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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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hinzu. »Außerdem war es der beste Weg, um dich zu schützen.«
    Als sie die Hände fallen ließ, fühlte er sich mit einem Mal Lichtjahre von ihr entfernt. »Erzähl einfach, wie es weiterging!«
    »Ich habe Richland niedergeschlagen, bin aus der Tür, weil ich dachte, im Wald könnte ich ihn abhängen. Oder zumindest aufhalten, von Josh weglocken.
    »Warum bist du nicht in den Ort gerannt? Und hast jemanden um Hilfe gerufen?«
    »Wem hätte ich vertrauen sollen? Ich weiß bis heute nicht, wie Richland mich aufgespürt hat. Wer weiß, vielleicht war es sogar Hal, der herausgefunden hat, dass ich eigentlich Stan bin – wie du weißt, war er nicht gerade gut auf mich zu sprechen, nachdem die Versicherung sich geweigert hatte, nach Lilys Tod zu bezahlen.«
    »Hal würde niemals –«
    »Wer dann? Jemand vom FBI ? Wenn Korsakov einen US Marshal kaufen kann, kann er jeden kaufen. Ich hatte keine Wahl, konnte niemandem trauen, also habe ich das Beste getan, was ich in diesem Moment tun konnte.«
    »Du bist weggerannt.«
    »Ja. Aber Richland hat mich hier oben eingeholt. Mich angeschossen.« Wenn er daran zurückdachte, brannte die Narbe. Er rieb sich die Seite, um den Schmerz zu vertreiben, doch er breitete sich weiter nach innen aus, genau wie an dem Tag, als es geschehen war.
    »Im Kino wird das ganz falsch dargestellt«, fuhr er fort und betrachtete das kleine Fleckchen Erde, das beinahe zu seinem Grab geworden wäre. »Man fliegt weder rückwärts zu Boden, noch sackt man zusammen. Ich habe den Schuss zunächst nicht einmal gehört – da war ein lautes Dröhnen in meinem Kopf. Sonst habe ich gar nichts mehr wahrgenommen. Dann spürte ich dieses Brennen, schaute nach unten und da war überall Blut.«
    Sie legte ihre Hand auf seine und zog sie behutsam von seinem Hemd weg. Er saß auf dem kalten Erdboden und ließ sie den Flanellstoff zur Seite schieben, das T-Shirt anheben. Seine Narbe glitzerte hässlich silbern im Mondlicht, die aufgeworfenen Stellen wanden sich wie eine Viper um seine Seite. Als sie die Hand ausstreckte, um darüberzufahren, zuckte er in Erwartung des Schmerzes zusammen.
    Mit unfassbarer Zärtlichkeit glitten ihre Finger über die Haut. Die vernarbte Stelle war größer als zwei aufgespannte Hände. So groß, dass eine Hauttransplantation nötig gewesen war. Eine tiefe Delle in seinem Unterleib, ein Krater in seinem muskulösen Bauch. »Hier«, flüsterte sie. Zu seiner Überraschung ließ das heftige Brennen nach, als sie ihn berührte.
    »Ja. Sobald ich Josh in Sicherheit gebracht hatte, bin ich zusammengebrochen. War dann fast zehn Wochen im Krankenhaus – denn als ich endlich in ärztliche Behandlung kam, hatte sich die Wunde bereits entzündet. Drei Operationen waren nötig, damit es so gut aussieht wie heute. Ich lag die meiste Zeit über im Koma oder war im Delirium. Erst nach zwei Monaten konnte ich weiter als bis zum Bad laufen, ohne umzukippen.«
    Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen, eine Hand flach auf seine Wunde gelegt. »Du kannst von Glück reden, noch am Leben zu sein.«
    »Mit Glück hatte das nichts zu tun. Ich musste überleben. Nur so gab es Hoffnung für Josh. Und für dich.«

31
    Sarah zog die Hand weg, stand auf und blickte auf den Mann am Boden hinunter. Wer war dieser Mensch, den sie geheiratet und mit dem sie eine Familie gegründet hatte? Ein Fremder, ein ihr vollkommen fremder Mensch – und dennoch war da auch noch der Mann, den sie geliebt und der sein Leben für das seines Sohnes riskiert hatte.
    Der aber sie und Josh überhaupt erst in Gefahr gebracht hatte.
    Sarah wich zurück, sie musste erst mal tief durchatmen.Es war inzwischen deutlich abgekühlt, und der Nebel, für den der Berg so berühmt war, umspielte ihre Knöchel. Eine Wolke bedeckte den Mond, sodass sie in völlige Dunkelheit getaucht wurden. Im Handumdrehen war Sam verschwunden.
    Mit zugeschnürter Kehle streckte Sarah die Hand aus – ihr Körper wollte ihn zurück, wollte ihn in ihrer Nähe wissen. Nicht nur ihr Körper. Auch ihr Herz.
    Ganz in der Nähe raschelten Blätter, die nächtlichen Geräusche des Waldes schienen im Dunkel noch deutlicher hervorzutreten. Als die Wolke vorbeizog, strömte Mondlicht hinab, und langsam wurde Sams Gestalt wieder sichtbar. Er verharrte regungslos, blickte zu ihr auf; Kummer und Reue standen ihm ins Gesicht geschrieben.
    Der klagende Ruf einer Eule hallte wie ein Trauergesang durch die Nacht. Ihr kamen die Tränen. Gott, wie sehr sie ihn in die Arme nehmen, mit

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