihn, blickte mit Freudentränen zu ihm auf und flehte ihn an, nicht aufzuhören.
Sein Blick glitt nach unten zu der Erektion, die seine Fantasie herbeigezaubert hatte. Wozu sie verschwenden? Wo doch eine bereits bezahlte Frau auf der anderen Seite der Tür wartete? Eine Frau, über deren Tränen er die Kontrolle hatte.
Er schaute auf die Rolex an seinem Handgelenk. Genügend Zeit, um hier noch etwas Spaß zu haben, sich herauszuputzen, den Verlobungsring einzustecken, den er für den richtigen Moment bereithielt, und dann seine Zukünftige mit schönen Worten dazu zu bringen, mit ihm in die Karibik auf eine exotische Insel durchzubrennen.
Er würde sowohl Korsakov als auch Logan mit ihren eigenen Waffen schlagen. Wenn er es richtig anstellte, dann würden sie sich gegenseitig umgebracht haben, noch bevor er mit dem Geld zurück war. Und dann hätte er Sarah für sich. Er hätte alles.
18
Sam starrte durch sein Fernglas zu dem Haus hinab, das einmal sein Zuhause gewesen war. Er duckte sich noch tiefer in die Schatten der Eiche, spürte die raue Rinde an seinem Rücken. Gestern Nacht hatte er mit sich gerungen, ob er sich nicht einfach in den Ort wagen, Sarah schnappen und, so schnell es ging, mit ihr
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