Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
aber meiner Meinung nach ist die Frau nicht vorbeigekommen. Hier sind allerdings auch abends tierisch viele Leute. Und ich sitz auch nicht die ganze Zeit hier, ich muss ab und zu nachsehen, ob alles in Ordnung ist und so.«
Kuhala nickte und gab ihm seine Karte. »Nimm die und sag Bescheid, wenn dir was einfällt.«
»Hey!«
Kuhala drehte sich um. »Was?«
»Über die Frau weiß ich nichts, aber ich hatte am Montagmorgen Frühdienst vorne am Häuschen, wo alle reinfahren. Man zeigt ihnen, wo es langgeht, und kassiert. Das Auto stand auf dem Parkplatz vor dem Häuschen, ist aber nicht reingefahren.«
»Welches Auto?«
»Der Passat, nach dem in der Zeitung gefragt worden ist.«
»Wie kannst du dir so sicher sein, dass es genau der Passat war?«
»Mein Vater hat einen roten Passat. Darum hab ich aufs Nummernschild geguckt, und ich bin sicher, dass es dieselbe Nummer war wie in der Zeitung.«
»Hast du den Fahrer gesehen?«
Der Junge nickte und beschrieb Kuhala einen Mann, der in keiner Weise an Antikainen erinnerte. »Ich bin nicht ganz sicher, es kann sein, dass es bloß einer war, der zufällig vorbeikam. Oder gerade neben der Karre stand, als ich hinsah.«
»Erklär mir das mal ein bisschen genauer.«
»Ich hatte ziemlichen Stress und konnte eigentlich nur kurz … findest du, ich sollte eine von den Nummern anrufen?«
»Unbedingt. Du hast gesagt, du hattest Stress, aber trotzdem hast du die Nummer überprüft.«
»Ich hatte keinen speziellen Grund, nach der Nummer zu schauen, aber weil mein Vater eben genau so einen Wagen fährt, hab ich das Nummernschild automatisch gecheckt, um zu gucken, ob es unser Auto ist. Und bei dem Typen hatte ich das Gefühl, er könnte der Fahrer sein. Vielleicht war er’s doch nicht. Ich hab das alles so nebenbei registriert. Es war höllisch viel los, ein Wunder, dass ich überhaupt nach dem Passat geguckt hab. Die Telefonnummern sind welche von der Polizei, oder?«
»Ich denke schon. Also dann.«
Der Junge hob die Hand, das Mädchen nickte.
Kuhala stieß das Boot vom Steg ab und setzte die Ruder ein. Er wusste nicht, was er denken sollte, und schaute ohne ein Lächeln auf das langsam zurückbleibende Ufer des Campingplatzes, dessen Leben, dessen Lachen und Kreischen und dessen bunte Miniaturwelt gegenüber dem verregneten Vortag wie aus einer anderen Wirklichkeit zu stammen schienen. Das Mädchen und der Strandwächter mit der Mütze saßen auf dem Steg, die reglose Ananashemdfigur des Bootsverleihers war auf der Treppe vor dem Bootslager zu erkennen.
Der Junge hatte keinen Grund, über den Passat Unsinn zu reden, und wenn es eng wurde, konnte man überprüfen, ob in der Garage seines Vaters das gleiche Modell stand. Was aber hatte Antikainen in der Gegend zu suchen gehabt, wenn es sein Auto gewesen war?
Kuhala passierte den schwimmenden Oxydator. Nun konnte er bereits Vikmans Grundstück sehen. Die traurige Fotoserie tauchte derart Unheil verkündend vor seinem inneren Auge auf, dass er aufhören musste zu rudern, um sich Wasser ins Gesicht zu schaufeln. Womit er es hier zu tun hatte, bot reichlich Stoff für eine Horrorstory, und zwar reichlicher, als man sich wünschen konnte. Kuhala kühlte seinen Nacken mit Wasser und schaute zu Jokelas Bootsanleger hinüber.
Jemand wimmerte. Kuhala sah sich um und erschrak vor einem näher kommenden Hundekopf. Bis zum Ufer war es fast einen halben Kilometer. Der Hund hatte mandelförmige braune Augen und einen ovalen Kopf, den ein drolliges, durch das Wasser etwas schlaffes Paar Ohren einrahmte.
Die Rasse war schwer zu raten, aber das Tier war eindeutig bestrebt, an Bord zu kommen. Je näher es kam, desto wehmütiger wurden die Laute, die es von sich gab. Kuhala hob das Ruder, damit der Hund nicht dagegen stieß. Er versuchte ihn zu beruhigen. Am Ufer beim Tierheim schwenkte ein Mann beide Arme.
»Zop, zop, zop, komm noch ein Stückchen näher. Warte, ich helf dir, keine Angst. Gleich bist du auf dem Trockenen«, redete Kuhala dem schwimmenden Tier gut zu.
Der Hund schrak vor Kuhalas weiträumigen Gleichgewichtsbewegungen und vom heftigen Kippeln des Bootes zurück und hielt es für besser, noch weiter auf den See hinauszuschwimmen. Kuhala bekam jedoch einen Riemen des Hundegeschirrs zu fassen und zog das Tier aus dem Wasser.
Es wog zwischen zehn und fünfzehn Kilo und war schwarzbraun, auch wenn ein nasses Fell nur schwer zu bestimmen ist.
»Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben. Wo wolltest du denn hin?«
Der
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