Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
schlechter Mensch. Und jetzt dieser Betrug. Wen hast du übers Ohr gehauen?«
»Es war ein Versuch.«
»Das ändert natürlich alles.«
»Eine alte Kuh aus Loviisa, weil sie mit ihrem Geld angegeben hatte. Die hat es einem ja praktisch aufgedrängt. Aber das ist lange her.«
»Du hast ein tolles Haus an teurer Stelle. Warum versuchst du jemanden zu betrügen?«
»Die Alte wollte es nicht anders. Und auf dem Haus liegt eine Hypothek, ehrlich gesagt.«
»Bist du in Jokelas Reihenhauswohnung gewesen?«
»Nein … oder doch, aber ungebeten.«
»Zum Klauen?«
»Nein, verdammt, und ohne Einladung des Hausherrn. Ich war mal da, um mit Helena rumzumachen, als der Alte auf Reisen war. Der ist knallhart. Ein gnadenloser Frauenverprügler. Das sieht man schon an den Fotos da.«
Der Gast am Tresen fing an, mit wehmütigem Bariton von einem Fuhrmann zu singen, der im peitschenden Regen einen Prospekt entlangrumpelt. Es handelte sich eventuell um eine Operettenkomposition, die Melodie sorgte für einen melancholischen Unterton in der müden Atmosphäre. Ob es auf der Welt vergessenere Winkel gab als dieses Trabantenstadtlokal?
»Kaarakainen, halt die Schnauze!«, rief jemand aus der Küche. »Noch eine Strophe, und du kriegst ein halbes Jahr Hausverbot!«
Kaarakainen wägte die Sanktion fünfzehn Sekunden lang ab oder vergaß sie einfach, dann schmetterte er: »Mein Pferdchen, mein Gefährte, wie kann es nur geschehn, dass die Jahre, die sich ziehen, dann doch so schnell vergehn …«
Man hörte gedämpfte Flüche, ein Poltern und ein Klirren, als wäre Kaarakainen beim Hinausfliegen mit dem Kopf gegen einen Stahlträger gestoßen und hätte dabei die Glastür eingetreten. Der Zwischenfall bot Vikman eine Atempause.
»Kennst du den Gefräßigen, Make Honka?«, fragte Kuhala.
»Nein. Nur aus der Zeitung, wo der Name in einem Artikel erwähnt wurde. Von dir war in dem Zusammenhang auch die Rede. Komisches Feuerwerk.«
»Nicht wahr? Du bist gesehen worden, wie du mit einem blauen Neunzigerjahre-Nissan in Savipelto rumgegurkt bist, genau zu der Zeit, als es dort geknallt hat und der Gefräßige in Atome zerlegt worden ist. Und ich fast auch.«
Für seinen Gesichtsausdruck hätte Vikman ein Top-engagement am Nationaltheater bekommen. Er ließ die Augen hervorquellen und warf sich gegen die Rückenlehne, als wäre die Tagesproduktion des Atomkraftwerks Olkiluoto durch seinen Körper gejagt worden. Seine Hand zeichnete ein katatonisches Polygon in die Luft, und dem Mund entwich ein Schwall zigarettenherbe Luft. »Das ist eine Scheißlüge! Da hat jemand Gespenster gesehen.«
Kuhala musterte Vikman, der versuchte, sich von seinem Schock zu erholen. Wo war nur seine Bräune geblieben? War das überhaupt der Berufssoldat mit dem festen Willen, der am Ufer des Tuomijärvi wohnte? Er hatte sein drittes Bier bis auf den Restschaum kleingekriegt und dabei zum Andicken den einen oder anderen Schuss Jägermeister aus der mitgebrachten Taschenflasche hinzugegeben.
»Du hast den Nissan an der Teboil-Tankstelle in Savipelto zur Probefahrt abgeholt. Der Eigentümer konnte sich an deinen Namen erinnern.«
»Lüge. Ich war noch nie in Savipelto.«
»Und du hast dich auch noch nie mit Helena Jokela getroffen.«
»Ich schwöre es.«
»Deine Schwüre gefallen mir nicht.«
Vikman packte Kuhala mit feuchter Hand am Arm und appellierte an ihn. »Jemand hat sich für mich ausgegeben. Wie sah er aus? So wie ich, oder wie?«
Kuhala schob Vikmans Hand weg, die einkehrende Stille machte das Jaulen der Alarmanlage auf dem Parkplatz hörbar. »Wie du. Beziehungsweise nicht so, wie du jetzt aussiehst.«
Vikman fuhr zusammen und biss sich auf die Lippe. Er hatte nicht geschlafen und nichts gegessen, war vermutlich in seinem Versteck ständig hin- und hergegangen und hatte zwischendurch sein gelbsüchtiges Gesicht im Vorhangspalt der Sonne ausgesetzt.
»Hast du auf dem Balkan gelernt, wie man Bomben legt?«
»Ich müsste in Behandlung, bei mir ist langsam Finale. Was ist das für ein Arschloch, das mir sämtliche Verbrechen anhängt, die in diesem Scheißkaff begangen werden?«
»Du hast von den knallharten Gesichtern auf den Fotos in Eero Jokelas Wohnung gesprochen. Ich habe auch Fotos gesehen, und die waren richtig schrecklich.«
Kuhala stand auf und beugte sich zu Vikman hinab. Dieser wich zurück, als rechnete er mit dem Gnadenstoß. Die beiden Männer, die da in dramatischer Haltung erstarrten, erinnerten an ein klassisches
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