Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
zwei Spiegel zu geraten? Oder durfte sie keinen Männern mit orangefarbenen Brauen trauen? Es mußte etwas sein, das man sie gelehrt hatte, als sie noch eine ganz normale Person gewesen war. Zum Beispiel … Eine Hexe sollte nie zwischen zwei Spiegel treten, weil, weil, weil sie später vielleicht als ganz andere Person fortging. Oder so ähnlich. Man … man teilte sich zwischen den Bildern, und die Seele wurde fortgezerrt, ganz lang und dünn gezogen. Und wenn man nicht aufpaßte, so entfaltete sich irgendwo in der Ferne der dunkle Teil des eigenen Selbst und suchte nach den anderen Aspekten des Ichs. Ja, etwas in der Art.
    Magrat verdrängte diese Gedanken; sie spielten keine Rolle.
    Sie trat vor und schritt zu einer Gruppe von Gästen, die sich anschickten, den Saal zu betreten.
    »Lord Henry Gleet und Lady Gleet!«
    Der »Ballsaal« erwies sich als weiter Hof, über den angenehm kühle Nachtluft hinwegstrich. Auf der anderen Seite gewährte eine breite Treppe Zugang zum Palast. An der gegenüberliegenden Wand hing eine geradezu riesige Uhr.
    »Der Ehrenwerte Douglas Unablässig!«
    Es war jetzt Viertel vor acht. Magrat glaubte, sich an zwei alte Frauen zu erinnern, die auf die Bedeutung der Zeit hingewiesen hatten, aber …
    auch das schien jetzt keine Rolle mehr zu spielen.
    »Lady Volentia D’Arrangement!«
    Sie erreichte die oberste Stufe. Ein würdevoller älterer Diener stellte die einzelnen Besucher vor, jetzt musterte er den Neuankömmling von Kopf bis Fuß. Im Tonfall eines gut vorbereiteten Mannes rief er:
    »Äh … geheimnisvolle schöne Fremde!«
    Stille breitete sich aus wie vergossene Farbe. Fünfhundert Köpfe drehten sich zu Magrat.
    Allein die Vorstellung, von fünfhundert Personen angestarrt zu werden, hätte Magrat noch vor wenigen Stunden wie Butter im Backofen schmelzen lassen. Jetzt erwiderte sie die vielen Blicke gelassen, lächelte und schob stolz das Kinn vor.
    Es knallte, als ihr Fächer aufsprang.
    Die geheimnisvolle und schöne Fremde, Tochter von Dümmchen Knoblauch, Enkelin von Araminta Knoblauch, betrat den Ballsaal. Ihr Selbstbewußtsein brodelte dabei so sehr, daß es an den Rädern ihrer Persönlichkeit kristallisierte.
     
    Kurz darauf erreichte ein anderer Gast die oberste Stufe der Treppe.
    Der Diener zögerte. Die Gestalt beunruhigte ihn. Seltsamerweise konnte er sie nicht genau erkennen; er war nicht einmal sicher, ob sie tatsächlich existierte.
    Sein gesunder Menschenverstand, der sich zuerst irgendwo verkrochen hatte, übernahm wieder die Kontrolle. Immerhin war es Samedi Nuit Morte – an diesem Abend erwartete man von den Leuten, daß sie sich verkleideten und sonderbar aussahen. Es gehörte einfach dazu.
    »Entschuldige bitte, mein Herr«, sagte der Diener. »Wen darf ich ankündigen?«
    ICH BIN INKOGNITO HIER.
    Der Bedienstete war ganz sicher, nichts gehört zu haben, und gleichzeitig stand fest, daß einige Worte an seine Ohren gedrungen waren.
    »Äh … gut …«, murmelte er. »Geh ruhig, äh, weiter.« Der Diener rang sich ein Lächeln ab. »Verdammt gute Maske, mein Herr.«
    Er beobachtete, wie die dunkle Gestalt die Treppe hinunterging und sich unten an eine Säule lehnte.
    Das haben wir hinter uns, dachte er, holte ein Taschentuch hervor, nahm die gepuderte Perücke ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, gerade ganz knapp entkommen zu sein. Aber wovor?
    Er sah sich um. Dann verschwand er im Nebenzimmer, verharrte dort hinterm Samtvorhang und drehte sich eine Zigarette.
    Fast hätte er den Glimmstengel heruntergeschluckt, als er eine andere Gestalt über den roten Teppich schleichen sah. Sie sah aus wie ein Pirat, der gerade ein Schiff überfallen und schwarze Lederwaren für den anspruchsvollen Kunden erbeutet hatte. Das eine Auge verbarg sich unter einer schwarzen Klappe, das andere glänzte wie ein zorniger Smaragd. Kein Mann dieser Größe konnte so leise sein.
    Der Diener klemmte sich den Stummel hinters Ohr.
    »Entschuldige bitte«, sagte er und lief dem Fremden nach. Fest und respektvoll griff er nach seinem Arm. »Bitte zeig mir deine Ein … Einla …«
    Der Blick des Mannes wanderte zu der Hand auf seinem Arm, was der Diener zum Anlaß nahm, ihn sofort loszulassen.
    »Miaauooh?«
    »Ihre … Einladung …«
    Der Mann öffnete den Mund und zischte.
    »Oh, gewiß«, sagte der Diener und wich mit der Flinkheit eines Angestellten zurück, der nicht dafür bezahlt wird, gegen einen in schwarzem Leder

Weitere Kostenlose Bücher