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Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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ein junger Mann, der uns freundlich bat, ihm hinter den Tresen und die Treppe hinunter zu folgen. Was sollte das?
    Unten angekommen, bogen wir links ab und standen mitten in einem Weinkeller, der bis unter die Decke mit Flaschen gefüllt war. „In diesem Raum werden die Flaschen vorgekühlt und kommen später in die Temperierkammer“, erklärte der junge Mann. „Hier herrscht eine konstante Temperatur von 17 Grad Celsius. Dort lagern die Rotweine undhier ...“ Ich hörte nicht mehr zu, sondern starrte fasziniert an die wellenförmige Decke, die meterdick schien. „Insgesamt lagern hier 30.000 Flaschen“, war die letzte Information, die meine Festplatte abspeicherte. Und dann begriff ich es:
    Wir befanden uns mitten in einem unterirdischen Bunker.
    â€žWoher wusstest du das?“ Jan und ich saßen nebeneinander auf dem Asphalt an der Sansibar-Bushaltestelle und lehnten uns an das hässliche Nato-olivfarbene Plastikgehäuse.
    â€žNa, von dieser Bunker-Website. Da steht außerdem, dass es noch mehr Bunker gibt, die erhalten sind und zu einem Restaurant oder so umfunktioniert wurden. Kennst du die Kupferkanne in Kampen?“
    â€žDa war ich nur einmal. Im Kaffeegarten. Aber nachdem der Kellner zwanzig Minuten brauchte, um sich herabzulassen, uns auch nur die Speisekarte vorbeizubringen, hatte Britta die Nase voll und wir gingen wieder.“
    â€žBritta?“
    â€žMeine Mutter.“
    â€žLebst du sonst mit ihr zusammen?“
    â€žDas hab ich. Bis vor ein paar Monaten. Da ist sie mit ihrem Freund nach Berlin gezogen. Prenzlauer Berg. Und mein Vater musste aufhören, in der ägyptischen Wüste Sandkörner zu zählen, und nach Deutschland zurückkehren. Meinetwegen.“
    â€žSiehst du deine Mutter gar nicht mehr?“, fragte Jan und ich meinte eine gewisse Besorgnis aus seiner Stimme herauszuhören.
    â€žDoch, klar. Ich besuche sie alle paar Wochen in Berlin.Sonst skypen wir. Aber nur, wenn ich gut drauf bin. Wenn’s mir blöd geht, will ich nicht, dass sie’s mir ansieht. Sonst kriegt sie ein schlechtes Gewissen und das ist einfach bloß anstrengend.“
    â€žKenn ich. Erst bauen sie Scheiße und dann sollst du die Scheiße auch noch absegnen. Und wenn du’s nicht tust, jammern sie dir die Ohren voll, warum sie es mit deinem Vater, Schrägstrich: Mutter, nicht mehr aushalten. Und dass du das doch verstehen musst. Sie wollen immer deine Absolution. Und wenn du gar nichts dazu sagst und einfach gehst, fangen sie an rumzuheulen.“
    â€žDeine Eltern sind auch getrennt?“
    â€žGegenfrage: Kennst du noch Leute mit Familie? Mama, Papa, Kind? Zwischen zehn und achtzehn, meine ich?“
    â€žWenige. Irgendwie ist Patchwork heute das gängige Muster.“
    â€žMainstream sozusagen. Aber ich finde Patchwork einfach nur zum Kotzen“, sagte Jan.
    â€žIch auch, egal ob Mainstream oder nicht.“
    â€žNur dass du ’ne Mutter in Berlin hast, ist echt cool.“ Jan lächelte mich an und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und schien mir bis in die Wangen zu kriechen. Offenbar tickte er ganz ähnlich wie ich. Fühlte sich gut an. Nach mehr, aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken.
    â€žUnd was ist nun mit der Kupferkanne?“, fragte ich, um mich selbst abzulenken. „Ist das auch ein alter Bunker?“
    â€žExakt“, sagte Jan. Wir erhoben uns, als wir endlich den Bus zurück nach List um die Kurve biegen sahen. „Aber der liegt nur halb unter der Erde und war früher eine Mannschaftsbaracke. Nach dem Krieg hat ein Künstler sein Atelier in dem labyrinthartigen Gemäuer eingerichtet.“
    â€žMannschaftsbaracke?“
    â€žDas heißt, dort haben Soldaten gewohnt. Oder gehaust. Keine Ahnung, wie man sich das vorstellen muss.“
    â€žBestimmt eher ungemütlich.“ Ich spürte wieder die kratzige alte Armeedecke an meinen Beinen und mir schauderte. „Aber wenigstens waren die nicht allein da unten.“
    â€žDu ja vielleicht auch nicht.“
    â€žAber was kann da heute sein? Der Zweite Weltkrieg ist seit fast siebzig Jahren vorbei.“
    â€žGeister.“
    â€žQuatsch.“
    â€žWer weiß, vielleicht spukt da noch die Seele vom Obergefreiten Hermann herum. Oder Schütze Willi sucht in den alten Stollen seinen Stahlhelm. Den mit dem dunkelrot schimmernden Loch an der Schläfe.“
    â€žMann,

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