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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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so breit war wie der in ihrem beengten Elternhaus, bis zur Küche, dabei machte er überall Licht.
    Die Einrichtung kam ihr erschreckend bekannt vor: die Wohnung eines alleinstehenden Polizisten. Ein Uniformhemd hing über der Rückenlehne des Stuhls. Auf dem Tisch stapelten sich Zeitungen. Obenauf lag ein Pistolenreinigungs-Set und eine auseinandergenommene Vierzig-Kaliber Glock 22. Caitlyn lächelte, als ihr der vertraute Geruch des Brüniermittels in die Nase stieg. Auf dem Tresen klemmte ein Funkscanner zwischen einer betagten Mikrowelle und einer Kaffeemaschine. Auf dem Boden der gelb angelaufenen Glaskanne hatten sich mehrere Zentimeter einer tiefschwarzen Flüssigkeit abgesetzt.
    Das Geschirr in der Spüle stapelte sich in etwa so hoch wie die leeren Packungen von Fertiggerichten im Mülleimer hinter der Küchentür. Ihr gefiel, dass Hal sich weder für das Durcheinander noch die fehlende Atmosphäre entschuldigte.
    »Ich hole die Akten«, sagte er und hängte seinen Pistolengürtel an den Haken neben der Tür, stellte Pager, Funkgerät sowie Handy in die entsprechenden Ladestationen, ehe er im angrenzenden Zimmer verschwand. Als er dort Licht machte, sah Caitlyn einen paneelierten, mit Pappkartons vollgestopften kleinen Raum, dessen einzige Einrichtung aus einem verschlissenen Fernsehsessel und einer altmodischen Konsole bestand.
    Sie verdrehte die Augen und musste ein Lachen unterdrücken, weil sie an ihre eigene Wohnung denken musste – voll von Fotos aus diversen Fällen, Fitnessgeräten und dem von ihrem Vater geerbten Waffenschrank. Es war das einzige Möbelstück, das Caitlyn mit sich nahm, wenn ihr Beruf sie mal wieder an einen neuen Ort verschlug. Ihr übriges Hab und Gut verschenkte sie jedes Mal und ersetzte es in der neuen Umgebung bei einem kurzen Abstecher zu IKEA oder einem ähnlichen Einrichtungshaus.
    Hal durchwühlte einige Kisten auf der Suche nach den Akten des Durandt-Falls. Caitlyn spülte währenddessen die gelbe Kanne aus, stöberte in den Regalen nach Kaffeepulver und setzte eine neue Maschine an. Zucker gab es nur in einem staubbedeckten Töpfchen ganz hinten im Schrank, doch er sah noch gut aus, und nach der Migräne musste sie ihren Blutzuckerspiegel dringend ein wenig in die Höhe treiben. Als sie sich einen Löffel nahm, verdrehte sie erneut die Augen – typisch Mann, wusste nicht einmal, dass Puderzucker nicht in den Kaffee gehört. Hatte wahrscheinlich die erstbeste Packung im Supermarkt gegriffen.
    Sie war fast ein wenig eifersüchtig, wenn sie darüber nachdachte, für wen Hal den Zucker wohl gekauft hatte. Da seine Frau bereits seit zwei Jahren tot war, konnte Caitlyn wohl kaum die erste Frau sein, die er mit nach Hause gebracht hatte, oder etwa doch? Als sie seine Schritte hörte, goss sie ihm auch eine Tasse Kaffee ein.
    »Das stört Sie doch hoffentlich nicht?«, fragte sie, nahm in jede Hand eine Tasse und drehte sich zu ihm um.
    Er starrte sie mit offenem Mund an und ließ den Karton mit den Unterlagen darin auf den Tisch fallen. Seine Augen waren weit aufgerissen, jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen, als ob ihn etwas erschreckt hätte. Vielleicht war sie doch die Erste, die er seit dem Tod seiner Frau mit hierher gebracht hatte.
    Als er auf sie zukam, hatte er schon wieder dieses zauberhafte Lächeln auf den Lippen, von dem sie vorhin schon eine Kostprobe bekommen hatte. Mit dem er aussah wie Gary Cooper in diesen alten Filmen, die Caitlyns Vater so gemocht hatte.
    »Nein, gar nicht«, sagte er leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Er legte ihr eine Hand um die Taille. »Überhaupt nicht.«
    Caitlyn sah ihm in die Augen, rührte sich aber nicht. Er beugte sich zu ihr hinunter, hielt nur wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht inne und betrachtete sie fragend. Sein Blick glich einer stummen Bitte um Einverständnis. Wie verletzlich er wirkte, als ob er ihr ein ganz wertvolles Geschenk anvertrauen würde.
    Als Antwort hob sie ihm den Kopf entgegen, gab sich seinem Kuss hin, war dabei aber selbst von ihrer Zurückhaltung überrascht. Normalerweise war sie Männern gegenüber aggressiv, ließ sich nur durch die Demonstration von überlegener Stärke erobern – nur um sie genauso schnell wieder zu verlassen, wenn sie ihren Ansprüchen nicht genügten. Aber mit Hal war es anders. In seiner Verletzlichkeit erkannte sie ihre eigene wieder. Bei ihm war es nicht nötig, sich besonders draufgängerisch zu geben.
    Hal strich sacht über ihre Kinnlinie, spielte mit

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