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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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schon seine Anwesenheit deutete an, dass es sich um keinen gewöhnlichen Kriminalfall handelte. Ich wusste nämlich, dass er eine hohe Position bei der englischen Regierung bekleidete, wenn auch nicht genau, in welcher Funktion.
    Opium oder nicht, ich war entschlossen, meine Verpflichtung gegenüber dem Meister zu erfüllen. Die dunklen Pfade, auf denen ich mich bewegt hatte, hatten mich moralisch abgestumpft. Dass ich im Begriff war, ein verabscheuungswürdiges Verbrechen zu begehen, kam mir nicht in den Sinn. Ich war härter geworden und das Gefühl, eine Schuld begleichen zu müssen, vergrößerte sich beim bloßen Gedanken an das Mädchen ins Unermessliche.
    Dem Meister hatte ich es zu verdanken, dass ich wieder auf eigenen Füßen stehen und ihr in die Augen sehen konnte, wie ein Mann das sollte. Wenn er mich also als Rauschgiftschmuggler haben wollte, warum nicht? Ohne Zweifel sollte ich in die Rolle eines Mannes schlüpfen, der bei der Regierung hoch geschätzt war und gegen den die Zollbeamten deshalb keine Handhabe besaßen. Sollte ich etwa irgendeinen seltenen Erzeuger von Träumen, eine besondere Droge, nach England schmuggeln?
    Diese Gedanken beschäftigten mich, als ich die Treppe hinunterging, aber es schwangen auch weitaus verlockendere Gedanken mit. Was war der Grund, dass das Mädchen wie eine Rose in einem Müllhaufen hier in der schmutzigen Absteige wohnte, und wer war sie?
    Als ich die äußere Bar betrat, betrat Hassim den Raum. Er blickte finster, fast verärgert, und ich glaubte, auch Furcht in seinen Zügen zu erkennen. Er hielt eine zusammengefaltete Zeitung in der Hand.
    »Ich habe gesagt, du sollst im Opiumraum warten«, herrschte er mich an.
    »Du warst so lange weg, dass ich in mein Zimmer hinaufgegangen bin. Hast du das Ticket?«
    Er gab nur ein Knurren von sich und zwängte sich an mir vorbei in den Opiumraum. Ich stand an der Tür und beobachtete, wie er im Hinterzimmer verschwand. Meine Verwirrung wuchs. Als sich nämlich Hassim an mir vorbeigedrängt hatte, war mir auf der Titelseite der Zeitung etwas aufgefallen. Etwas, worauf sich sein schwarzer Daumen drückte, als wolle er die Meldung auf keinen Fall aus den Augen verlieren.
    Mit dem unnatürlich klaren Denken und Handeln, das mir in jenen Tagen zu eigen war, hatte ich die ersten Zeilen blitzschnell überflogen:
    Sonderkommissar für Afrika
    ermordet aufgefunden
    Die Leiche von Major Fairlan Morley ist gestern im Rumpf eines heruntergewirtschafteten Schiffs in Bordeaux entdeckt worden …
    Mehr hatte ich nicht erkennen können, aber das allein reichte aus, um mich nachdenklich zu machen! Allmählich nahm die Angelegenheit hässliche Züge an. Und dennoch –
    Ein weiterer Tag verstrich. Als ich Hassim fragte, erklärte er kurz angebunden, die Pläne hätten sich geändert und ich solle nicht nach Frankreich reisen. Später am Abend kam er erneut zu mir und forderte mich wieder auf, ihm in den Raum der Geheimnisse zu folgen.
    Ich stand vor der lackierten Wand, der gelbliche Rauch brannte in meiner Nase, die gewebten Drachen wanden sich über die Teppiche und die Palmen ragten dick und bedrückend in die Höhe.
    »Unsere Pläne haben sich geändert«, erklärte die verborgene Stimme. »Du wirst nicht nach Frankreich reisen, wie es vorher entschieden worden war. Aber ich habe eine andere Arbeit für dich. Vielleicht entspricht sie auch besser deinen Fähigkeiten. Ich muss nämlich zugeben, dass du mich in letzter Zeit enttäuscht hast. Du hast dich da neulich in etwas eingemischt, was mir in Zukunft noch große Probleme bereiten wird.«
    Ich sagte nichts, spürte aber, wie der Zorn in mir wuchs.
    »Obwohl einer meiner vertrautesten Diener versucht hat, dich daran zu hindern«, fuhr die tonlose Stimme fort, ohne irgendwelche Emotionen erkennen zu lassen, sie wurde nur etwas lauter, »hast du darauf bestanden, meinen erklärten Todfeind entkommen zu lassen. In Zukunft musst du umsichtiger sein.«
    »Ich habe dein Leben gerettet!«, widersprach ich ärgerlich.
    »Und allein deshalb sehe ich über deinen Fehler hinweg – dieses eine Mal!«
    Jetzt konnte ich meine Wut kaum noch beherrschen.
    » Dieses eine Mal! Mach dieses eine Mal das Beste daraus, denn ich versichere dir, ein nächstes Mal wird es nicht geben. Ich stehe tiefer in deiner Schuld, als ich es jemals wieder wettmachen kann, aber das macht mich noch lange nicht zu deinem Sklaven. Ich habe dein Leben gerettet, die Schuld ist damit so gut getilgt, wie ein Mann das nur kann!

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