Tote essen kein Fast Food
entwischen. Aber offensichtlich hatte der Kerl sein Nest selbst noch mal verlassen und das Seil mitgenommen. Hinter dem Findling lag es jedenfalls nicht.
Zitternd hielt Jasper sich in sicherer Entfernung. Erst jetzt fiel mir auf, dass er noch immer Martins Unterhemd anhatte. Gegen Sonnenbrand! Unwillkürlich musste ich lächeln über Fridas Einfallsreichtum.
âDas glaube ich nichtâ, sagte Svea mit rauer Stimme, als sie das Loch erblickte. Sie ging in die Hocke und versuchte zwischen den scharf gezackten Betonkanten hindurch in dem schwarzen Bunkerschacht etwas zu erkennen. âHier ist sie alleine reingeklettert? Dieses verrückte Kind. Von wem hat sie das bloÃ?â
âNa ja, Grabungen aller Art sind ja auch eine Spezialität von dir.â
Svea warf meinem Vater einen Blick zu, der keines weiteren Kommentars bedurfte.
âFrida!â, schrie sie in das Loch hinein, während sie ihre Hände zu einem Trichter vor ihrem Mund formte. âFrida,hörst du mich?â Ihr eigenes Echo war das Einzige, was sie zur Antwort bekam.
âOh, Mann, hätte ich sie bloà neulich mit mir runtersteigen lassen. Dann wär das hier nicht passiert.â Jan wirkte niedergeschlagen. âSie wollte doch unbedingt auch hier rein.â
âDu kannst nichts dafür.â Martin legte Jan die Hand auf die Schulter. âDamit konnte schlieÃlich kein Mensch rechnen.â
âDochâ, sagte ich. âDoch, bei Frida muss man grundsätzlich mit allem rechnen. Das müsste dir doch auch langsam klar sein.â
âBei mir auch.â Mit angespanntem Gesicht stand Svea auf und klopfte sich den weiÃen Dünensand aus den Händen. âIch warte nicht mehr. Ich geh da jetzt runter.â Entschlossen ging sie auf Jasper zu, der sichtlich erschöpft zwischen den Halmen des Strandhafers lag, und nahm ihm die türkise Leine ab, die ich ihm wieder umgebunden hatte, bevor wir losmarschiert waren.
âAber das macht doch keinen Sinn, Svea. Lass das bitte die Polizei erledigen. Die sind sicher gleich da.â Martin rieb sich unter seinen Brillengläsern die Augen. âDu wirst alles noch schlimmer machen. Sei doch bitte vernünftig.â
âBis die kommen, kann viel passierenâ, erklärte Svea kurz angebunden und streichelte Jasper über den Kopf.
âDu hast noch nicht mal eine Taschenlampeâ, protestierte Martin. âDa unten ist es stockfinster.â
âStimmtâ, sagte Jan. âAber ich hab eine.â Er fing meinen erstaunten Blick auf. âNur so eine Idee, falls euch inzwischen die Batterien ausgegangen sind.â In der Tat hatte Tante Hedis Vorsintflut-Modell mittlerweile den Geist aufgegeben und Fridas Ersatz-Batterien hatten nicht gepasst.
Svea hörte gar nicht richtig zu. Geschickt knüpfte sie eine Schlinge in eines der Tau-Enden und drückte sie Martin in die Hand. âIhr haltet das hier fest und ich seile mich ab.â Sie lieà sich am Rand des Lochs nieder, lieà die Beine nach unten baumeln und blickte uns auffordernd an. âNa los, macht schon. Wer weià ... vielleicht ist sie verle...â
âStoppâ, sagte ich, bevor sie ihren Satz zu Ende bringen konnte. Ich konnte Svea unmöglich da reinklettern und womöglich ins offene Messer laufen lassen. Oder in den Lauf eines Gewehrs. âDa unten ist was faul. Das ist kein normaler Irrer, der sich da verbirgt. Er hat ein Gewehr.â Fahrig wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht. âUnd er benutzt es auchâ, schloss ich leise.
âEin Gewehr?â Forschend sah Svea mich an, Panik in den Augen und in der Stimme. âDas weiÃt du aber nicht erst seit eben gerade.â
âNeinâ, gab ich zu. âVorhin hab ichâs gesehen. Dort, wo ich Frida gefunden habe. Und als ich neulich zum ersten Mal da drin war, gab es einen Knall und etwas schleifte über den Boden oder an der Wand entlang. Ich dachte erst, ich hätte geträumt, aber Jasper hat es auch gehört. Seine Nackenhaare haben sich aufgestellt. Er hat leise geknurrt und am ganzen Körper gezittert.â
âDeshalb hast du so beharrlich nach den alten Bunkergeschichten gefragtâ, sagte Martin. âWarum hast du das nicht gleich gesagt, statt mir von hinten durchs Knie all diese Fragen zu stellen?â
âIch dachte, du würdest mich auslachen.â
âTu ich nicht.â Martin wurde sichtlich nervös.
Weitere Kostenlose Bücher