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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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gesprungen zu sein, worauf ihm ein Schauder über den Rücken lief: Damals hatte bis zum Tod nicht viel gefehlt.
    Er verscheuchte die Erinnerung mit einem Kognak und holte Tatu und Sari ein.
    »Mit wem hast du da geredet?«
    »Mit einem sympathischen jungen Mann. Formt Sand. Zuletzt war er am Badestrand vom Tuomiojärvi aktiv.«
    »Ist da nicht kürzlich eine tote Frau gefunden worden?«, fragte Sari.
    Kuhala nickte, das Akkordeon legte wieder los und erhielt als Begleitung das Jammern einer Synthesizergeige, das die Birkenzweige zum Erzittern brachte. Das Publikum auf der Hangtribüne brach in lauten, von feuchten Kehlen befeuerten Applaus aus, der seltsam echolos über dem See verhallte.
    »Ich hab den Typen schon mal irgendwo gesehen«, sagte Tatu.
    »Wen? Jeri, hierher!«
    »Den Sandbildhauer. Ich weiß nur nicht mehr, wo.«
    »Er ist ja ungefähr in deinem Alter. O Mann, das Johannisfeuer wird ja ein Loch ins Firmament brennen«, begeisterte sich Kuhala.
    Der sechs Meter aufragende Scheiterhaufen hatte einen gewaltigen Durchmesser und erfüllte leicht die Phantasien auch anspruchsvoller Pyromanen. In seinen Flammen wäre man auf einen Schlag leicht sämtliche zuverlässigen Telefonweissager der Provinz losgeworden. Offensichtlich waren hier nicht nur palettenweise Baustellenabfall, sondern auch traditionelle Bootskadaver zusammengetragen worden.
    Die Leute bewunderten die Konstruktion und malten sich die bevorstehende Stimmung im Feuerschein aus. In vielen Gesichtern hatte sich bereits die nicht nur mit Wasser begossene Freude über den baldigen Sommerurlaub eingenistet. Dann würden die beim Reihentanz des Alltags malträtierten Hühneraugen endlich einmal aufhören zu schmerzen, und sei es für kurze Zeit. Das Sommertheaterpublikum strömte zur Feuerstelle, am See kamen aus beiden Richtungen weitere Leute hinzu.
    Kuhala rief Jeri und setzte sich am Ufer auf einen Stein. »Das ist ein guter Platz. Geh nicht näher ran, Jeri, damit du dir nicht den Pelz verbrennst.«
    Tatu und Sari standen Arm in Arm am Rand des Fahrradwegs. Sie winkten Kuhala zu, als der sich zu ihnen umdrehte. Der Akkordeonspieler stiefelte in seiner Tracht zu den Feuermeistern und schien ihnen die Liederliste zuzuflüstern. Das erste Stück, der Sommernachtswalzer, erwies der Tradition die Ehre und versetzte so manch einen – auch Kuhala – in Wehmut. Die Liebenden drückten sich enger aneinander.
    Mit einem Wusch loderten die zuvor mit Brandbeschleuniger befeuchteten Zweige auf, und schon schlugen die Flammen in die Höhe. Die Betrunkenen juchzten, auf dem Deck eines Wasserbusses wurde gegrölt. Jeri erschrak dermaßen vor der Wucht der Flammen, dass er Kuhala auf den Schoß kroch. Kuhala beruhigte seinen Freund mit einigen besänftigenden Worten und einer dicken Scheibe Wurst. »Hast du noch nie ein Johannisfeuer gesehen?«
    Die Hitze wirbelte Glut in die Luft, die zischend erlosch, wenn sie im Schilf landete.
    »Papa.«
    »Ja?«
    »Da drüben sind Leute, die ich aus dem Gymnasium kenne. Wir gehen mal zu denen. Du bleibst hier, oder?«
    Kuhala lächelte und meinte, er komme schon zurecht. »Zumal ich ja den Hund habe, der mich führt. Hier sind die Wohnungsschlüssel. Ich schlafe im Büro und bleibe wahrscheinlich gar nicht lange auf. Viel Spaß! Im Kühlschrank ist Bier, falls nötig. Was zu essen ist auch da, it’s all yours.«
    »Steht in deinem Büro überhaupt ein Bett?«
    Kuhala hob den Daumen zum Zeichen, dass alles gut war. Tatu schaute seinen Vater an, als blicke er in die Zukunft, in der sein Vater mit dem Rollator über den Gang des Altersheims schlurft und nur ein einziges Problem zu lösen hat: Wo ist das Klo?
    Kuhala spürte den Blick seines Sohnes, drehte sich zu ihm um und grinste. »Bist du immer noch da? Ach ja, hier hast du noch einen Fünfziger. Kauf deiner schönen Freundin eine Johannisrose. Und hier noch fünfzig extra. Vergiss nicht, dass ich in der Form meines Lebens bin. Aber jetzt geh, bevor ich mein restliches Geld auch noch verteile!«
    Tatu lächelte und schob die Scheine in sein flaches Studentenportemonnaie. Dann kraulte er Jeri im Nacken. »Bis morgen.«
    Kuhala nahm einen Schluck aus dem Flachmann, Jeri trank aus dem See. Von der Hitze glühten die Wangen, man musste weiter vom Feuer weggehen. Ein Trinker schälte sich vor Begeisterung über die Mittsommerrituale aus den Kleidern und watete an der Stelle in den See, wo sich die gewaltigen Flammen spiegelten. Einen Moment lang sah es so aus, als habe der

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