Total Control (Das Labyrinth)
Besitzer nächstes Jahr oder sonst irgendwann renovieren lassen wollte. Sawyer trank heißen Kaffee und blickte auf die Uhr. Sechs Uhr dreißig m orgens. Regentropfen prasselten gegen die Scheibe, als ein kalter, früh m orgendlicher Schauer über der Gegend niederging. Neben dem Fenster stand ein Stativ sa m t aufgesetzter Ka m era. Das Teleobjektiv war fast dreißig Zenti m eter lang. Die einzigen Fotos, die bislang geschossen wurden, zeigten den Eingang des LaFitte und hatten ausschließlich zum Einstellen von Schärfe, Entfernung und Belichtung gedient. Sawyer schlurfte hinüber zum Tisch und betrachtete die darauf verstreuten Bilder; sie wurden weder dem Gesicht noch den s m aragdgrünen Augen gerecht. Das Regionalbüro New Orleans des FBI hatte Sidney Archer beim Verlassen des Flughafens fotografiert. Obwohl sie es selbstverständlich nicht wußte, wirkte sie auf den Bildern, als posierte sie für die Ka m era. Ihr Gesicht war lieblich, das Haar seidig und üpp i g. Zärtlich fuhr Sawyer die schlanke Nase nach, bis hinunter zu den vollen Lippen. Jählings riß er die Hand zurück und sah sich verlegen u m . Glücklicherweise hatte ihn keiner der anderen Agenten beobachtet. Prüfend ließ er den Blick durch das übrige Zi mm er schwei f en. Der lange Tisch stand in m itten des praktisch leeren Rau m es m it den kahlen Ziegelwänden, der dunkel getäfelten Decke und dem dreckigen Boden. Den m eisten Platz auf dem Tisch beanspruchten zwei Co m puter. Daneben befand sich ein Tonbandgerät. Mehrere Agenten der örtlichen FBI-Niederlassung bedienten die Maschinen.
Ein junger Agent be m erkte Sawyers Blick und nahm die Kopfhörer ab. »Unsere Leute sind alle in Position. Der Stille nach zu urteilen, schläft sie i mm er noch.«
Sawyer nickte knapp, drehte sich wieder zum Fenster um und schaute hinaus. Seine Leute hatten herausgefunden, daß fünf weitere Zi mm er in der Pension belegt waren. Allesa m t von Paaren. Auf keinen der m ännlichen Gäste paßte Jason Archers Beschreibung.
Nur langsam krochen die nächsten paar Stunden vorüber. Doch Sawyer, der an endlose Beschattungen gewöhnt war, die selten m ehr als Magenund Rückensch m erzen einbrachten, ließ sich durch die Langeweile nicht aus der Fassung bringen.
Angestrengt lauschte der junge Agent den Geräuschen aus dem Kopfhörer. »Sie verläßt gerade das Zi mm er.«
Sawyer stand auf, streckte sich und sah auf die Uhr. »Elf Uhr vor m ittags. Vielleicht m acht sie sich zu einem verspäteten Frühstück auf.«
» W ie soll die Beschattung weiterlaufen ? «
Einen Augenblick überlegte Sawyer. » W ie besprochen. Zwei Tea m s. Setzen Sie die Frau aus dem Nebenzi mm er sowie ein Pärchen ein. Sie können sich b e i der Verfolgung abwechseln. Sagen Sie den Leuten, sie sollen sich vorsehen. Die Frau ist besti mm t auf der Hut. Der Funckontakt m uß ständig aufrecht bleiben. Vergessen Sie nicht, daß Ms. Archer kein Gepäck in der Pension hat. Also m üssen wir auf jedes Transport m ittel eingestellt sein, auch auf ein Flugzeug. Sorgen Sie dafür, daß jederzeit Autos in der Nähe sind.«
»In Ordnung.«
W ährend Sawyers Anweisungen an die Agententea m s weitergeleitet wurden, blickte er aber m als aus dem Fenster. Er hatte ein m erkwürdiges Gefühl bei der ganzen Sache, das er nicht genau einzuordnen ver m ochte. Irgendwie ergab alles keinen Sinn. W arum ausgerechnet New Orleans? W eshalb sollte sie un m ittelbar nach der Befragung durch das FBI ein derartiges Risiko eingehen?
Als Sidney Archer auf der E i ngangstreppe der Pension erschien, brach er seine Überlegungen jäh ab. Mit kaum verhohlener Furcht in den Augen blickte sie über die Schulter zurück; schlagartig weckte die Geste eine Erinnerung. Ein Schauder überlief Sawyer, als ihm plötzli c h bewußt wurde, wo er Sidney Archer bereits gesehen hatte: an der Absturzstelle! Er stür m t e durch das Zi mm er und ergriff das Telefon.
Sidney trug ihren weißen Mante l , woraus sich erkennen ließ, wie tief die Te m peraturen gesunken waren. Unbeobachtet vom Portier, hatte sie einen Blick auf das Gästebuch erhascht. Nach ihrer Ankunft fand sich nur ein Eintrag darin. Ein Pärchen aus A m es, Iowa, hatte das Zi mm er neben dem ihren bezogen. Die beiden m ußten gegen Mitternacht angeko mm en sein, vielleicht sogar noch später. Es erschien Sidney höchst unwahrscheinlich, daß ein Pärchen aus dem m ittleren W esten um eine Zeit in einem Hotel einbuchte, zu der m a n für gewöhnlich in die
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