Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
das der Zimmerservice gebracht hatte: ein halb aufgegessener Obstteller und zwei leere Champagnergläser. Er schnappte sich ein Stück Honigmelone und setzte sich auf den Toilettendeckel.
»Was soll die Eile? Sie wissen doch, dass ich sowieso erst eine ganze Weile nach der Hochzeit an das Geld kommen werde, wenn sich wieder alles beruhigt hat. Ich habe ihr noch nicht einmal einen Antrag gemacht.«
»Dann machen Sie sich mal besser mit Ihrem Liebchen über alle Berge«, erwiderte Logan. Alan runzelte die Stirn. Er konnte das überlegene Grinsen des anderen Mannes förmlich vor sich sehen. »Korsakov kommt raus.«
Alan verschluckte sich an dem Obststückchen und sprang auf. »Was zum Teufel … sind Sie sicher?«
»So sicher wie das Amen in der Kirche. Scheint, als hätte das Berufungsgericht zu seinen Gunsten entschieden und seine ursprüngliche Verurteilung wegen einer Formalie aufgehoben. Ohne die Aussage des Kronzeugen wird er freikommen.«
»Wann?« Mühsam schluckte Alan die Frucht hinunter, ohne auf das Brennen in der Speiseröhre zu achten. Er hatte schlimmere Sorgen, als in einem zweitklassigen Hotelzimmer in Albany an einer Melone zu ersticken.
»Die Anhörung ist heute früh. Wenn der Staatsanwalt kein Kaninchen aus dem Hut zaubert, wird er bis zum Nachmittag draußen sein.«
Alan lief in dem kleinen Raum auf und ab, das Telefon an seinem Ohr fest umklammernd. »Dennoch, kein Grund zur Panik. Soweit er weiß, ist Stan vor zwei Jahren auf diesem Berg umgekommen.«
»Und Scheiße noch mal, so ist es auch passiert, nach allem, was wir wissen. Abgesehen von der kleinen Unstimmigkeit, dass Leo Richland ebenfalls verschwunden ist.«
Alan hatte den heimlichen Verdacht, dass Logan mehr über Richlands Verschwinden wusste, als er je hatte durchblicken lassen. Als sie damals Stan gefunden und den Wright-Schwindel eingefädelt hatten, war der FBI -Agent jedenfalls verflucht schnell in Hopewell aufgetaucht. Wer wusste schon, ob Logan nicht auch vor seiner offiziellen »Ankunft« mit dieser Agentin dort gewesen war, vielleicht sogar früh genug, um sicherzustellen, dass ihr Komplize für immer den Mund halten würde?
Andererseits, was zum Teufel hätte Logan dann mit Stan und dem Jungen anstellen sollen? Wenn die jetzt auftauchten, wäre er genauso geliefert wie Alan. Und da Richland verschwunden war, mussten sie davon ausgehen, dass Vater und Sohn noch am Leben waren. Irgendwo. Deswegen hatte er auch dafür gesorgt, dass Logan Sarahs Haus, ihren Computer und das Mobiltelefon mit modernster Abhör- und Überwachungstechnik ausgestattet hatte. Sie konnte nicht einmal niesen, ohne dass er davon erfuhr.
Und das war auch gut so, denn nur über sie kam er an die zweiundvierzig Millionen heran, die Stan während der Arbeit für Korsakov unterschlagen hatte. Sarah hatte keine Ahnung, dass sie, nachdem Stan für tot erklärt worden war, um zweiundvierzig Millionen reicher war. Wenn er sie erst bezirzt und geheiratet hatte, stand ihm das Geld zu. Nur müsste er Sarah umbringen, damit sie dem Russen nichts verriet – das war der Haken bei der Sache.
Es sei denn, sie würde freiwillig mit ihm gemeinsame Sache machen. Als echte Partnerin. Jemand, dem er vertrauen konnte. Kein Theater mehr. Noch einmal hatte er das Bild vor Augen, wie sie ihn vorhin im Traum angelächelt hatte, als sie zum Altar geschritten war.
»Warum sollte Korsakov hierherkommen wollen?«, fragte Alan und dachte angestrengt darüber nach. »Er weiß doch nichts von dem Geld.« Stan hatte seine Spuren gut verwischt – Alan war rein zufällig auf den Diebstahl aufmerksam geworden, nachdem Korsakov im Gefängnis gelandet war. Nie hätte er Stan zugetraut, den Russen derartig abzuzocken.
»Vielleicht um einen alten Freund zu besuchen – seinen früheren Anwalt. Der sich rein zufällig mit der Witwe des Mannes eingelassen hat, der ihn betrogen, ins Gefängnis gebracht, ihm sieben Jahre seines Lebens geraubt hat. Oder vielleicht will er sich an Stan rächen, indem er seine Frau umbringt? Wer weiß, jedenfalls müssen wir schnell handeln.«
»Bist du sicher, dass er nach Hopewell unterwegs ist?«
»Er hat ein Erste-Klasse-Ticket für den Nachtflug von JFK noch heute Abend. Und ich gehe nicht davon aus, dass er die Familie in Brighton Beach besuchen will.«
»Verdammt! Wie hat er bloß herausgefunden, wo ich stecke? Ich habe seit Jahren nicht mit ihm gesprochen.« Hatte Logan etwas durchsickern lassen? Es wäre typisch für den FBI -Agenten, ihn und
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