Tote essen kein Fast Food
ein junger Mann, der uns freundlich bat, ihm hinter den Tresen und die Treppe hinunter zu folgen. Was sollte das?
Unten angekommen, bogen wir links ab und standen mitten in einem Weinkeller, der bis unter die Decke mit Flaschen gefüllt war. âIn diesem Raum werden die Flaschen vorgekühlt und kommen später in die Temperierkammerâ, erklärte der junge Mann. âHier herrscht eine konstante Temperatur von 17 Grad Celsius. Dort lagern die Rotweine undhier ...â Ich hörte nicht mehr zu, sondern starrte fasziniert an die wellenförmige Decke, die meterdick schien. âInsgesamt lagern hier 30.000 Flaschenâ, war die letzte Information, die meine Festplatte abspeicherte. Und dann begriff ich es:
Wir befanden uns mitten in einem unterirdischen Bunker.
âWoher wusstest du das?â Jan und ich saÃen nebeneinander auf dem Asphalt an der Sansibar-Bushaltestelle und lehnten uns an das hässliche Nato-olivfarbene Plastikgehäuse.
âNa, von dieser Bunker-Website. Da steht auÃerdem, dass es noch mehr Bunker gibt, die erhalten sind und zu einem Restaurant oder so umfunktioniert wurden. Kennst du die Kupferkanne in Kampen?â
âDa war ich nur einmal. Im Kaffeegarten. Aber nachdem der Kellner zwanzig Minuten brauchte, um sich herabzulassen, uns auch nur die Speisekarte vorbeizubringen, hatte Britta die Nase voll und wir gingen wieder.â
âBritta?â
âMeine Mutter.â
âLebst du sonst mit ihr zusammen?â
âDas hab ich. Bis vor ein paar Monaten. Da ist sie mit ihrem Freund nach Berlin gezogen. Prenzlauer Berg. Und mein Vater musste aufhören, in der ägyptischen Wüste Sandkörner zu zählen, und nach Deutschland zurückkehren. Meinetwegen.â
âSiehst du deine Mutter gar nicht mehr?â, fragte Jan und ich meinte eine gewisse Besorgnis aus seiner Stimme herauszuhören.
âDoch, klar. Ich besuche sie alle paar Wochen in Berlin.Sonst skypen wir. Aber nur, wenn ich gut drauf bin. Wennâs mir blöd geht, will ich nicht, dass sieâs mir ansieht. Sonst kriegt sie ein schlechtes Gewissen und das ist einfach bloà anstrengend.â
âKenn ich. Erst bauen sie ScheiÃe und dann sollst du die ScheiÃe auch noch absegnen. Und wenn duâs nicht tust, jammern sie dir die Ohren voll, warum sie es mit deinem Vater, Schrägstrich: Mutter, nicht mehr aushalten. Und dass du das doch verstehen musst. Sie wollen immer deine Absolution. Und wenn du gar nichts dazu sagst und einfach gehst, fangen sie an rumzuheulen.â
âDeine Eltern sind auch getrennt?â
âGegenfrage: Kennst du noch Leute mit Familie? Mama, Papa, Kind? Zwischen zehn und achtzehn, meine ich?â
âWenige. Irgendwie ist Patchwork heute das gängige Muster.â
âMainstream sozusagen. Aber ich finde Patchwork einfach nur zum Kotzenâ, sagte Jan.
âIch auch, egal ob Mainstream oder nicht.â
âNur dass du âne Mutter in Berlin hast, ist echt cool.â Jan lächelte mich an und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und schien mir bis in die Wangen zu kriechen. Offenbar tickte er ganz ähnlich wie ich. Fühlte sich gut an. Nach mehr, aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken.
âUnd was ist nun mit der Kupferkanne?â, fragte ich, um mich selbst abzulenken. âIst das auch ein alter Bunker?â
âExaktâ, sagte Jan. Wir erhoben uns, als wir endlich den Bus zurück nach List um die Kurve biegen sahen. âAber der liegt nur halb unter der Erde und war früher eine Mannschaftsbaracke. Nach dem Krieg hat ein Künstler sein Atelier in dem labyrinthartigen Gemäuer eingerichtet.â
âMannschaftsbaracke?â
âDas heiÃt, dort haben Soldaten gewohnt. Oder gehaust. Keine Ahnung, wie man sich das vorstellen muss.â
âBestimmt eher ungemütlich.â Ich spürte wieder die kratzige alte Armeedecke an meinen Beinen und mir schauderte. âAber wenigstens waren die nicht allein da unten.â
âDu ja vielleicht auch nicht.â
âAber was kann da heute sein? Der Zweite Weltkrieg ist seit fast siebzig Jahren vorbei.â
âGeister.â
âQuatsch.â
âWer weiÃ, vielleicht spukt da noch die Seele vom Obergefreiten Hermann herum. Oder Schütze Willi sucht in den alten Stollen seinen Stahlhelm. Den mit dem dunkelrot schimmernden Loch an der Schläfe.â
âMann,
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