Total verhext
kichern. Und mit den Wimpern zu klimpern. Und zu schmollen.«
»Zu schmollen?«
Nanny Ogg zeigte es ihr.
Magrat stöhnte. »Sieht schrecklich aus.«
»Keine Sorge«, sagte Oma. »Wir sind auch da.«
»Soll ich mich deshalb etwa besser fühlen?«
Hinter Magrats Rücken tastete Nanny nach Esmes Schulter. Ihre Lippen sagten stumm: So hat es keinen Sinn. Sie ist völlig mit den Nerven runter. Sie hat kein Selbstbewußtsein.
Oma nickte.
»Vielleicht sollte ich es übernehmen«, sagte Nanny laut. »Immerhin kenne ich mich mit Bällen aus. Wenn ich das Haar auf die Schultern herablasse, eine Maske aufsetze, die gläsernen Schuhe trage und den Rock etwas anhebe … Dann merkt niemand den Unterschied, oder?«
Magrat war von dieser Vorstellung so sehr fasziniert, daß sie gedankenlos gehorchte, als Oma Wetterwachs sagte: »Sieh mich an, Magrat Knoblauch.«
Die Kürbiskutsche rollte mit ziemlich hoher Geschwindigkeit auf den Hof des Palastes und verscheuchte dort einige Pferde und müßige Fußgänger. Vor der breiten Treppe bremste sie, die blockierten Räder gruben tiefe Furchen in den Kies.
»Das war lustig«, sagte Greebo und verlor das Interesse. Zwei Diener eilten herbei, um die Tür zu öffnen – und wurden zurückgeschleudert von einem Strahl intensiver Arroganz.
»Beiseite, Bauernlümmel!«
Magrat verließ die Kutsche, raffte den Rock zusammen und eilte über den roten Teppich. Am oberen Ende der Treppe war jemand so dumm, sie nach der Einladungskarte zu fragen.
»Du unverschämter Lakai !«
Der Mann erkannte sofort die grenzenlos schlechten Manieren des Adels und gab den Weg frei.
Unten bei der Droschke sagte Nanny Ogg: »Glaubst du nicht, daß du es ein wenig übertrieben hast?«
»Mir blieb keine Wahl«, erwiderte Oma. »Du weißt ja, wie sie ist.«
»Wie verschaffen wir uns Zutritt? Leider sind wir nicht offiziell eingeladen. Und uns fehlt die richtige Kleidung.«
»Ich hab’ eine Idee. Hol die Besen«, sagte Oma Wetterwachs. »Wir kommen von ganz oben.«
Sie landeten unmittelbar hinter den Zinnen, von denen man einen weiten Blick übers Palastgelände hatte. Weiter unten erklang Musik, während über dem Fluß gelegentlich Feuerwerksraketen explodierten.
Oma öffnete eine vielversprechend aussehende Tür im Turm und kletterte eine Wendeltreppe hinab, die in einen Flur führte.
»Hier ist alles piekfein«, kommentierte Nanny die Umgebung. »Dicke Teppiche auf dem Boden. Und auch an den Wänden.«
»Sie heißen Tapisserien«, erklärte Oma.
»Meine Güte«, erwiderte Nanny. »Man lernt nie aus. Zumindest ich.«
Oma hatte die Hand nach einem Türknauf ausgestreckt, und nun zögerte sie.
»Wie meinst du das?«
»Bis vor kurzem wußte ich nicht, daß du eine Schwester hast.«
»Für den Rest der Wetterwachse existierte sie überhaupt nicht mehr.«
»Es ist schade, wenn Familien so auseinanderbrechen«, seufzte Nanny. »Ach? Du hast deine Schwester Beryl als habgieriges, undankbares Weib mit dem Gewissen einer Auster bezeichnet.«
»Mag sein, aber sie bleibt meine Schwester.«
Oma Wetterwachs öffnete die Tür.
»Na so was«, sagte sie.
»Was ist los? Was ist los? Steh doch nicht einfach so da.« Nanny spähte an Esme vorbei. »Potzblitz!« entfuhr es ihr.
Magrat verharrte in einem großen Vorzimmer, in dem alles aus rotem Plüsch zu bestehen schien. Seltsame Gedanken prasselten hinter ihrer Stirn – seit der grünen Medizin hatte sie sich nicht mehr so merkwürdig gefühlt. Ihr Geist war ein farbenprächtiges Dickicht aus psychedelischen Chrysanthemen. Irgendwo in dem Durcheinander wies das schlichte Gänseblümchen ihrer inneren Stimme immer wieder laut darauf hin, daß sie gar nicht tanzen konnte – vom Ringelreigen abgesehen.
Aber richtiges Tanzen war sicher nicht sehr schwer, wenn gewöhnliche Leute damit fertig wurden.
Die winzige Magrat in ihrem Innern versuchte, sich in dem Orkan arroganten Hochmuts zu behaupten. Sie überlegte, ob Oma Wetterwachs ständig so fühlte.
Sie hob den Rock ein wenig und blickte auf die Schuhe hinab.
Sie konnten nicht wirklich aus Glas bestehen, denn sonst hätte Magrat schon jetzt einige Pflaster benötigt. Sie waren auch nicht transparent. Der menschliche Fuß ist ein recht nützliches Organ, aber nur für sehr spezialisierte Leute attraktiv.
Die Schuhe waren Spiegel. Dutzende kleiner Facetten reflektierten das Licht.
Zwei Spiegel an den Füßen. Magrat erinnerte sich vage an etwas … War es nicht die Warnung davor, zwischen
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