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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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grün war, hatte Kuhala es allein dem Zufall zu verdanken, dass sein Blick darauf fiel. Er riss sofort sein Boot herum. Die Uferbefestigung war zum Teil abgebröckelt, der Wall führte zur Straße hinauf. Die Abgase brannten in Kuhalas Kehle, weiter oben trotzten tapfere Birken dem Smog von Jyväskylä.
    Kuhala spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, als er das Kajak umdrehte, sodass die Sitzöffnung zum Vorschein kam. Auf dem Bug stand das Kennzeichen, das Jokela genannt hatte.
    Die Brücke erdröhnte unter dem Gewicht eines schweren Fahrzeugs, die Bisamratte hatte am Ufer gegenüber den Betonwall erklommen, sie schien an jedwedes Scheppern und Reifenbrummen gewöhnt zu sein, nicht jedoch daran, dass Kuhala sich das Recht herausnahm, in ihrem Revier an Land zu gehen.
    Sie brachte ihre Missbilligung zum Ausdruck, indem sie ihren Rücken am Beton rieb.
    Etwas weiter oben fand Kuhala das durchgebrochene Paddel, rührte es aber nicht an, weil er befürchtete, Spuren zu zerstören. Über die Paddelblätter liefen rote Streifen, und wer auch immer damit herumgefuhrwerkt hatte, der hatte es hastig und überstürzt getan. Kajak und Paddel waren nicht versteckt worden – vielleicht in dem Glauben, dass jemand, der den Fluss entlangkam, keine Zeit hatte, sich umzusehen, sondern vollkommen damit beschäftigt war, nicht gegen die Betonkonstruktionen zu stoßen.
    Von Helena Jokela entdeckte Kuhala keine Spur. Auch wenn die urbanen Legenden immer wieder von Menschen erzählten, die vom Müllwegbringen nicht mehr zurückkamen, fiel es Kuhala schwer, sich vorzustellen, dass die Frau so viel Mühe auf sich genommen haben sollte, um auf der Fernstraße 4 in Richtung Norden davonzukommen.
    Die Bisamratte tauchte, der Gitterschatten des knarrenden Einkaufswagens fiel auf den Brückenkasten. Kuhala zitterte vor Kälte und spielte mit dem Gedanken, das Kajak ins Schlepptau zu nehmen. Hatte der Rechtsanwalt nicht versprochen, auch für das Sportgerät zu bezahlen?
    Er ging die Böschung zum Ruderboot hinunter. Das Fiberglas kratzte auf dem scharfen Rand der Uferbefestigung, eine primitive Comicfigur, die auf den Beton gemalt war, spuckte einen Text aus, der nicht zu verstehen war.
    Wieder erdröhnte die Brücke. Die Akustik im Tunnel verzerrte das Geräusch, es klang, als wäre in der Ferne mit einer Kanone geschossen worden. Kuhala stieg ins Boot und musste eine Zeit lang balancieren, bis er den Weg zur Ducht gefunden hatte. Wie, um Himmels willen, sollte er das Kajak transportieren? Er blickte noch einmal nach oben und erschrak heftig.
    An der Stelle, wo die Brücke auf den betonierten Uferwall traf, hing eine Hand von einer schmalen Plattform herab.

8
    8. Juni Die Leute, die sich vor der Absperrung der Tatortermittler versammelt hatten, beobachteten das Vorgehen der Polizei in immer massiverer Front, sodass sie nach und nach auf der Straße eine Fahrspur blockierten. Es kam zum Stau, man hörte ohrenbetäubende Hupserien und Flüche.
    Sobald die Gerätschaften zum Fotografieren des Fundorts von Helena Jokela aus dem Wagen der Technik geladen und zusammengesetzt wurden, richteten einige Zuschauer verstohlen ihren Hemdkragen oder strichen sich die Haare glatt, als wollten sie einen guten Eindruck auf den Bilddokumenten hinterlassen.
    Wo kamen die alle her? Aus den umliegenden Gärten, vom Badestrand, von der anderen Seeseite, aus der Innenstadt, vom Einkaufen im Supermarkt, von unter der Erde? Jemand äußerte die Vermutung, da sei der Penner aus dem Fluss gezogen worden, der im Winter verschollen war, aber reichlich Unterstützung fand auch die Theorie von einem unglücklichen Kind, das sich von seinem Hüter losgerissen habe, bis einige schließlich bereit waren, ihr Geld darauf zu setzen, dass es sich bei Kuhala, der die Uferböschung hinaufstolperte, um einen schon seit Monaten gejagten Ausbrecher handelte.
    »Gehen wir zum Wagen«, sagte Kriminalkommissar Nevakivi zu Kuhala.
    Inzwischen hatte die Neugier solche Ausmaße angenommen, dass sich von beiden Seen her Boote und Kajaks näherten und über kurz oder lang den gesamten Wasserverkehr lahmlegen würden. Ein Schlauchbootfahrer diskutierte mit der Polizei über seine Rechte und untermalte seine Stellungnahme mit rhythmischen Ruderschlägen auf die Wasseroberfläche. Der Mann war betrunken und wurde erst recht animiert, als er begriff, wie viele Leute sich vor Ort versammelt hatten. Mit der ulkigen Nasalstimme eines Wanderpredigers tönte er, er sei ein vollwertiges

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