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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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eigenen Bienenstock und hat das Gelee Royal daraus geerntet, um eine besondere Creme zu mischen.« Er hielt kurz inne, der Widerschein der Lichter des Armaturenbretts fing sich in dem zuckenden Muskel an seiner Wange. »Als sie fort war, sind auch die Bienen gestorben.«
    Caitlyn legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. Es war keine erotische Geste, bloß eine tröstliche Berührung. »Das tut mir leid.«
    »Tja. Nun.« Er hielt stumm das Lenkrad umklammert, dann drehte er sich plötzlich ruckartig zu ihr. »Also, woher kommen Sie eigentlich, Agent Tierney?«, fragte er heiter.
    Caitlyn lehnte sich wohlig und wie befreit in ihrem Sitz zurück. Keine Kopfschmerzen, kein Schwindel, keine Übelkeit. Sie fühlte sich beinahe wie ein normaler Mensch. »Ob Sie es glauben oder nicht, Chief, ich komme aus einem noch kleineren Nest als Hopewell.«
    »Ist nicht wahr.«
    »Doch. Evergreen, North Carolina. Dreihundertachtzehn Einwohner. Es gab nicht einmal eine eigene Polizeitruppe. Der einzige Gesetzeshüter auf unserem Berg war der Balsam County Sheriff.
    »Sie haben aber gar keinen Südstaatenakzent.«
    Sie versuchte die Erinnerung zu verdrängen, die der Duft der Blumen hatte wiederaufleben lassen. »Als ich neun Jahre alt war, sind wir nach Chambersburg in Pennsylvania zur Familie meines Vaters gezogen.«
    »Chambersburg. Das ist doch gleich bei Gettysburg, habe ich recht?«
    »Mir ist schnell klar geworden, dass mich mein Akzent dort nicht gerade beliebter macht. Aber das war schon in Ordnung. Mein Dad ist dort aufgewachsen und hat deswegen akzentfrei gesprochen. Also habe ich mir angewöhnt, so zu reden wie er.«
    »Ihr Dad war Polizist?«
    »Deputy Sheriff.«
    »Aha! Habe ich mir gedacht.« Gekonnt nahm er eine besonders enge Kurve. »In der Ausübung seiner Pflicht getötet worden?«
    »So ähnlich.« Sie hatte diese Frage bereits so oft gehört, dass sie der Wahrheit, ohne nachzudenken, auswich. Doch aus irgendeinem Grund fühlte sie sich dieses Mal schuldig. »Woher wissen Sie das?«
    »Sagte Ihnen doch, Sie würden so aussehen, als ob Sie jemandem etwas beweisen wollten. Und da ich inzwischen weiß, dass es sich dabei nicht um Ihren Chef Logan handelt –«
    »Hey, wo gehen wir eigentlich hin?«, unterbrach sie ihn, als sie am Verwaltungszentrum von Hopewell vorbeifuhren. Er raste weiter über die verlassenen Straßen ohne auf die Geschwindigkeitsbegrenzung zu achten. Anscheinend wurden hier im Ort die Bürgersteige hochgeklappt, sobald es dunkel wurde.
    »Sie wollten doch in die alten Akten schauen.« Er bog auf die Lake Road ein. »Die sind eingelagert. Bei mir zu Hause.«
    »Warum das denn?«
    Er zuckte mit den Achseln, aber ihr fiel auf, dass sich sein Griff ums Lenkrad dabei verstärkte. »Kleine Stadt, kleines Budget. Als die alte Polizeiwache nach den Überschwemmungen in 2005 für unbewohnbar erklärt und abgerissen wurde, mussten wir sie erst mal irgendwo unterbringen. Seitdem bin ich nicht dazu gekommen, sie wieder zurückzuholen – besonders viel Platz dafür hätte ich eh nicht. Stauraum war eines der Dinge, die Victoria Godwin vergessen hat, als sie ihr Verwaltungszentrum entworfen hat.« Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er bei der neuen Polizeiwache nicht in die Planung mit einbezogen worden war.
    Er bog auf eine Schotterstraße ein, die am Rand der Schlucht östlich am Berg hinaufführte. Große Tannen wogten im Wind hin und her, reckten die Zweige, strichen an den Seiten des Wage ns ent lang. Vor ihnen tauchte ein eingeschossiges Haus mit spitzem Blechdach auf. »Also, da sind wir, trautes Heim, Glück allein.«
    Um das Holzhaus führte eine breite Veranda. Die Stufen waren aus Flusskieselstein gelegt, daneben gab es eine Rollstuhlrampe hoch bis zu den ausladenden französischen Türen. Caitlyn folgte Hal bis unter das Vordach.
    »Mein Urgroßvater hat das Haus gebaut«, erklärte er. »In den 1950ern. Wahrscheinlich war er einer der ersten Menschen damals, die ein komplett rollstuhlgerechtes Haus errichtet haben. Hat er sich in Australien abgeschaut, dort ist er im Krieg gewesen.« Er hielt ihr die Tür auf. Sie war aus Eichenholz, mit wunderschönen handgeschnitzten Weinranken und Winden verziert.
    »Wurde er verwundet?«, fragte Caitlyn, während sie hineingingen.
    »Nein. Nicht Uropa. Aber seine wunderschöne Frau Eloise ist an Kinderlähmung erkrankt. Sie saß im Rollstuhl. Aber sie hat immer gesagt, dieses Haus hätte sie gerettet.« Er führte sie einen Flur entlang, der doppelt

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