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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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öffentlichen Moral verurteilt und aus dem Handel genommen wurde. Victor Hugo gewidmet! Die mit der Widmung für Delacroix wurde für mehr als sechstausend Euro verkauft.«
    » Findet man solche Kostbarkeiten noch auf dem französischen Markt?«, fragte Monot begeistert.
    » Oh, in der Regel muss ich sie nicht finden. Mein Ruf ist derart, dass man zu mir kommt und sie mir anbietet. Aber es kommt vor, dass ich ins Ausland fahre, um dort welche abzuholen. Vor zwei Tagen zum Beispiel war ich in Liège.«
    Monot war um Saint-Croÿs Schreibtisch herumgegangen, der vor einem Fenster stand, und lehnte sich zu ihm nach vorn. » Das ist aber hübsch, die Scheiben von gegenüber.«
    » Das sind die vom Treppenhaus. Wenn Sie nicht mit dem Fahrstuhl gefahren wären, hätten Sie sie im Mittagslicht gesehen, dann sind sie noch schöner.«
    Viviane stand auf, sie hatte mondäne Unterhaltungen stets verabscheut. » Haben Sie uns noch etwas Wichtiges zu sagen, Monsieur?«
    » Seien Sie doch nicht so gestresst, warten Sie doch wenigstens noch auf Ihren Grapefruitsaft. Nehmen wir uns noch ein wenig Zeit zum Plaudern.«
    » Ich habe viel Arbeit. Echte Arbeit. Kommen Sie, Monot.« Sie verabschiedete sich barsch von Saint-Croÿ, der sie im Treppenhaus einholte.
    » Und vergessen Sie nicht die Fotokopie des Manuskripts, Commissaire, wenn Sie wollen, dass ich Ihnen helfe.«
    » Lieutenant Monot bringt Ihnen das heute Nachmittag.«
    Im Fahrstuhl warf sie ihrem Assistenten vernichtende Blicke zu. » Das nächste Mal tun Sie nicht so liebenswert mit diesem Schwätzer, wir sind nicht dazu da, Bücherwürmern Gesellschaft zu leisten.«
    » Aber Commissaire, wir haben ihn nicht einmal befragt…«
    » Dann haben Sie ja heute Nachmittag ein Gesprächsthema, von Gleich zu Gleich, so zwischen Geisteswissenschaftlern.«
    Als sie auf die Straße traten, warf sie einen letzten konsternierten Blick auf die kleine Rue Robert-Estienne. Das war nicht einmal eine Straße, sondern sah aus wie ein Bühnenbild, das sich ein unbegabter Künstler ausgedacht hatte: die Schule, die im Hintergrund den Anblick versperrte, schien von einer alten Postkarte inspiriert zu sein. Die beiden Seiten der Straße waren streng symmetrisch, die gleichen Backsteingebäude, die gleichen weißen Gebäude auf der geraden und ungeraden Seite. Lediglich ein kleiner tropischer Dschungel auf einem Balkon stach hervor. Ein lustiges Detail: Der Balkon gehörte zu Saint-Croÿs Wohnung.
    Fabien hatte ein weißes Hemd angezogen; er trug an diesen Abenden immer ein weißes Hemd. Im Feinkostladen hatte er das gekauft, was er für das Raffinierteste hielt: Ententerrine, Languste auf Gemüse und Nusskuchen, das Ganze mit einem Jahrgangschampagner. Nichts passte zueinander, noch weniger passte es zu Vivianes Diät, aber das war nicht schlimm, Fabien war ein guter Kumpel. Viviane und er waren sich letztes Jahr begegnet, anlässlich einer undurchsichtigen Affäre doppelter Buchhaltung, bei der Fabien als Buchhaltungsexperte eines der Kläger die Arbeit der Steuerfahndung erleichtert und die Kommissarin in Bilanzanalysen unterrichtet hatte. Er fand es lustig, mit einer Frau der Tat bekannt zu sein; sie fand es lustig, einen Zahlenmenschen zu kennen, und dann hatten sie schnell auch noch andere Dinge gefunden, mit denen sie sich vergnügen konnten.
    Viviane bedauerte, dass Fabien so unansehnlich war. Er schielte leicht, was seine lange Nase betonte, die über einem riesigen, weichen Mund endete. X-Beine, überlange schlackernde Arme. Manchmal versuchte sie das zu vergessen. Es gelang ihr insoweit, dass sie Freunde sein konnten, im Schlafzimmer auch etwas mehr. Doch noch mehr war nicht möglich.
    Die Nacht war enttäuschend: Während Fabien sie umarmte, dachte sie an Ludovic, wie jedes Mal. Aber an diesem Abend konnte Ludovics Geist sie in keinen anderen Zustand versetzen. Frustriert schlief sie an Fabiens behaartem Oberkörper ein.
    Gegen sechs Uhr morgens streichelte Viviane diesen Oberkörper und nahm die Sache selbst in die Hand. Dominanter als sonst, auch leidenschaftlicher: Sie dachte an den kleinen Monot. Er war toll, dieser kleine Monot.
    Ein wenig überrascht ließ Fabien sich führen. Am Ziel angekommen bereute er es nicht, das Ruder aus der Hand gegeben zu haben. Und Viviane noch weniger.
    » Also hör mal«, meinte er einfach.
    » Ja, finde ich auch«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
    Zufrieden schlief sie wieder ein. Ein guter entspannter Sonntag, und sie würde bereit sein für eine harte

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