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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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ist.«
    »Ich kann gut auf mich selbst aufpassen«, gab sie zurück. Obwohl ihr die Worte kaum über die Lippen kommen wollten. Denn ihr war inzwischen derartig schlecht, dass sie an die Tür gelehnt in die Hocke gegangen war. »Mach’s gut!«
    »Nein, warte! Das meine ich ernst. Caitlyn, wage es ja nicht, einfach aufzu–«
    Sie tastete blind nach der Taste, mit der sie das Gespräch beenden konnte, bis seine Stimme verstummte. Der Raum verschwamm vor ihren Augen, die Schmerzen waren grauenhaft.
    Sie wusste nicht, ob sie sich einfach auf den Boden fallen lassen oder doch lieber versuchen sollte, sich wieder hochzukämpfen, um aus diesem Raum zu entkommen. Nelken, wohin sie auch blickte: an den Wänden aufgereiht, auf dem Sarg in der Mitte des Raumes aufgetürmt, schienen sie von allen Seiten nach Caitlyn zu greifen.
    Der Schmerz überrollte sie. Sie ging in dem Nelkengestank unter, wurde in die Tiefe gezogen wie eine Ertrinkende, bekam keine Luft mehr, konnte nicht mehr denken, nichts mehr sehen. Ihr wurde schwarz vor Augen, nur in der Mitte blieb ein kleiner, viel zu heller Punkt frei, der einen stechenden Schmerz auslöste. Die Magenkrämpfe wurden immer schlimmer, bis es ihr vorkam, als würde sich der Raum drehen.
    Sie konnte nur noch blind die Hand ausstrecken, auf der Suche nach irgendetwas, an dem sie sich festklammern konnte, während sie in dem Meer aus Schmerzen versank.
    Ihre Finger fanden den Arm eines Mannes und hielten ihn wie eine Schraubzwinge umklammert. Hal – der Name stieg aus den dunklen Tiefen ihres Gehirns auf. Nur verschwommen konnte sie sein besorgtes Gesicht ausmachen.
    Mertons Stimme drang schmerzhaft laut zu ihr durch. »Was ist denn mit ihr? Ist sie ohnmächtig geworden?« Er klang aufgeregt, fast erfreut.
    Seine dröhnende Stimme entfernte sich in dem Maße, in dem Caitlyn zu schrumpfen schien. Ihre Umgebung hingegen wurde monströs groß, als wäre sie eine Ameise, die auf dem Boden umherkrabbelte und zu zwei Monstern emporblickte, die sie jeden Moment zertrampeln könnten.
    Sie schloss die Augen, kämpfte gegen den nächsten Schwindelanfall an. Um dem unerträglichen Schmerz zu entkommen, flüchtete sie sich in die fernen Winkel einer Erinnerung.
    Neun, sie war damals neun Jahre alt gewesen. Um sie herum nur Nelken: weiße, pinkfarbene, strahlend rote. Sie quollen aus den überall aufgestellten Eimern, während Caitlyn unter einem Tisch des Hinterzimmers im Beerdigungsinstitut kauerte.
    Zwei stämmige, bestrumpfhoste Beinpaare blockierten ihren Fluchtweg. Sie wollte schreien, weinen, einfach nur alleine sein, war jedoch gefangen. Mit den Händen fest auf den Mund gepresst, atmete sie nur noch durch die Nase, bis sie vollständig in den ekelhaft süßlichen Geruch der Begräbnisnelken eingehüllt war.
    »Für jemanden wie den ist das hier noch viel zu gut, das sage ich Ihnen«, meckerte die eine Frau und hantierte auf dem Tisch mit Blumen, sodass grüne Blätter und Stängel an der Seite hinunterfielen. »Wusste schon immer, dass das mit ihm böse enden wird. Sie kann froh sein, dass er überhaupt eine christliche Totenfeier bekommt. Natürlich wird er eingeäschert – kann ja nicht auf heiligem Boden begraben werden.«
    »Keine Aufbahrung?« Die Stimme der zweiten Frau, die über Caitlyns Versteck hinweghallte, war etwas höher und von bösartiger Neugier erfüllt.
    »Willa! Der Mann hat sich das halbe Gesicht weggeschossen!«
    »Und gefunden hat ihn seine Tochter?«
    »Sie hätte eigentlich gar nicht dort sein dürfen – typisch.« Die Frau schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Ein störrisches Ding. Genau wie ihr Vater, jawohl. Sie war bei mir in der Sonntagsschule und ist aufgestanden, um mit mir über das Wunder der Brotvermehrung zu streiten. Acht Jahre alt und schon derartig gotteslästerlich!«
    »Das machen die roten Haare. Was hast du getan?«
    »Ihr eine gelangt, ich konnte einfach nicht anders, so entsetzt war ich von ihrem Benehmen. Hab sie an ihrem roten Haar gepackt und nach draußen zu Pastor Paul gezerrt. Das Mädchen hat sich aber geweigert, sich zu entschuldigen, sondern darauf bestanden, dass sie recht hätte; ihre Mutter ist vor Scham fast in Tränen ausgebrochen. Dann ist der Vater hereingeplatzt, hat mich angeschrien, ich solle die Hände von seiner Tochter lassen, sie auf den Arm genommen und hinausgetragen.«
    »Nicht wirklich.«
    »Pfarrer Paul war sprachlos. Und wissen Sie, was das Schlimmste daran war? Das Mädchen hat sich noch zu mir umgedreht, mit

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