Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
verbarg.
Kuhala schob das Fahrrad an den See und schloss es an einer Birke an. Das Zeug aus dem Corolla warf er in Jokelas Boot, dann legte er ab, denn er war inzwischen von den Möglichkeiten, die ihm das Fortbewegungsmittel bot, begeistert und wollte außerdem noch einmal mit Kai Vikman reden.
Schon nach wenigen Zügen sah er das Sonnenlicht in den Linsen des Fernglases aufblitzen, das hinter dem Panoramafenster im ersten Stock von Parkkinens Wohnung auf ihn gerichtet war.
13
10. Juni Vikman hatte genug von dem alle zwei Tage wechselnden Wetter und war weg. Kuhala drückte noch einmal eine halbe Minute lang die Klingel und sah sich um. Der tropische Wind brachte die Margeriten neben dem Schuppen zum Schwanken, die vergessene Kleinwäsche aus dem Junggesellenhaushalt flatterte so frisch wie in der Waschmittelwerbung an der Leine.
Vom Tierheim am anderen Ufer hörte man wütendes Bellen, das für die Verhältnisse von Jyväskylä kolossale zwölfstöckige Hochhaus, das der Architekt Aalto entworfen hatte, leuchtete wie ein weißer Leuchtturm mitten im Grün.
Kuhala kam leicht durch die Hintertür ins Haus. In die Widerstandskraft der Hintertüren wurde nicht immer alles investiert, und wenn sie nicht gleich ganz sperrangelweit offen standen, ließen sich ihre Schlösser mit einem bescheidenen Dietrichsortiment knacken. Er stand in der halbdunklen Küche und steckte die Hilfsmittel, die ihm das Hereinkommen erleichtert hatten, in die Schenkeltasche. Den Geschirrberg in der Spüle umringte ein Wald schmalschultriger leerer Bierflaschen, die Kühl-Gefrier-Kombination brummte. Es roch leicht angebrannt, aber auch nach Herrenduft und plötzlichem Aufbruch.
Vikmans Wohnzimmer wurde von einer Couchgarnitur aus weißem Leder und einem Achtundvierzig-Zoll-Plasmafernseher beherrscht. Hinter der Essgruppe aus Massivholz hing ein Landschaftsgemälde an der Wand. Auf den ersten Blick war die Wohnung durchaus gefällig und brachte einen auf den Gedanken, dass die Gefahrenzulage im Beruf des Söldners für reichlich Einkommenszuwachs sorgte.
Kuhala war auf der Hut und horchte. Gut möglich, dass der Mann bloß einkaufen war, auch wenn es irgendwie den Eindruck machte, als wäre er für länger verreist. Das Bett im Schlafzimmer war eines der üppigsten amerikanischen Modelle auf dem Markt, aber nicht gemacht, es wurde von Spiegeln umzingelt, die das Licht, das durch das Fenster fiel, und Kuhalas schwere Gestalt, die durch den Türspalt lugte, so vielfach widerspiegelten, dass der Detektiv fast erschrocken wäre. Es waren so viele Spiegel auf Lager gewesen, dass auch welche an die Decke geschraubt worden waren. Halfen sie beim Einschlafen oder sorgten sie für frischen Wind im Liebesleben? Oder war Vikman so ergriffen von sich, dass er am besten einschlummerte, wenn er von den Gutenachtwünschen seines schönen, leicht verwitterten Gesichts in den Schlaf geleitet wurde?
Kuhala wühlte in den Schubladen, ohne etwas zu finden. Er spähte in den Kleiderschrank und entdeckte sofort die Eisdorne mit den blauen Plastikgriffen. Sie hingen mit dem zwei Jahre alten Kalender eines Elektrogerätegeschäfts an einem Nagel und waren von der gleichen Sorte wie der, mit dem man versucht hatte, Kuhala umzubringen.
Das einzige Problem verbarg sich in dem Umstand, dass am Kalendernagel zwei Dorne hingen. Kuhala besaß zwar keine, wusste aber, dass sie nur paarweise verkauft wurden. Überhaupt bestand kein Anlass, über den Fund in allzu große Begeisterung auszubrechen, denn die Modelle mit den blauen Griffen konnten sich in jedem Haushalt finden und waren den Einwohnern in Jyväskylä womöglich zum verlockenden Sonderpreis angeboten worden.
Ein Eisdorn ohne Gegenstück war nirgendwo zu sehen.
Nach einigem Suchen stießen Kuhalas behandschuhte Hände in einem gelben Karton auf das Magazin eines Sturmgewehrs. Daneben wurde ein in Stoff eingeschlagener kantiger Gegenstand aufbewahrt. Nach dem Auspacken erwies er sich als Fotoalbum. Kuhala legte Magazin und Stoff in den Karton zurück.
Das klingelnde Telefon im Wohnzimmer ließ ihn den Atem anhalten. Er hörte bis zum letzten Schellen zu, dann schlug er das Album auf.
Wieder musste er den Atem anhalten.
Vikman stand vor der Ruine eines Hauses, mit Barett, in voller Kampfausrüstung und mindestens so braun gebrannt wie in seinem Garten. Sein Lächeln wirkte lässig, er sah jung aus. Im Hintergrund grinsten einige Kämpfer in gleicher Montur. Die Bildatmosphäre wurde durch den Rauch, der
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