Total verschossen
Brent Walker, denken, schob den Gedanken aber beiseite. Brent hatte vielleicht nicht alle Tassen im Schrank, mochte Luanne sogar religiöse Pamphlete in den Briefkasten gestopft haben, aber er war kein Mörder. Doch sie behielt ihre Gedanken für sich, denn sie wusste, wie leicht Lamar dazu neigte, sich in einer falschen Spur zu verbeißen.
»Übrigens«, meinte dieser, »wo steckt eigentlich Max Holt?«
Jamie hätte nichts lieber gesagt als: »Tja, letztes Mal, als ich ihn sah, hatte er seine Hand unter meinem Rock.« Sie zuckte mit den Achseln. »Wer weiß? Er ist ein viel beschäftigter Mann.«
»Er ist Ihr Teilhaber.«
»Mein
stiller
Teilhaber, Lamar. Die Zeitung leite immer noch ich.«
»Max ist gut in so was. Ermittlungsarbeit«, fügte er hinzu.
Jamie war keineswegs überrascht über diese Bemerkung. Lamar hatte mit eigenen Augen erlebt, wie Max beinahe im Alleingang einen Korruptionsskandal in diesem verträumten Städtchen aufgedeckt hatte, einen Fall, in dem, wie sich herausstellte, die Steuerzahler über Jahre hinweg ausgebeutet und betrogen worden waren. »Sie wollen ihn doch wohl nicht als Deputy anheuern?«, fragte sie grinsend, um die Stimmung ein wenig aufzulockern.
Lamar grinste ebenfalls. »Habs ja versucht, aber er wollte den Job nicht. Hat wohl größere Fische an der Angel.«
Jamie war bei dem Thema »Max« jedoch alles andere als zum Lachen zumute. »Lamar, Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass der Mord an Luanne mit meinen Kontaktanzeigen in Verbindung steht, oder? Denn wenn das der Fall sein sollte, müsste ich die Rubrik sofort einstellen.«
»Damit würden wir unseren Killer bloß warnen, wenn es so sein sollte. Also, werden Sie mir helfen?«
»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht. Solange es legal ist.«
»Mehr verlange ich gar nicht«, meinte Lamar. Kurz darauf ging er. Jamie griff nach dem Telefon. Es war Zeit, Max anzurufen.
Max Holt befand sich gerade in einer Vorstandskonferenz seiner Firma, Holt Industries, als ihn Jamies Anruf erreichte. Er entschuldigte sich sogleich und eilte in sein Privatbüro. »Was gibt‘s, Swifty?«
Jamie hatte den sexy Unterton in seiner Stimme nicht vergessen und auch nicht die neckende Art, in der er mit ihr umging. Beim Klang dieser Stimme wurden ihre Knie weich, und in ihrem Bauch begann es zu flattern. Was sie wiederum auf den Gedanken brachte, wie wenig sie eigentlich über diesen Mann wusste. Er bewegte sich in mysteriösen Kreisen, speiste mit dem Hochadel, und seine Geschäftsabschlüsse landeten jedes Mal auf der Titelseite der New
York Times.
»Max, hast du auch nur eine blasse Ahnung, was ich auf mich nehmen musste, um bis zu dir durchzudringen?«, meinte Jamie. »Ich musste den Empfang umgehen, irgendeine Sekretärin und dann noch deinen persönlichen Assistenten – und alle wollten wissen, warum ich dich sprechen will!«
»Und – was hast du gesagt?«
»Ich hab gesagt, ich wäre im Besitz eines kleinen Landes mit viel versprechenden Ölvorkommen und du wärst möglicherweise an einem Kauf interessiert.«
Er gluckste. »Na bitte! Freue mich jedenfalls, dass es dir gelungen ist, zu mir ›durchzudringen‹. Also, was gibt‘s?«
Wie konnte er nur so lässig klingen, wo bei ihr sämtliche Nervenenden kribbelten und summten? Hatte er in den letzten drei Wochen überhaupt mal an sie gedacht? »Ich habe ein Problem«, meinte sie. Und dann erzählte sie ihm von ihrer neuen Kontaktanzeigenseite und dem Mord an Luanne Ritter, und dass Polizeichef Lamar Tevis eine Verbindung vermutete. Als ihr stiller Teilhaber sollte er so etwas wissen, fand sie. Nun gut, vielleicht war es nicht nur das. Es war ein guter Vorwand, ihn anrufen zu können.
»Und ich dachte schon, du rufst an, um mir zu sagen, dass ich dir gefehlt habe«, sagte Max in gespielt vorwurfsvollem Ton. »Wir beide sind noch nicht miteinander fertig, falls du‘s vergessen haben solltest.«
Jamie lief bei diesem Gedanken ein köstlicher Schauder über den Rücken. Sie waren so nahe dran gewesen, beim letzten Mal. Sie schüttelte den Kopf; nein, daran sollte sie jetzt besser nicht denken. »Max, das ist ernst.« Wie konnte er einfach so dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten – als ob inzwischen nicht drei Wochen vergangen wären? Drei Wochen, in denen er keinen Pieps von sich hatte hören lassen?
»Gibt es irgendwelche Beweise für Tevis‘ Theorie?«
»Nein. Aber falls doch?
»Nimm nicht gleich das Schlimmste an, bevor wir uns die Sache näher angesehen
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