Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Lotosblatt.«
»Du meinst also, Vinzenz war zu abgeklärt, als dass es zwischen ihm und Franz zu ernsten Meinungsverschiedenheiten gekommen wäre?«
»Bis auf die Tatsache, dass Teschke gerne stänkerte«, sagte Schmidt zögernd. »Er hat immer wieder Witze über den schönen Jan und den schöngeistigen Vinzenz gemacht.«
»Du meinst, er hat öffentlich darüber spekuliert, ob die beiden mehr als nur Angelfreunde sind?«, fragte Pippa ungläubig. »Das hätte ich eher Achim Schwätzer zugetraut.«
»Na ja«, Schmidt rutschte verlegen auf seinem Stuhl herum, »Jan und Vinzenz sind die Einzigen, die für Tattis Reize unempfänglich sind, obwohl sie keinen eigenen Anhang haben. Das führte zu Spekulationen, die Franz liebend gerne in die Runde warf. Und nicht nur er – Blasko hat sich auch nicht gerade zurückgehalten.«
»Männergeschwätz auf Stammtischniveau unterscheidet sich eben auch nicht von Frauentratsch«, sagte Pippa.
»Mich haben die ewigen Sticheleien genervt«, gab Schmidt zu, »aber Vinzenz lässt so etwas unbeeindruckt. Für den ist jeder Mensch einfach ein linguistisches Studienobjekt. Immerhin ist er Sprachwissenschaftler.«
»Wenn Vinzenz mir auch noch so sympathisch ist – er ist der Einzige, der ein Zelt für sich allein hat. Er hätte sich besonders leicht und unbemerkt an den Kühlwagen schleichen können, um das Holzstück herauszunehmen.«
»Und er war einer der Letzten, der in seinem Zelt verschwand. Nach unserer Feier am Lagerfeuer haben er und Bruno den Aufräumdienst übernommen. Beide haben mir unabhängig voneinander versichert, dass alle längst im Bett lagen, als sie endlich fertig waren.«
Pippa hob den Finger. »Alle bis auf Gerald.«
Der zu der Zeit noch einen unschönen Disput mit Tatjana hatte, dachte sie. Für die beiden bin dann wohl ich das Alibi – jedenfalls bis zu diesem Moment.
»Gerald sagt, dass im Lager kein Licht mehr brannte und alle schliefen, als er kam«, murmelte Schmidt beim Schreiben.
»Da wir gerade bei Gerald sind: Wie stand der große Vorsitzende zu Teschke?«
Schmidt zuckte mit den Achseln und sah stur auf das Blatt vor ihm. »Wir haben ja schon einmal darüber gesprochen: Gerald hat sich in letzter Zeit sehr verändert. Ich kann dir noch nicht einmal sagen, wie er zu Tatti steht. Ich verstehe die Beziehung der beiden einfach nicht mehr – falls man sie überhaupt noch so nennen darf. Du hättest die zwei früher sehen sollen; sie waren ein Herz und eine Seele. Sonst hätte ich mich nicht so zurückgehalten. Das kannst du mir glauben.«
Jetzt bist du aber schnell vom eigentlichen Thema abgekommen, Wolle, dachte Pippa. Tatjana muss dir wirklich sehr am Herzen liegen.
»Apropos Tatjana«, sagte sie, »hast du schon mit ihr gesprochen?«
Schmidts Kopf schoss ruckartig hoch. »Wie? Was meinst du? Worüber?«
»Mein Malheur mit Geralds Smartphone natürlich.«
Er nickte erleichtert. »Ach so, klar.«
Pippa hatte das Gefühl, dass Schmidt bei ihrer Frage an etwas ganz anderes gedacht hatte und etwas vor ihr verbarg. Hatte er sich Tatjana gegenüber womöglich offenbart?
»Und?«, fragte sie. »Wie hat sie reagiert?«
»Sie meinte nur, dass man ohne sein Handy wieder sehen könne, wie schön seine Ohren sind. Sie hat sich den Wortlaut der Nachricht aufgeschrieben und versprochen, Gerald den Verlust schonend beizubringen.«
»Besser sie als ich.«
Schmidt hatte sich wieder gefangen. »Als ich bei Tatti war, habe ich übrigens eindrucksvoll mitbekommen, wie dünn die Wände des Vent Fou sind.« Er grinste breit. »Man konnte Lothar und Sissi streiten hören. Diese Wände verschaffen ihnen auch gleichzeitig ein Alibi.«
»Was macht dich da so sicher?«
»Tatti erzählte, dass Streit bei den beiden ungewöhnlich ist. Sonst verbringen sie eher romantische Stunden miteinander. Auch nach dem Riesenkarpfen sollen die beiden … nachtaktiv gewesen sein. Man könnte direkt neidisch werden.«
Pippa lachte und übernahm es, das Alibi des Ehepaares Edelmuth aufzuschreiben. »Bei aller Romantik – hegten unsere Frischvermählten vielleicht irgendeinen Groll gegen Teschke?«
Schmidt schüttelte vehement den Kopf. »Sissi ist nur am Angeln und an Lothar interessiert.«
»Und zu Lothars Missfallen zunehmend in dieser Reihenfolge«, gab Pippa zurück.
Schmidt verzog kurz das Gesicht und sagte: »Lothar ist durch Teschke überhaupt erst zum Angeln gekommen. Und weil Franz ihn mit den Kiemenkerlen zusammengebracht hat, war er dankbar und hat sich
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