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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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drei Ziegenböcke, dreimal darfst du raten, drei Hexen. Das Mädchen, die Mutter und die … andere. Das war eine der ältesten Geschichten überhaupt.
    Esme Wetterwachs hatte Geschichten nie verstanden. Sie kannte auch nicht die Bedeutung echter Reflexionen. Andernfalls wäre sie längst zur Herrscherin über die ganze Welt geworden.
    »Du siehst immer in irgendwelche Spiegel!« erklang eine nörgelnde Stimme. »Ich verabscheue es, wenn du dauernd in irgendwelche Spiegel siehst!«
    Der Herzog lümmelte sich im Sessel. Er schien nur aus schwarzer Seide und wohlgeformten Beinen zu bestehen. Normalerweise erlaubte Lilith niemandem, sich in der Spiegelkammer aufzuhalten, aber das Schloß gehörte ihm, zumindest offiziell. Außerdem war er viel zu dumm und eitel, um zu verstehen, was geschah. Dafür hatte sie gesorgt. Glaubte sie jedenfalls. In letzter Zeit schien er einen Teil seiner Borniertheit zu verlieren …
    »Ich weiß überhaupt nicht, warum du das für erforderlich hältst«, jammerte er. »Ich dachte immer, Magie wäre, auf etwas zu zeigen, und dann macht’s Wumm.«
    Lilith setzte ihren Hut auf und sah in den Spiegel.
    »Es ist sicherer so«, erwiderte sie. »Man ist unabhängiger. Für Spiegel-Magie braucht man nur sich selbst. Aus diesem Grund hat – noch – niemand die Welt mit Magie erobert. Wer Macht anstrebt, sucht sie häufig … andernorts. Und dafür muß man immer einen Preis zahlen. Spiegel hingegen öffnen sich nur der eigenen Seele.«
    Lilith ließ den Schleier von der Hutkrempe herab – damit schützte sie sich außerhalb der von Spiegeln gebotenen Sicherheit.
    »Ich hasse Spiegel«, brummte der Herzog.
    »Weil sie dir die Wahrheit zeigen, Teuerster.«
    »Dann ist es grausame Magie.«
    Lilith brachte den Schleier in eine ihr zusagende Form.
    »Ja«, bestätigte sie. »Bei Spiegeln kommt die Macht aus dir selbst. Es gibt keine andere Quelle.«
    »Die Sumpf-Frau bezieht ihre Macht aus dem Sumpf«, sagte der Herzog.
    »Ha! Und eines Tages wird sie ihr zum Opfer fallen. Sie hat überhaupt keine Ahnung, worauf sie sich einläßt.«
    »Im Gegensatz zu dir?«
    Lilith fühlte Stolz. Der Mann im Sessel ärgerte sich über sie. Bei ihm habe ich wirklich gute Arbeit geleistet, fuhr es ihr durch den Sinn.
    »Ich verstehe Geschichten«, antwortete sie. »Das reicht völlig.«
    »Aber ich warte noch immer auf die junge Frau«, fuhr der Herzog fort. »Du hast sie mir versprochen. Dann ist alles vorbei; ich kann in einem richtigen Bett schlafen und brauche keine Spiegel-Magie mehr …«
    Man konnte auch zu gute Arbeit leisten.
    »Du hast genug von Magie?« fragte Lilith mit falscher Freundlichkeit. »Soll ich vielleicht aufhören? Nichts leichter als das. In der Gosse habe ich dich gefunden. Möchtest du, daß ich dich dorthin zurückschicke?«
    Panik erfaßte den Herzog.
    »Nein! Ich meine nur … dann wird alles wirklich sein. Nur ein Kuß, hast du gesagt. Das sollte doch nicht so schwer sein.«
    »Der richtige Kuß zur richtigen Zeit«, sagte Lilith. »Darauf kommt’s an. Auf den richtigen Zeitpunkt. Sonst klappt’s nicht.« Sie lächelte. Der Mann im Sessel zitterte, und dafür gab es mehrere Gründe: Begehren, eine Menge Angst und etwas Veranlagung.
    »Keine Sorge«, fügte sie hinzu. »Es kann unmöglich nicht passieren.«
    »Und jene Hexen, die du mir gezeigt hast?«
    »Sie sind … einfach nur Teil der Geschichte. Kümmere dich nicht um sie. Du bekommst deine junge Frau, weil es die Geschichte so will. Ist das nicht schön? Und jetzt … Gehen wir? Mußt du nicht ein wenig herrschen oder so?«
    Der Herzog kannte diesen Tonfall und wußte daher, daß es ein Befehl war. Er stand auf und wartete, bis sich seine Begleiterin bei ihm eingehakt hatte. Dann schritten sie beide zum Audienzsaal des Palastes.
    Lilith war stolz auf den Herzog. Natürlich gab es des Nachts gewisse Probleme, die recht peinlich sein konnten – wenn er schlief, verlor sein morphisches Feld an Stabilität. Doch waren es keine unüberwindlichen Schwierigkeiten. Seine Abneigung Spiegeln gegenüber kam nicht von ungefähr, denn sie zeigten sein wahres Wesen. Lilith hatte alle Spiegel aus dem Schloß verbannt, abgesehen von ihren eigenen. Und dann seine Augen. An den Augen ließ sich nichts ändern. Da versagte selbst die stärkste Magie. Nun, hinter der Brille mit den getönten Gläsern fielen sie nicht auf.
    Trotz dieser Einschränkungen war es ein wahrer Triumph. Er begegnete ihr mit großer Dankbarkeit. Sie war so gut zu ihm

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