Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
aufzuklären. Irgendwas ist faul. Ich habe mehr potenzielle Mörder auf meiner Liste stehen, als eigentlich draufpassen.«
Raatikainen wurde ernst und riet Kuhala, vorsichtig zu sein. »Du bist doch gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen, und jetzt zerreißt du dich schon wieder.«
»Ich hab ein paar Tage stürmischen Urlaub im Hinterland von Saarijärvi gehabt. Willst du mehr hören?«
»Du kannst mich mal …«
»Nichts ist besser, als in der Sommernacht im See zu schwimmen, und zwar mit seiner …«
Ratsku hatte aufgelegt. Die Frau in der weißen Jeans rollte an Kuhala vorbei und schenkte ihm ein weiteres Lächeln. Kuhala erwiderte es und dachte, dass doch nichts über einen anständigen Flirt geht. Das Handy klingelte, noch bevor er die Kupplung kommen lassen und den Blick vom weiß verhüllten Hintern abwenden konnte.
Es war Annukka. Sie bedankte sich für Kuhalas Mail und sagte, sie liebe ihn. »Wo bist du, mein Schatz?«
»Auf der Straße. Ich habe gerade einer Fahrrad fahrenden Person die Vorfahrt gewährt, worauf wir ein Sommerlächeln getauscht haben.«
»Du geiler Bock!«
»Woher weißt du, dass es eine Frau war?«
»Das höre ich an deiner Stimme.«
»Und wie klingt die?«
»Schokoladig, und wenn du in den Spiegel guckst, siehst du außer einem gewissen Schalk eine leicht ölige Schicht. So einer bist du.«
Kuhala behauptete, der Schokoladenanteil in seiner Stimme sei einzig und allein die Schuld von Annukkas Anruf. »Nein, das Verdienst. Öl und Schalk bleiben. Immer wenn ich an dich denke, schalkt und strahlt es bei mir. Und ich denke ja immer an dich, weil du so eine bist, Frau Maaheimo.«
Annukkas Lachen brachte Kuhala die zauberhaften, aber viel zu schnell vergangenen Momente im Ferienhäuschen in Erinnerung. Dann versuchte er, seine Sehnsucht zu schlucken, und erzählte Annukka von Kai Vikmans letzten Stunden. »Ich weiß nicht, was der Mann alles mit ins Grab nimmt, aber wird man das je herausfinden?«
Annukka wurde ernst. »In unseren Registern habe ich nichts über ihn gefunden. Es könnte dich aber interessieren, dass im internen Verteiler der Polizei ziemlich zuverlässige Beschreibungen der Person zirkulieren, die Antikainens Passat zum Silja-Line-Terminal gefahren hat. Sie stammen von einem Tankstellenbetreiber in Orivesi und von einem Mann, der in Hartola direkt an der Durchgangsstraße wohnt.«
»Was hat es für einen Sinn, über Orivesi und Hartola nach Helsinki zu fahren?«
»Wenn man das wüsste. Sommerliches Cruisen, Täuschung der Polizei? Braun gebrannter Mann mit Mütze. Über zwanzig Jahre alt, aber noch keine dreißig, und laut beiden Aussagen war er ziemlich ruhig.«
»Passt nicht auf Vikman. In keiner Hinsicht, auch in der Kneipe benahm er sich auffallend unruhig. Was hatte der Mann mit dem Einwohner in Hartola zu schaffen?«
»Sie hatten an der Tankstelle ein paar Worte über den Benzinpreis gewechselt. Mehr nicht. Die Kleidung verspricht keine Wunder: blaue Jeans, eine Art Basketballschuhe – also keine Sneakers – und ein gelbes T-Shirt, möglicherweise mit dem Namen oder dem Logo einer Band. Aber welcher Band, weiß man nicht.«
Kuhala bedankte sich für die Information und äußerte die Vermutung, dass die Klamotten im Johannisfeuer verbrannt worden waren. »Und rat mal, was die Gummisohlen der Schuhe gestunken haben!«
»Das ist möglich, alles ist möglich. Auch wenn ich in dem Fall nicht ermittle, glaube ich, dass beide Augenzeugen am Phantom-Photoshop ran dürfen. Damit sind schon großartige Ergebnisse erzielt worden.«
»Phantom-Photoshop?«
»Das ist ein Bildbearbeitungsprogramm, das auf der Basis von Personenbeschreibungen funktioniert und Elemente von Fuzzilogic enthält. Frag mich nicht wie und was.«
»Da wir schon mal über die Arbeit reden – könntest du mal nachsehen, ob ihr was über einen Mann namens Eero Meltaus habt? Ich weiß, du darfst solche Sachen nicht verraten, aber ich weiß auch, dass du für mich alles tun würdest, meine Süße.«
»Eingebildet bist du gar nicht. Ich sag dir Bescheid, wenn es was gibt.«
»Du bist ein Schatz.«
Wehmütig fuhr Kuhala in den Hof seiner Detektei und trottete von da mit Jeri zum Mittagessen in Max Kuukunens Haudegen.
29
27. Juni Es ging auf halb zwei zu. Max’ Antrag auf eine Freischankfläche schien durchgegangen zu sein: Er hatte seinen Betrieb um drei dicht gedrängte Tische im Freien erweitert. Es gab neun Plätze, alle waren von gemütlich lächelnden Urlaubern besetzt. Das
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