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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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gewesen.
    »Übermenschliche Kraft, selbst für einen Mann in deinem Zustand«, proklamierte er in einer Art knarrenden Pedanterie. »Ich bezweifle, dass selbst Hassim dazu imstande wäre. Bist du jetzt bereit, meine Anweisungen entgegenzunehmen?«
    Ich nickte wortlos. Dabei strömte das Elixier mit seiner höllischen Kraft durch meine Venen und regenerierte meinen ausgebrannten Körper. Ich fragte mich, wie lange ein Mann so leben konnte – ständig ausgemergelt und künstlich wieder aufgebaut.
    »Man wird dir eine Verkleidung geben und du wirst allein zu Frentons Anwesen gehen. Niemand vermutet irgendwelche Anschläge gegen Sir Haldred. Deshalb sollte es vergleichsweise leicht sein, dir Zugang zum Anwesen und zum Haus selbst zu verschaffen. Die Verkleidung – eine Verkleidung von besonderer Art – ziehst du erst unmittelbar, bevor du das Anwesen betrittst, an. Dann wirst du dich zu Frentons Zimmer begeben und ihm mit bloßer Hand das Genick brechen – das ist entscheidend –«
    Die Stimme dröhnte weiter, erteilte ihre grausigen Anweisungen in erschreckend beiläufiger, fast schon selbstverständlicher Manier. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn.
    »Nach der Tat wirst du das Anwesen verlassen und dafür sorgen, dass irgendwo deutlich sichtbar ein Abdruck deiner Hand zu sehen ist. Das Fahrzeug, das an einem sicheren Ort in der Nähe auf dich warten wird, bringt dich hierher zurück. Vorher legst du deine Verkleidung ab. Für den Fall, dass es zu Komplikationen kommt, gibt es genügend Männer, die beschwören werden, dass du die ganze Nacht im Tempel der Träume verbracht und ihn nie verlassen hast. Aber es darf auf keinen Fall passieren, dass du entdeckt wirst! Sei auf der Hut und erledige deine Aufgabe zuverlässig. Die Alternative kennst du jetzt.«
    Ich kehrte diesmal nicht ins Opiumhaus zurück, sondern wurde durch gewundene, mit schweren Teppichen abgehängte Gänge in eine kleine Kammer geführt, in der lediglich eine orientalisch anmutende Couch stand. Hassim gab mir zu verstehen, dass ich bis zum Einbruch der Nacht hier warten müsse, und ließ mich dann allein. Die Tür wurde geschlossen, aber ich versuchte gar nicht erst festzustellen, ob sie versperrt war. Der Meister mit dem Gesicht eines Totenschädels brauchte keine Schlösser und Riegel, um mich von der Flucht abzuhalten.
    So saß ich denn auf der Couch in der bizarren Umgebung eines Raums, der gut Teil eines indischen Harems hätte sein können. Ich setzte mich nüchtern mit den Tatsachen auseinander und bereitete mich auf das Gefecht vor. In mir steckte noch mehr Männlichkeit, als das Scheusal annahm. Und dazu fügte sich schwarze Verzweiflung. Ich traf meine Wahl und entschied mich für den einzigen Weg, der mir noch blieb.
    Plötzlich öffnete sich leise die Tür. Eine Eingebung sagte mir, wer da zu mir kam, und ich wurde nicht enttäuscht. Da stand Zuleika. Wie eine strahlende Vision, eine Vision, die mich verspottete, die meine Verzweiflung noch tiefer, noch schwärzer werden ließ und mich doch mit wildem Sehnen und unsinniger Freude erfüllte.
    Sie trug ein Tablett mit Speisen, das sie neben mich stellte, dann setzte sie sich auf die Couch und ihre großen Augen fixierten mein Gesicht. Sie glich einer Blume in einer Schlangengrube und ihre Schönheit eroberte mein Herz im Sturm.
    »Steephen!«, flüsterte sie und mich erfasste Entzücken, als ich zum ersten Mal hörte, dass sie meinen Namen aussprach.
    Plötzlich glänzten Tränen in den leuchtenden Augen und sie legte ihre schmale Hand auf meinen Arm. Ich ergriff sie mit meinen beiden rauen Pranken.
    »Sie haben dir eine Aufgabe gestellt, die du fürchtest und hasst!«, stammelte sie.
    »Ja.« Beinahe hätte ich gelacht. »Aber ich werde sie täuschen! Zuleika, sag mir, was hat das alles zu bedeuten?«
    Sie blickte verängstigt um sich.
    »Ich weiß es nicht …«, zögerte sie. »Die Bedrängnis, in der du dich befindest, ist allein meine Schuld, aber – ich hatte noch Hoffnung – Steephen. Ich habe dich beobachtet, monatelang, seit du zu Yun Shatu gekommen bist. Du hast mich nicht gesehen, aber ich habe dich gesehen. Und ich habe in dir nicht den zerbrochenen Trunkenbold gesehen, auf den deine Lumpen hindeuteten, sondern eine verwundete Seele, die auf den Schlachtfeldern des Lebens auf schreckliche Weise verletzt wurde. Tief in meinem Herzen habe ich dich bedauert. Als Hassim dich dann an jenem Tag misshandelt hat« – wieder traten ihr Tränen in die Augen –, »konnte ich es

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