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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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darunter kamen neue Stiefel zum Vorschein. Soweit es die Stiefel an sich betraf, gab es nichts an ihnen auszusetzen. Sie waren wie typische Hexenstiefel beschaffen. Ein schwer beladener Karren konnte darüber hinwegrollen, ohne daß im dicken Leder auch nur eine Delle entstand. Doch die Farbe …
    »Rot?« entfuhr es Oma. »Das ist nicht die richtige Farbe für Hexenstiefel!«
    »Ich mag sie«, sagte Nanny.
    Oma Wetterwachs schniefte. »Wie du meinst. Ich bin sicher, daß es im Ausland viel Sonderbares gibt, aber du weißt ja, was man über Frauen mit roten Stiefeln sagt.«
    »Hauptsache, man behält trockene Füße«, verkündete Nanny fröhlich und reichte Jason den Hausschlüssel.
    »Ich schreibe dir Briefe, wenn du mir versprichst, daß du sie dir von jemandem vorlesen läßt«, sagte sie.
    »Ja, Mama«, erwiderte Jason. »Was ist mit dem Kater, Mama?«
    »Oh, Greebo kommt mit.«
    »Was?« zischte Oma Wetterwachs. »Aber Greebo ist eine Katze. Beziehungsweise ein Kater. Wir können keinen Kater mitnehmen. Ich lehne es ab, in Begleitung eines Katers zu reisen! Hosen und provozierende Stiefel sind schon schlimm genug!«
    »Bestimmt vermißt er mich, wenn wir ihn zurücklassen«, gurrte Nanny und hob Greebo hoch. Er hing schlaff wie ein Wasserschlauch, den jemand in der Mitte hielt.
    Für Nanny Ogg war Greebo noch immer ein kleines niedliches Kätzchen, das gern mit einem Wollknäuel spielt.
    Alle anderen Leute sahen in ihm einen riesigen Kater, ein Paket geballter, unwiderstehlicher Lebenskraft, umhüllt von einem Fell ganz besonderer Art. Es hatte gewisse Ähnlichkeiten mit einem Stück Brot, das zwei Wochen lang an einem feuchten Ort gelegen hatte. Fremde brachten ihm häufig Mitleid entgegen, weil seine Ohren fehlten und sein Gesicht aussah, als habe es als Lagerplatz für einen Bären gedient. Die Erklärung dafür lautete: Greebo steckte so voller Katerstolz, daß er praktisch gegen alles zu kämpfen versuchte, auch gegen einen von vier Pferden gezogenen Wagen, der Baumstämme transportierte. Bissige Hunde jaulten und versteckten sich unter der Treppe, wenn Greebo über die Straße schlenderte. Füchse machten einen weiten Bogen ums Dorf, und selbst die Wölfe hielten sich fern.
    »Er ist ganz lieb und sanft«, behauptete Nanny.
    Greebo sah Oma Wetterwachs aus einem gelben Auge an. In seinem Blick lag so etwas wie selbstzufriedene Boshaftigkeit – solche Blicke sind für Leute reserviert, die Katzen verabscheuen. Er schnurrte, und es gelang ihm, dabei spöttisch zu klingen.
    »Hexen sollten Katzen mögen«, sagte Nanny.
    »Katzen, ja«, bestätigte Oma. »Aber keine derartigen Kater.«
    »Du bist keine Tierfreundin.« Nanny streichelte Greebo zärtlich.
    Jason Ogg zupfte an Magrats Ärmel.
    »Unser Sean hat mir aus dem Almanach vorgelesen, und darin war die Rede von gefährlichen wilden Tieren im Ausland und so«, flüsterte er. »Von großen haarigen Geschöpfen, die sich auf Reisende stürzen. Wenn ich daran denke, was geschehen könnte, wenn solche Wesen Mama oder Oma angreifen …«
    Magrat blickte in das große, rote und besorgte Gesicht. »Bitte achte darauf, daß ihnen nichts zustößt«, fügte Jason hinzu. »Du kannst ganz beruhigt sein«, erwiderte Magrat und hoffte, daß sie recht behielt. »Ich gebe mir alle Mühe.«
    Jason nickte. »Weißt du, im Almanach hieß es, einige jener Kreaturen seien ohnehin fast ausgestorben …«
     
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als die drei Hexen aufbrachen. Omas widerspenstiger Besen verursachte eine Verzögerung, weil er nur dann flog, wenn man vorher eine Zeitlang hin und her lief. Er schien einfach nicht zu verstehen, was man von ihm erwartete – bis man ihn mit einer bestimmten Minimalgeschwindigkeit durch die Luft bewegte. Selbst die für Hexenbesen zuständigen Zwergenspezialisten standen vor einem Rätsel. Mehrmals hatten sie Besenstiel und Borsten ausgetauscht, ohne Erfolg.
    Applaus erklang, als das Ding schließlich aufstieg.
    Das kleine Königreich Lancre begnügte sich mit einem breiten Sims am Hang der Spitzhornberge. Dahinter ragten die zerklüfteten Grate des Zentralmassivs empor. Zwischen ihnen erstreckten sich dunkle Täler.
    Vorn neigte sich das Land abrupt nach unten, der Sto-Ebene entgegen. Wälder zeichneten sich im bläulichen Dunst ab, gefolgt vom Meer. Irgendwo in der Mitte dieses landschaftlichen Durcheinanders markierte ein brauner Fleck die Metropole Ankh-Morpork.
    Eine Feldlerche sang. Besser gesagt, sie begann ein trillerndes Lied

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