Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
selbst nicht kenne. Das Todesjahr stimmt.«
»Wir haben sie geschätzt.«
»Wer wir?«
»Unser Team.«
»Mein lieber Herr Gesangsverein! Aber schon gut, sieht klasse aus.«
Kane fragte Kuhala, ob er je auf die Idee gekommen sei, wie sehr es einen Friedhofsbesucher ärgern kann, einen Stein zu sehen, auf dem Geburts- oder Todesjahr fehlt. »Oder sogar beide. Das gilt auch für den Haustierfriedhof. Vor diesem Stein hier wird niemand Verdruss empfinden.«
Grob gerechnet hatten die Geckos dreiundsechzig Jahre gelebt, und grob gedacht kam Kuhala das verdammt übertrieben vor, aber womöglich verfügte Kanes Altersbestimmungsteam über wissenschaftliche Informationen.
Draußen hörte man einen Motor aufheulen. Der Koch kam mit der dampfenden Pfanne durch die Schwingtür geschossen und nietete sie nebem dem Grabstein auf den Tisch. Dann richtete er seine Mütze und breitete vor Jeri ein Handtuch aus, auf dem ein saftiger Knochen zum Vorschein kam.
»Großartiger Service! Ich hätte gern noch ein Bier.«
»Kommt.«
Im Hinterhof hörte man ein anderes, dumpferes Motorknurren. Es überlagerte Jeris Schmatzen. Kuhala führte mit dem Pinzettengriff aus Zeigefinger und Daumen das einzige Grün der Essensportion zum Mund, den Petersilienzweig auf dem Spiegelei. Anschließend kam er zur eigentlichen Sache: Er stieß die Gabel in den herrlich goldbraunen Kartoffelhaufen und in die Rindfleischstreifen.
Perttu Kane schätzte, dass für den Grabstein des Ebers von Lahti eine halbe Tonne Granit zu veranschlagen wäre. »Der Kunde wünscht sich einen Stein in Ringelschwanzform, aber wenn der noch vor dem Winter fertig werden soll, muss ständig in drei Schichten daran gearbeitet werden. Hast du dich je gefragt, wie ein fünfhundert Kilo schwerer Granitringelschwanz aussieht? Und wie er am Sockel befestigt wird? Das verlangt Kompetenz.«
Das Bier, das Kuhala bestellt hatte, landete auf dem Tisch. Er bedankte sich und blickte nach schräg oben. Und ließ die Gabel mit den aufgespießten Bratkartoffeln auf den Tellerrand sinken.
Der Frontmann des Motorradklubs Muddyfield aus Savipelto stand samt Halstuch neben dem Tisch. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den man nicht gerade als Wiedersehensfreude interpretieren konnte. Er hatte Kuhala das Bier gebracht, obwohl er sicherlich nicht als Aushilfe in der Kneipe arbeitete. Er trug schwarzes Leder, das Tuch war rot, und seine lächelfreie Härte wurde durch den Lauf einer Achtunddreißiger, die auf Kuhalas Brust gerichtet war, noch betont. »Grüß dich, Kuhala. Man findet dich nicht so leicht, aber jetzt ist es Zeit, dass wir quitt werden. Wenn der Hund Zicken macht, stirbt er zuerst.«
Jeri hatte den Knochen geschnappt und sich mit gefletschten Zähnen in den Schutz von Perttu Kanes Schuhen Größe 53 zurückgezogen. Am Eingang standen zwei Rocker, die Hände in die Hüften gestützt und ebenfalls mit rotem Halstuch, und als Kuhala in der Hoffnung auf einen Fluchtweg zur Hintertür blickte, sah er dort ebenfalls eine zweiköpfige Lederjackenformation.
»Scheiße«, stöhnte er und starrte den Anführer ungläubig an.
Vor dem Duo an der Hintertür stand der kleine Kaarlo aus der Vaasankatu, mit dem Kuhala Fußball gespielt hatte. Der Junge aß ein Eis, aber er sah ratlos und ängstlich aus, seine Schnürsenkel waren wieder offen.
»Wir haben den kleinen Kerl mitgenommen, weil du nicht da warst. Es wird ihm nichts passieren, solange du keinen Scheiß machst.«
»Ihr Arschlöcher. Ihr armseligen Figuren. Lasst den Jungen sofort gehen! Ich komme auch so mit.«
»Na, na … und was für ein Stein wird hier eigentlich angebetet?«
Plötzlich schleuderte der Rockerpräsident Inkeris und Hytönens Grabstein mit voller Wucht gegen die Boxbilder an der Wand. Es krachte und klirrte, Kaarlo fing an zu weinen, Jeri bellte.
»Steh auf, Kuhala! Und du bleibst sitzen, wenn du kein Loch in den Kopf bekommen willst«, sagte der Rocker zu Kane.
Jeri erhöhte die Lautstärke seines Protests, begriff aber, dass die Situation auch für seinen Knochen gefährlich war, und beschloss, bis zuletzt darum zu kämpfen. Kanes Hände ruhten unter dem Tisch, sein Blick war den Umständen entsprechend ruhig und wich dem Rocker nicht aus. Dieser schnappte sich mit bloßer Hand ein Stück Rindfleisch von Kuhalas Portion und warf die Pfanne dann zum Tresen, wo wie gelähmt der Koch stand. Wieder krachte es. Kleistrig vom Eiweiß rutschte die Kartoffelmasse an der Tresenverblendung herab.
Der Rockerboss
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