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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sollte darin ein Bett stehen«, ließ sich Oma vernehmen.
    Doch ein Bett fehlte. Dafür sahen die beiden Hexen einen runden Deckel aus Holz im Boden, der ihre Aufmerksamkeit schon seit einer ganzen Weile fesselte. Er durchmaß knapp zwei Meter und hatte Griffe.
    Sie traten näher und betrachteten die Vorrichtung. Fliegen stiegen auf und surrten umher.
    »Da fällt mir eine Geschichte ein«, sagte Oma.
    »Mir ebenfalls.« Nannys Stimme klang jetzt etwas schriller als sonst. »Eine junge Frau heiratet, und ihr Gemahl sagt zu ihr: ›Hier im Palast kannst du jedes beliebige Zimmer betreten, aber die Tür dort darfst du auf keinen Fall öffnen.‹ Sie nutzt die erste Gelegenheit, um sich über das Verbot hinwegzusetzen, und stellt so fest, daß ihr Mann alle seine früheren …«
    Sie sprach nicht weiter.
    Oma Wetterwachs starrte auf den Deckel und kratzte sich am Kinn.
    »Sehen wir’s so«, sagte Nanny und versuchte, ungeachtet der Umstände ruhig und vernünftig zu klingen. »Da drunter befindet sich bestimmt nichts, das schlimmer ist als die schlimmsten Dinge, die wir uns vorstellen können.«
    Die beiden Hexen bückten sich und streckten die Hände nach den Griffen aus.
     
    Fünf Minuten später verließen Oma Wetterwachs und Nanny Ogg das Schlafzimmer des Herzogs. Esme schloß die Tür.
    Sie blickten sich an.
    »Donnerwetter«, sagte Nanny. Sie war noch immer recht blaß.
    »Ja«, murmelte Oma. »Geschichten!«
    »Ich habe von, äh, solchen Leuten gehört, ihre Existenz jedoch nie für möglich gehalten. Wie er wohl aussieht?«
    »Das läßt sich nicht so ohne weiteres feststellen«, erwiderte Oma.
    »Nun, zumindest erklärt es die Fliegen.«
    Nanny Ogg hob entsetzt die Hand zum Mund.
    »Unsere Magrat leistet ihm dort unten Gesellschaft!« entfuhr es ihr. »Und du weißt ja, was passieren wird. Sie begegnen sich und …«
    »Hunderte von Personen halten sich im Ballsaal auf«, wandte Oma ein. »Von ›Intimität‹ kann dabei wohl kaum die Rede sein.«
    »Ja, aber wenn ich daran denke, daß er sie auch nur berührt … Ich meine, genausogut könnte man …«
    »Glaubst du, Ella ist eine Art Prinzessin?« fragte Oma Wetterwachs.
    »Wie? Nun, wenn man fremdländische Maßstäbe anlegt – ich denke schon. Warum?«
    »Es bedeutet, daß wir es hier nicht nur mit einer Geschichte zu tun haben«, erklärte Oma. »Lily läßt mehrere gleichzeitig geschehen. Laß es dir genau durch den Kopf gehen. Nicht aufs Berühren kommt es an. Es geht um einen Kuß … «
    »Wir müssen sofort etwas unternehmen!« platzte es aus Nanny heraus. »Magrat braucht unsere Hilfe! Ich meine, du kennst mich, ich bin alles andere als prüde. Aber so etwas … Bäh!«
    »Heda! Ihr Alten!«
    Die beiden Hexen drehten sich um. Eine kleine, dicke Frau kam ihnen entgegen. Sie trug ein rotes Kleid und eine weiße Perücke, blickte hochmütig durch die Augenöffnungen einer Fuchsmaske.
    »Ja?« entgegnete Oma scharf.
    »Es heißt ›Ja, verehrte Lady‹«, sagte die Dicke. »Habt ihr keine Manieren? Ich verlange, daß ihr mich zur Damentoilette führt, und zwar sofort! He, was fällt dir ein?«
    Das war an Nanny Ogg gerichtet. Sie ging um die korpulente Dame herum und betrachtete ihr Kleid von allen Seiten.
    »An der Größe gibt’s nichts auszusetzen«, sagte sie.
    »Wie bitte? So eine Unverschämtheit!«
    Nanny Ogg kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Allerdings … Rote Kleider haben mir nie besonders gut gestanden. Du hast nicht zufällig was Blaues, oder?«
    Die cholerische Frau holte mit ihrem Fächer aus, um Nanny zu schlagen, doch eine knochige Hand klopfte ihr auf die Schulter.
    Sie drehte den Kopf und sah in Oma Wetterwachs’ Augen.
    Als sie ganz friedlich in Ohnmacht fiel, hörte sie eine Stimme wie aus weiter Ferne. »Nun, mein Kleidungsproblem wäre damit gelöst. Lieber Himmel, mit so einem Gesicht würde ich nie Rot tragen …«
     
    Lady Volentia D’Arrangement entspannte sich im heiligen Zentrum der Damentoilette. Sie nahm die Maske ab und zog einen verrutschten Schönheitsfleck aus den Tiefen ihres Dekolletes. Dann griff sie nach hinten und versuchte, die Turnüre zurechtzurücken – diese Übungen sind die Ursache für die komischsten Formen weiblicher Gymnastik, überall dort, wo das Miederhöschen noch nicht erfunden ist.
    Lady D’Arrangement war eine im großen und ganzen untadelige Person – abgesehen von der Tatsache, daß sie der besonderen Spezies erstklassig angepaßter Parasiten angehörte. Sie nahm an allen vom Adel

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