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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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Ovationen. Ich wollte schon wieder von der Bühne gehen, als Reg sagte: »Arnold, komm doch mal her.« Ich ging zum Mikro, und er sagte zu mir: »Sag was zu den Leuten.«
    »Nein, nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich spreche nicht so gut Englisch.«
    »Hey!«, rief er. »Das war doch sehr gut! Dafür hat er einen Applaus verdient. Jemand, der kein Englisch spricht, braucht Mut, um so einen Satz zu sagen.« Er fing an zu klatschen, und sofort applaudierten alle Zuschauer.
    Ich dachte: »Hey, das ist toll. Dem Publikum hat gefallen, was ich gesagt habe!«
    Reg fuhr fort: »Sag zu den Leuten: ›Ich mag Irland.‹«
    »Ich mag Irland.« Erneuter Applaus.
    Reg sagte: »Vorhin hast du mir erzählt, dass du zum ersten Mal in Belfast bist und es kaum erwarten konntest, hier zu sein, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Na, dann sag es den Leuten! ›Ich konnte es kaum erwarten …‹«
    »Ich konnte es kaum erwarten …«
    »›… heute hier zu sein.‹«
    »… heute hier zu sein.« Erneuter Applaus. Jeder Satz, den er mir vorsagte und den ich wiederholte, erntete begeisterten Beifall.
    Wenn er mir am Vortag gesagt hätte: »Ich hole dich auf die Bühne und lasse dich ein paar Sätze sagen«, hätte ich furchtbares Lampenfieber gehabt.
    Aber so konnte ich ohne Druck üben, vor Publikum zu sprechen. Ich musste mir keine Gedanken machen, ob mich die Zuschauer akzeptieren würden, oder überlegen, was ich sagen sollte. Ich musste keine Angst haben, denn im Mittelpunkt stand mein Körper. Ich hob Gewichte, ich zeigte Posen. Ich wusste, dass mich die Zuschauer akzeptierten. Das Sprechen war nur eine kleine Zugabe.
    Danach verfolgte ich immer aufmerksam Regs Auftrittte. Seine Art, mit den Leuten zu reden, war unglaublich. Er konnte die Zuschauer unterhalten. Er war aufgeschlossen und offen. Er konnte Geschichten erzählen. Und er war Herkules! Er war Mister Universum! Er kannte sich mit Wein und gutem Essen aus, er sprach Französisch und Italienisch. Er war einer der wenigen, die wirklich wussten, worauf es ankommt. Ich beobachtete, wie er am Mikrofon stand, und sagte mir: »So musst du das auch machen. Du kannst nicht einfach deine Posen wie ein Roboter vorführen und dann von der Bühne gehen, denn dann lernen dich die Leute nie richtig kennen. Reg Park redet mit ihnen. Er ist der einzige Bodybuilder, den ich kenne, der mit den Zuschauern redet. Deshalb lieben sie ihn. Deshalb ist er Reg Park.«
    Zurück in München, konzentrierte ich mich darauf, den Umsatz im Fitnessstudio zu steigern. Der alte Putziger ließ sich fast nie blicken, was Albert Busek und mir nur recht war. Albert und ich waren ein tolles Team. Albert managte einfach alles – den Versandhandel mit den Nahrungsergänzungsmitteln, die Zeitschrift, das Studio. Er ersetzte gleich mehrere Mitarbeiter. Ich hatte neben dem Training die Aufgabe, neue Mitglieder anzuwerben. Natürlich wollten wir unbedingt Smolana überholen und das beste Fitnessstudio der Stadt werden. Anzeigen waren eine Möglichkeit, aber die konnten wir uns selten leisten. Also ließen wir Plakate drucken, warteten bis spätabends und zogen dann durch die Stadt und klebten sie an Bauzäune, weil wir dachten, die Bauarbeiter könnten sich für Bodybuilding interessieren.
    Doch diese Strategie war nicht so erfolgreich wie gedacht. Wir grübelten lange über unseren Misserfolg nach, bis Albert irgendwann einmal bei Tag an einer Baustelle vorbeikam und sah, dass dort nicht unser Plakat, sondern eins von Smolana hing. Wie sich herausstellte, hatte Smolana seine Leute losgeschickt, damit sie seine Plakate über unsere klebten, solange der Kleister noch feucht war. Also änderten wir unsere Strategie. Wir plakatierten um Mitternacht und dann noch einmal gegen vier Uhr morgens, damit unser Plakat auf jeden Fall zu sehen war, wenn die Arbeiter auf die Baustelle kamen. Der Plakatkrieg sorgte für Aufmerksamkeit, und allmählich wuchs die Zahl unserer Mitglieder.
    Unsere Werbung zielte darauf ab, dass Smolana zwar mehr Platz bot, man bei uns aber mehr Spaß hatte und die Stimmung besser war. Außerdem hatten wir die Ringer auf unserer Seite. Heutzutage ist das Wrestling – oder Profiringen – ein gigantisches Medienspektakel, aber damals mussten die Ringer noch von einer Stadt zur anderen reisen, um ihre Kämpfe vorzuführen. In München traten sie vor vollem Haus im Circus Krone auf, der mit dem Kronebau einen festen Veranstaltungssaal hatte.
    Die Ringer waren immer auf der Suche nach einem Trainingsraum. Als

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