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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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sich ein Glas Wasser ein. In dem Keramikhalter unter dem Spiegel kuschelte sich immer noch seine Zahnbürste an die von Sarah. Seine. Und nicht die von Alan.
    Die Waffe drückte ihm ins Kreuz, erinnerte ihn unbarmherzig daran, dass Alan nur aus einem einzigen Grund in Sarahs Leben getreten war: weil Sam es vergeigt hatte, Fehler gemacht hatte, für die sie nun teuer bezahlen musste.
    Mit einem Mal hörte er ein lautes Knirschen. Ein Auto fuhr die Kiesauffahrt entlang. Er stellte sich dicht neben das Fenster und spitzte die Ohren. Der überdachte Parkplatz war auf der anderen Seite des Hauses. Angestrengt lauschend konnte er Schritte auf der Veranda ausmachen, die vor der Küchentür hielten, durch die Sarah immer ins Haus kam. Stille.
    »Sarah!«, brüllte eine Männerstimme aus dem Wohnzimmer.
    Sam erschrak und verschluckte sich am Wasser. Vorsichtig stellte er das Zahnputzglas wieder auf dem Waschbecken ab, dabei zitterten ihm die Hände vor Wut, weil er Alans Stimme erkannt hatte.
    Er zog seine Halbautomatik. Die Waffe lag seltsam schwer in seiner Hand, doch war er immerhin nicht mehr ganz so ungeschickt damit. Zwar hatte es ziemlich lange gedauert, bis Sam die Waffe laden konnte, ohne sich das kleine Häutchen zwischen Daumen und Zeigefinger einzuklemmen, dafür war er ein leidlich guter Schütze geworden. Niemals auch nur annähernd so gut wie Sarah oder der Colonel, aber immerhin konnte er auf zwanzig Meter Entfernung einen Heuballen zur Strecke bringen.
    Als er die Tür mit der Waffe im Anschlag einen Spaltbreit aufschob, verdrängte der beißende Geruch des Pistolenreinigers den Duft, den Sarah hinterlassen hatte. Alan rief noch einmal ihren Namen, dann stieß er die Tür zum Schlafzimmer auf. Seine Schritte hallten über die Eichenholzdielen. Dann sah Sam ihn.
    Sam knirschte so laut mit den Zähnen, dass er sich fragte, wie Alan, der nur knapp zwei Meter von ihm entfernt stand, das überhören konnte. Der schaute jedoch gerade in den Spiegel auf Sarahs Frisiertisch, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und setzte sich aufs Bett. Sam beobachtete ihn mit dem Finger am Abzug. Alan streckte eine Hand unter Sarahs Kissen, zog ein kleines, in Samt gefasstes Tagebuch hervor.
    Sarahs geheimste Gedanken – in die Sam niemals unerlaubt Einblick nehmen würde –, und Alan blätterte einfach so darin herum, als wären sie bedeutungslos. Dann warf er es durchs Zimmer. Mit einem dumpfen Schlag traf das Buch den Frisiertisch, ehe es nur wenige Zentimeter von der Badezimmertür entfernt auf dem Boden landete.
    »Du solltest an mich denken. Nicht an Sam. Ich bin der Mann, der direkt vor dir steht! Wo steckst du, was hast du jetzt schon wieder vor?«
    Überrascht sah Sam mit an, wie Alan nach vorne sackte, dabei sogar Knitterfalten in seinem italienischen Maßanzug in Kauf nahm und die Arme hängen ließ. Beinahe, als würde er sich wirklich um Sarah sorgen. Nein. Alan ging es immer nur um sich selbst. Seufzend schüttelte er den Kopf, lehnte sich zurück und griff nach dem Telefon, das auf dem Nachttisch stand. »Colonel Godwin? Hallo, hier ist Alan. Ja, ich weiß, eigentlich wollte ich von dem Termin erst morgen zurückkommen, aber ich habe Sarah einfach so sehr vermisst, dass –«
    Ihm schauderte bei der Ernsthaftigkeit in Alans Stimme. Zum Teufel, er klang glaubwürdig – wenn man den wahren Alan nicht kannte. Manchmal war es schwer, sich vorzustellen, dass er und Alan einmal beste Freunde und sogar Zimmergenossen gewesen waren. Damals im College, bevor Alan einen Mörder auf Sam und seinen Sohn angesetzt hatte.
    Es musste Alan gewesen sein. Er war auf dieses verdammte Geld aus. Der Russe hätte niemals aufgegeben. Nicht ehe alles, das Sam je besessen hatte, und jeder, der ihm etwas bedeutet hatte, zerstört war.
    »Wo ist sie? Auf dem Berg? Was, eine Leiche gefunden? Wer ist es?« Alan richtete sich auf, glitt vom Bett und stand wieder auf den Füßen. »Nein, sagen Sie ihr nicht, dass ich angerufen habe. Ich möchte sie überraschen. Ja, vielleicht ist heute der große Tag. Danke, Sir, das weiß ich zu schätzen.«
    Er legte auf und kam auf das Badezimmer zu. Sam hielt gespannt den Atem an. Er wusste, dass er nicht länger durch den Türspalt schauen und sich besser abwenden sollte, um nicht entdeckt zu werden. Aber sein Verlangen, sich dem Mann zu stellen, der sein Leben zerstört hatte, vielleicht sogar eine Gelegenheit zu erhalten, ihn umzubringen, war stärker.
    Alan kam immer näher. Sam umfasste die Türklinke,

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