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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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aufwiesen.
    Dann fing der Leierkasten an zu spielen, und über das Gesicht der Eisverkäuferin legte sich der Schatten der Depression. Der an einem solchen Morgen unvermeidliche Penner bewegte sich mit Schritten, als wollte er den Anlauf für einen Weitsprung abmessen, in Richtung Oberstadt, wo die Kneipen lagen, und führte dabei einen Dialog mit weißen Mäusen.
    Nevakivi nickte und stand auf. Er wünschte einen Guten Tag, bekam aber das Grinsen nicht aus dem Gesicht.
    »Darf ich was fragen?«, sagte Kuhala.
    Nevakivi hielt inne und drehte sich um. »Fragen kann man immer.«
    »Ist Helena Jokelas Todesursache schon bekannt?«
    »Noch liegt uns der Obduktionsbericht nicht vor. Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir beide vereinbart, dass du deine Aufmerksamkeit auf etwas anderes als auf Helena Jokela richtest. Die Tatsache, dass du sie gefunden hast, verpflichtet uns nicht, dir weitere Informationen zu geben.«
    Nevakivi schien vergessen zu haben, dass er Kuhala gerade gebeten hatte, ihm Hinweise auf Antikainen zu melden. Eine solche Kooperationstaktik hatte kein Lob verdient, doch Kuhala sagte nichts.
    Die Gestalt des sich entfernenden Nevakivi verriet die Körperspannung eines bald Vierzigjährigen, der auf sich achtete. Sah man aber genau hin, erkannte man auch einen Hauch von Amtstrockenheit und in Vorschriften verliebte Eckigkeit, gegen die auch der beste Stylist machtlos war. Eine Fruchtfliege löste sich von den Stiefmütterchen an der Terrasseneinfassung, landete auf dem Rand des Saftglases und schaute Kuhala an: Erdling, bring mich zu deinem Führer.
    Der Leierkastenmann und der Straßenmusiker mit der Gitarre, die um die wackelnden Hüften des morgendlichen Publikums konkurrierten, schlugen Kuhala schließlich in die Flucht. Er beschloss, eines Tages selbst mit seiner Gitarre herzukommen. Zwanzig beliebte Gassenhauer plus ausgefeilte Begleitung, was brauchte man mehr? Er traf beim Singen ungefähr den Ton und war sicher, dass es eine befreiende Erfahrung wäre, sich auf der Straße ins Zeug zu legen. Oder eine traumatische. Denn was wäre, wenn nach acht Stunden Spielen lediglich ein Drohbrief im Gitarrenkasten läge?
    Er schob sein Rad und sah sich schon ein Zweistundenkonzert in der Kulturfabrik geben. Ein Mann und eine Gitarre. Zu nichtssagend. Der singende Detektiv. Geklaut, aber raffiniert.
    Die Schläge der Kirchenglocke und das Handy unterbrachen die Träumerei. »Kuhala.«
    »Rissanen von der Kfz-Werkstatt Rissanen in der Kramsunkatu, guten Morgen.«
    Die Stimme klang fest, der Motor im Hintergrund tuckerte instabil. Dann hörte man einen Knall und einen unterdrückten Fluch. Rissanen sagte, er habe Kuhalas Nummer von der Anwaltskanzlei Jokela bekommen. »Wir haben hier einen Corolla mit dem Kennzeichen XOP 78. Kommt Ihnen das bekannt vor?«
    Kuhala blieb vor der Rahmenhandlung stehen und starrte auf das Spiegelbild eines Mannes von der Straße im Schaufenster. Er bejahte die Frage. Die mehrsekündige Pause am anderen Ende der Leitung ließ vermuten, dass nicht alles zum Besten stand und gleich einer der Schicksalsmomente im Leben von Otto Normalverbraucher zu meistern war.
    Und so kam es dann auch: Das Auto war einmal.
    »Meine Jungs und ich haben uns gefragt, wie Sie damit überhaupt noch fahren konnten.«
    »Ich habe vor jedem Start ein Vaterunser gebetet. Und dieses Jahr dann auch während der Fahrt, und zwar eins nach dem anderen. Als das nicht mehr half, stellte ich es auf dem Parkplatz vor dem Altersheim ab.«
    Rissanen verdaute die Erklärung eine Zeit lang, dann hüstelte er. »Sie hätten es direkt auf den Friedhof bringen sollen.«
    Mit der Fehlerliste des Corolla hätte man angeblich die Wände der Werkstatt tapezieren können, weshalb Rissanen die fünf düstersten Defekte herauspickte, ungefragt einen Kostenvoranschlag machte und fragte, was sie tun sollten. Nun war Kuhala an der Reihe, eine Pause einzulegen. Dann erkundigte er sich, was es kosten würde, wenn die Werkstatt den Wagen auf die letzte Reise schickte, und geriet auch über diese Summe in Entsetzen, ging bei sich jedoch davon aus, dass Jokela die Rechnung begleichen würde. »Können Sie nicht ein paar Teile gebrauchen? Würde deren Wert nicht die Bestattungskosten ausgleichen?«
    Rissanen hatte in seiner kleinen, nur wenige Leute beschäftigenden Werkstatt sicher eine Menge zu tun, trotzdem schien er Kuhalas Sprüche ernst zu nehmen. Er sagte, er könne die Rückbank als Sofa für die Raucherecke des Personals

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