Total Control (Das Labyrinth)
»Ihre Kündigung. Wenn Sie so freundlich wären, sie gleich zu unterschreiben, könnten Sie allen eine Menge Ärger und der Kanzlei eine gewaltige Blamage ersparen.«
Sidney nahm den Umschlag nicht entgegen, sondern hielt Augen und Waffe auf Goldman gerichtet.
Goldman fuchtelte mit dem Umschlag vor ihrer Nase, dann starrte er auf die Pistole. »Würden Sie wohl die Waffe wegnehmen, bevor sie ihrer Liste ein weiteres Verbrechen hinzufügen?«
»Ich habe nicht das geringste verbrochen, und das wissen Sie genau.« Sie spie ihm die Worte förmlich entgegen.
Goldman rollte mit den Augen. »Selbstverständlich. Ich bin überzeugt, Sie hatten nicht die leiseste Ahnung von den Plänen ihres Mannes.«
»Auch Jason hat nichts Unrechtes getan.«
»Nun, ich diskutiere nicht mit Ihnen, solange Sie eine Schußwaffe auf mich gerichtet halten. Würden Sie das Ding bitte wegnehmen?«
Schließlich ließ Sidney die 9mm zögernd sinken. Plötzlich schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf. Wer hatte das Licht eingeschaltet? Goldman war nicht einmal in der Nähe des Schalters gestanden.
Bevor sie reagieren konnte, packte eine starke Hand ihren Arm und entriß ihr die Pistole. Mit gewaltiger Kraft wurde Sidney gegen die Wand geschleudert. Langsam sackte sie zu Boden. Ihr Kopf dröhnte von dem Aufprall. Als sie aufblickte, stand ein bulliger Mann in schwarzer Chauffeursuniform über ihr. Die Mündung der Pistole zeigte nunmehr auf Sidneys Kopf.
Hinter dem Chauffeur tauchte ein weiterer Mann auf.
»Hallo, Sid. In letzter Zeit wieder mal Anrufe von toten Ehemännern bekommen?« Paul Brophy lachte.
Mühevoll quälte Sidney sich auf die wackeligen Beine und lehnte sich an die Wand, um wieder zu Atem zu kommen.
Goldman wandte sich an den bulligen Kerl. »Gute Arbeit, Parker. Sie können den Wagen holen. Wir kommen in ein paar Minuten nach.«
Parker nickte und ließ Sidneys Pistole in der Manteltasche verschwinden, wobei sie bemerkte, daß er in einem Schulterhalfter selbst eine Waffe bei sich trug. Dann, zu ihrer Bestürzung, bückte er sich, um die Handtasche an sich zu nehmen, die während des kurzen Handgemenges zu Boden gefallen war, und machte sich davon.
»Sie sind mir gefolgt!«
»Ich sehe mir gerne an, wer nach Dienstschluß die Kanzlei betritt und verläßt, und zwar über eine Verbindung zum Schlüsselkartensystem des Gebäudes. Ich war hocherfreut, als um ein Uhr dreißig morgens Ihr Name im Protokoll auftauchte.« Er betrachtete die Regale voller juristischer Fachwerke. »Wollten Sie für einen Fall recherchieren oder dem Beispiel ihres Mannes folgen und ein paar Informationen klauen?« Wäre Paul Brophy nicht zu schnell für sie gewesen, Sidney hätte Goldman mitten ins Gesicht geschlagen.
Goldman zeigte sich unbeeindruckt. »Vielleicht können wir uns jetzt dem Geschäftlichen zuwenden.«
Sidney setzte zu einem Sprung durch die Tür an, doch Brophy versperrte ihr den Weg und drängte sie zurück in die Bibliothek. Sidneys Augen durchbohrten ihn. »Vom Partner einer bedeutenden Kanzlei zum Einbrecher in ein Hotel in New Orleans - ein ganz schöner Absturz, Paul.« Brophys Lächeln verpuffte.
Sidney wandte sich an Goldman. »Wenn ich jetzt schreie, könnte mich jemand hören.«
Ungerührt antwortete Goldman: »Bestimmt haben Sie vergessen, daß heute sämtliche Anwälte und Kanzleigehilfen früher gegangen sind, um für die Jahreskonferenz der Kanzlei nach Florida zu reisen. Tagelang wird niemand hier sein. Unglücklicherweise wurde ich im letzten Augenblick durch dringende Geschäfte aufgehalten und kann erst morgen früh nachkommen. Paul widerfuhr ein ähnliches Mißgeschick. Alle anderen sind bereits dort.« Er schaute auf die Uhr. »Folglich können Sie schreien, so laut und viel sie wollen. Aber Sie würden besser daran tun, mit uns zusammenzuarbeiten.«
Mit zu Schlitzen verengten Augen funkelte Sidney die beiden Männer an. »Was soll das heißen?«
»Am besten setzen wir die Unterhaltung in meinem Büro fort.« Goldman deutete auf die Tür und brachte einen kleinkalibrigen Revolver zum Vorschein, um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen.
Brophy schloß und versperrte die Bürotür. Goldman überreichte ihm die Waffe und nahm hinter dem Schreibtisch Platz. Er bedeutete Sidney, gegenüber von ihm Platz zu nehmen.
»Zweifellos haben Sie einen ereignisreichen Monat hinter sich, Sidney.« Zum zweitenmal holte er das Kündigungsschreiben hervor. »Doch ich fürchte, Sie haben in letzter Zeit über die
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