Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
köstliche Variante.«
Unvermittelt beschleunigte Régine, um einen Lastwagen zu überholen, und Pippa konnte sich gerade noch festklammern. Der Motor der Vespa röhrte protestierend, und Pippa war gezwungen, ihre nächste Frage in höchster Lautstärke zu brüllen.
»Wie ist Pascal eigentlich ins Vent Fou gekommen? So eine attraktive Lebensstellung steht doch bestimmt nicht einfach in der Hotel- und Gaststättenzeitung?«
Sie zogen am Lastwagen vorbei, und Régine scherte mit kühnem Schwung vor ihm ein und verlangsamte das Tempo wieder.
»Lisette und Ferdinand suchten einen Nachfolger, der gut kochen kann, den Chantilly akzeptiert und der möglichst aus ihrer Heimat stammt«, antwortete sie. »Das alles trifft auf Pascal zu. Deshalb habe ich ihn empfohlen.«
Pippa dachte, sie hätte sich verhört, und fragte verblüfft: » Sie haben ihn empfohlen? Ja, kennen Sie Pascal denn schon länger?«
»Er hat öfter bei mir Urlaub gemacht. Immer, wenn er gemeinsam mit einem Freund die Weingüter der Cabardès bereiste. Bei diesen Gelegenheiten haben wir häufig zusammen gekocht. Er ist ein Meister.« Sie lachte herzlich. »Wenn er tut, was ich sage!«
Régine konzentrierte sich auf den Verkehr an einer Kreuzung und gab Pippa so Gelegenheit, das Gehörte zu verdauen. Als sie weiterfuhren, sagte Pippa vorsichtig: »Sie sind doch mit Cateline befreundet. War es da kein Problem, dass ausgerechnet Sie den Legrands einen Konkurrenten um das Vent Fou vorgeschlagen haben?«
Régine zögerte einen Moment mit ihrer Antwort. Dann sagte sie: »Ich habe einen Koch vorgeschlagen – keinen Konkurrenten. Früher oder später wird sie das begreifen.«
»Also wissen Sie nichts über sein Vorleben? Cateline hat Ihnen nichts gesagt?«
Sie hatten den Bahnhof erreicht. Régine bog schwungvoll auf den Vorplatz ein, bremste und nahm ihren Helm ab. Sie drehte sich zu Pippa um und sah sie ernst an.
»Sein Vorleben? Die Vergangenheit interessiert mich nicht. Viel zu viele Leute leben immer im Rückblick statt in Rück sicht anderen gegenüber. Ich nicht. Ich will nicht wissen, welche Suppe er sich früher einmal eingebrockt hat. Ich will essen, was er heute kocht.«
Pippa nickte nachdenklich. Das war eine der nettesten Zurechtweisungen, die sie je bekommen hatte. Und sie war fest entschlossen, sie sich zu merken und danach zu handeln.
Als sie auf den Bahnsteig traten, wurde die Einfahrt des Zuges über die Lautsprecher bereits angekündigt. Sie sahen sich um, konnten aber unter den wenigen wartenden Reisenden kein bekanntes Gesicht entdecken.
»Haben Sie alle Unterlagen, die ich Ihnen gegeben habe?«, fragte Régine fürsorglich.
Pippa klopfte auf ihre Umhängetasche und zählte auf: »Stadtplan, Eintrittskarte, Kleingeld, frisches Taschentuch und ein Regenschirm.«
»Den werden Sie auch brauchen«, sagte Régine nach einem prüfenden Blick zum Himmel. Dann sah sie auf die Bahnhofsuhr. »Aber erst ab 17 Uhr, vorher nicht. Den Tag über werden Sie wunderbares Wetter haben.«
Pippa sah nichts als wolkenlosen, strahlend blauen Himmel und wunderte sich einmal mehr über die Fähigkeiten der einheimischen Bevölkerung, unsichtbare Vorboten für Regen zu erkennen.
Der Zug fuhr ein und hielt mit kreischenden Bremsen. Régine schrie gegen den Lärm an: »Nicht vergessen: um 18 Uhr am Flughafen! Mit der Maschine aus Frankfurt kommen Gäste von mir an, und Sie benutzen mit ihnen den Transfer zurück zum Paradies.«
»Wie erkenne ich den Fahrer?«
»Keine Angst – das werden Sie. Oder besser: Er wird Sie erkennen und Sie alle sicher zu mir bringen.«
Herrlich, dachte Pippa, ich muss mich um rein gar nichts kümmern – alles ist perfekt organisiert. Sogar die Rückfahrt nach Chantilly!
»Kein Wunder, dass Ihre Gäste immer zu Ihnen zurückkommen – so wie Sie für uns sorgen«, sagte sie dankbar.
Ein Signal ertönte, gefolgt von der Aufforderung, einzusteigen und die Türen zu schließen.
Régine, die vor Freude über das Kompliment tief errötet war, schob Pippa in den Zug. »Und jetzt ab mit Ihnen – genießen Sie unsere Hauptstadt.«
Während der Bahnfahrt starrte Pippa aus dem Fenster, ohne viel von der Landschaft wahrzunehmen. Das Gespräch mit Régine vom Vorabend ließ sie nicht los. Hatte Wolfgang tatsächlich etwas zu verbergen?
Warum bin ich nicht auf die Idee gekommen, ihn zu fragen, wieso er sich von der französischen Polizei so leicht hat abspeisen lassen?, dachte sie verwirrt. Was soll nicht herauskommen? Hat
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