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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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glatt und schlüpfrig, und seine karminrote Oberfläche reflektierte das Licht der Petroleumlampe wie ein Juwel mit weicherem Schein als ein Rubin. In meiner Hand pochte es immer noch mächtig und sandte eine vibrierende Energiestrahlung durch meinen Arm, bis ich das Gefühl hatte, mein eigenes Herz würde darauf reagieren, anschwellen und zerplatzen. Es war kosmische Kraft, die mein Begriffsvermögen überstieg – Kraft, die sich in etwas konzentrierte, was einem menschlichen Herzen glich.
    Mir kam der Gedanke, dass das hier ein Dynamo des Lebens sei, etwas, was der Unsterblichkeit näher kam als es dem vergänglichen menschlichen Körper möglich ist, die Materialisation eines kosmischen Geheimnisses, wunderbarer als die legendäre Quelle, die Ponce de Leon gesucht hatte. Meine Seele wurde in jenes unirdische Leuchten hineingezogen, und plötzlich wünschte ich mir leidenschaftlich, das Herz würde anstelle meines eigenen jämmerlichen Herzens aus Gewebe und Muskeln in meiner eigenen Brust hämmern und schlagen.
    Doc Blaine gab unartikulierte Laute von sich. Ich fuhr herum.
    Das Geräusch seines Kommens war nicht lauter gewesen als das Flüstern des Nachtwinds im Mais. Und da stand er im Eingang, hochgewachsen, dunkel, unergründlich – ein Indianerkrieger in Kriegsbemalung, Federschmuck, Lendentuch und Mokassins einer vergangenen Zeit. Seine dunklen Augen brannten wie Feuer, die tief unter unergründlichen schwarzen Seen leuchten. Stumm streckte er die Hand aus, und ich ließ Jim Garfields Herz hineinfallen. Dann machte er wortlos kehrt und trat in die Nacht hinaus. Als Doc Blaine und ich einen Augenblick später in den Hof eilten, war dort keine Spur eines menschlichen Wesens zu sehen. Er war verschwunden wie ein Phantom der Nacht, und nur etwas, das wie eine Eule aussah, flog in den aufgehenden Mond und entschwand unseren Blicken.

Kelly, der Zaubermann
    There are strange tales told when the full moon shines
    Of voodoo nights when the ghost-things ran –
    But the strangest figure among the pines
    Was Kelly the conjure-man.
    Seltsame Geschichten erzählt man in den Vollmondnächten
    Von Voodoonächten, von Gespenstertreiben –
    Doch die seltsamste Gestalt zwischen den Fichten
    War Kelly, der Zaubermann.
    Etwa fünfundsiebzig Meilen im Nordosten des großen Smackover-Ölfelds von Arkansas liegt ein dicht bewaldeter, an Folklore und Tradition reicher Landstrich mit Fichtenwäldern und Flüssen. Anfang der 1850er-Jahre kam eine robuste Sorte schottisch-irischer Pioniere hierher, drängte die Grenze weiter nach Westen und schuf sich mit harter Arbeit ein Zuhause in der unzugänglichen Wildnis.
    Unter den vielen farbigen Gestalten jener frühen Tage ragt deutlich eine heraus und zeichnet sich dennoch nur schwach vor dem Hintergrund einer düsteren und schrecklichen Legende ab – die finstere Gestalt von Kelly, dem Schwarzen Zauberer.
    Kelly wurde als Sklave und als Sohn eines Juju-Mannes aus dem Kongo geboren, so flüstert die Legende und berichtet von unheimlichen Kräften, mit denen er in den düstersten Fichtenwäldern von Ouachita gewirkt hat. Niemand weiß genau, woher er kam; er tauchte kurz nach dem Bürgerkrieg im Land auf, und sein Kommen ist ebenso von Geheimnissen umwittert wie all seine Taten.
    Kelly hat wenig mit seinen Händen gearbeitet und sich auch nicht sehr unter seinesgleichen gemischt. Sie kamen zu ihm; nie er zu ihnen. Seine Hütte stand am Ufer des Tulip Creek, einem dunklen, schlangenähnlichen Strom, der sich unter den tiefen, überhängenden Schatten der Fichten dahinwindet. Dort lebte Kelly für sich in dunkler und stummer Majestät.
    Eine beeindruckende, barbarische Männergestalt war er, etwa einen Meter achtzig groß, mit mächtigen Schultern und geschmeidig wie ein großer schwarzer Panther. Er trug stets ein leuchtend rotes Flanellhemd, und große goldene Ringe in Ohren und Nase steigerten das bizarre, fantastische Bild seiner Erscheinung. Weder den weißen noch den schwarzen Männern hatte er viel zu sagen. Stumm wie ein ungekrönter König des schwarzen Afrika schritt er über die Straßen, wie ein unergründlicher dunkler Zauberer ragte er zwischen den Fichtenwäldern auf. Seine düster in die Weite blickenden Augen lagen tief, seine Haut war schwarz wie die tropische Nacht. Die Aura des Dschungels umgab ihn, und die Menschen fürchteten ihn, vielleicht weil sie etwas Finsteres, Böses an seiner Person verspürten, etwas Abgründiges, das in den schwarzen Wassern seiner Seele

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