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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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vorbei«, schloss sie das Gespräch, bevor sie erklärte: » Lieutenant Juarez hat Tolosa beim Essen in einem Couscous-Restaurant gesehen, in der Nähe von Denfert-Rochereau. Er braucht einen erfahrenen Kollegen wie Sie zur Festnahme. Ich würde gerne selbst gehen, aber Tolosa kennt mich, er würde mich schon von Weitem erkennen. Tut mir leid, Escoubet, war trotzdem nett mit Ihnen, dieses Mittagessen.«
    Murrend ging der Brigadier hinaus. Viviane rannte ihm hinterher, um ihm die Serviette mit der Adresse zu geben, die er vergessen hatte. Zurück an ihrem Tisch fühlte sie sich plötzlich alleine, schrecklich alleine, angesichts dieser Riesenportion Paella. Erst am Morgen hatte sie mit einer eiweißreichen Diät begonnen und die Frühstückseier lagen ihr noch schwer im Magen. Noch vor zehn Minuten hätte sie freudig eine Ausnahme erlaubt, nun stand ihr der Sinn nach Salat. Sie pickte sich wenig begeistert die Garnelen heraus, die, wie sie fand, säuerlich nach Kühlschrank schmeckten, die Muscheln, irgendwie scharf, und Teile des Hühnerfleischs, zu trocken. Die Chorizo-Scheiben waren sauer und speckig, der Reis schmeckte widerlich. Sie bat um die Rechnung und machte sich auf in die Avenue Victor Hugo.
    Bei der Étoile angekommen, erhielt sie einen Anruf von Juarez und Escoubet. Tolosa war ihnen durch die Lappen gegangen. Als sie aus dem Restaurant kamen, mussten die drei Komplizen des Verbrechers die beiden Bullen auf dem Gehweg gegenüber erspäht haben. Wer sonst, wenn nicht ein paar Bullen, standen bei der Kälte dumm auf dem Gehweg herum? Einer der drei lief zurück, um Tolosa zu warnen, der dann durch den Kücheneingang flüchtete.
    » Gut, wenn das so ist, Escoubet, kommen Sie in die Avenue Victor Hugo nach. Ich fange schon mal an, Sie übernehmen dann, wenn Sie da sind.«
    In der Avenue Victor Hugo war es noch frostiger als im 11. Arrondissement. Viviane hoffte nur eines, nämlich dass man ihr ein Dutzend Mal sagen würde: » Nein, diesen Typen haben wir nie gesehen«, nachdem sie das Foto des Penners herumgezeigt hätte, um dann ins Büro zu fahren und den Nachmittag im Warmen zu verbringen.
    Aber an diesem Tag ging alles schief. Der erste Befragte, ein Händler am oberen Ende der Straße, betrachtete das Foto und nickte dann. » Den trifft man oft, spätabends oder frühmorgens.« Viviane lief die Avenue weiter ab, trug immer mehr positive Antworten zusammen, je weiter sie die Straße nach unten lief. Ja, Pascal Mesneux sei hier aus dem Viertel. Er sei kein bunter Hund, aber fast. Man kenne ihn vom Sehen, er spreche mit niemandem, er störe nicht, er gehe vorbei. Man wisse nicht, wo er wohne.
    Es wurde immer kälter, und Escoubet kam nicht. Die Kommissarin versuchte ihn anzurufen, aber er meldete sich nicht.
    Endlich rief der Brigadier zurück: » Ich habe in der Straße einen der drei Kerle gesehen, die mit Tolosa am Tisch saßen. Ich bin ihm gefolgt, er ist in die Metro eingestiegen und bei Plaisance ausgestiegen. Jetzt gerade wartet er vor dem Krankenhaus Saint-Joseph. Was soll ich machen? Soll ich ihn festnehmen?«
    » Nein, er könnte uns zu Tolosa führen. Beschatten Sie ihn weiter.«
    Viviane war schon seit einer Stunde drauf und dran ins Kommissariat zurückzufahren und den Rest der Avenue Victor Hugo ihren Männern zu überlassen. Aber irgendetwas sagte ihr, dass ihre Anwesenheit an diesem Nachmittag, bei diesem Wind und in dieser Kälte für die weiteren Ermittlungen von Bedeutung sein würde. Sie verließ sich stets auf ihr Gefühl, also machte sie dort weiter, wo sie war.
    Sie befragte die Concierges jedes dieser ansehnlichen Häuser. Man betrachtete sie argwöhnisch: Zwar hatte man an diesen Orten gerne Polizisten um sich, aber nicht im eigenen Haus. Man wich beim Sprechen ihrem Blick aus, suchte die Unterhaltung abzukürzen. Ja, dieser Typ wohne wahrscheinlich in der Gegend, aber nicht in einem Haus wie diesem hier, nein, nicht hier, jemand wie er passe nicht hierher. Viviane trat aus überheizten Hausmeisterlogen in eisig kalte Vorhallen. Draußen war es noch schlimmer, es graupelte heftig. Sie fühlte sich immer kränker. Das Fieber stieg, das Essen wollte nicht hinunter. Würgereiz zwischen den Hustenanfällen.
    Als es Nacht wurde, hatte Viviane über fünfzig Häuser abgeklappert und war resigniert: Pascal Mesneux war jeden Morgen und Abend die Avenue entlanggegangen, wie ein armes Kind vor den Weihnachtsauslagen der Geschäfte, er mochte die Atmosphäre, wusste aber auch, dass nichts

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