Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
homme très charmant, n’est-ce pas? «
Sie beugte sich vor und kniff ihrer Freundin auf dem Beifahrersitz sanft in die Wange, woraufhin diese tief errötete und angestrengt aus dem Seitenfenster spähte.
Pippa war für einen Moment wie versteinert. Dann fragte sie verstört: »Tisserand? Wieso Monsieur Tisserand?«
Frau Keller lachte amüsiert. »Nur ein kleines Wortspiel. Eigentlich heißt unser Weinhändler Weber, Jan-Alex Weber.«
Frau Auerbach drehte sich nach hinten um. »Und im Französischen heißt Weber nun mal …«
Pippa schluckte und vollendete: »Tisserand!«
Kapitel 25
W illkommen!«, rief Régine-Deux herzlich. Sie stand in der Tür ihrer Pension und strahlte, als sie ihre Gäste in Empfang nahm.
»Ich hoffe, Sie haben Hunger mitgebracht! Seit sieben Stunden bereitet sich ein echtes Cassoulet auf Ihre Ankunft vor.«
Die beiden Damen aus Berlin schienen kein Bedürfnis zu haben, sich nach der Reise erst einmal frisch zu machen, sondern steuerten auf diese Ankündigung hin sofort begeistert den Wintergarten an.
Pippa zögerte. Viel lieber wäre sie auf ihr Zimmer gegangen, um Wolfgang Schmidt anzurufen und mit ihm die elektrisierenden Neuigkeiten zu diskutieren. Was würde er sagen, wenn er erfuhr, dass Tisserand, der Maler, in Wirklichkeit sein Kiemenkerl-Kollege Weber sein sollte? Welchen Grund konnte es geben, sich als jemand anders auszugeben? Gab es Streit? Oder hatte es etwas mit Vinzenz zu tun? Immerhin hatten diese beiden sich häufiger allein getroffen. Sollte in der Pärchen-Theorie doch ein Körnchen Wahrheit stecken?
Régine-Deux zog angesichts Pippas Zögern drohend die Augenbrauen zusammen. »Sie wollen doch jetzt nicht kneifen? Kommt überhaupt nicht in Frage, meine Liebe. Mein Cassoulet wartet auf Lob aus Ihrem Mund.«
Pippas Magen knurrte unüberhörbare Zustimmung, und sie entschied, das gemeinsame Essen mit den Damen Auerbach und Keller unauffällig für weitere Recherchen zu nutzen.
Sie setzte sich zu den beiden an den Tisch und sagte: »Dieser nette Weinhändler, den Sie erwähnt haben, wo finde ich den? Ich würde gern Kontakt zu ihm aufnehmen, damit ich nach meiner Rückkehr aus den Montagne Noire nicht auf Blanquette verzichten muss. Mit dieser leckeren Entdeckung möchte ich mit meiner Familie auf meinen Geburtstag anstoßen.«
»Seine Weinhandlung ist in der Kantstraße in Charlottenburg, nicht weit vom Savignyplatz. Ganz leicht zu finden«, erklärte Frau Keller.
»Sie müssen unbedingt hingehen«, fügte Frau Auerbach eifrig hinzu, »Sie können dort sämtliche Weine probieren, Herr Weber berät hervorragend und erfüllt Sonderwünsche, ganz gleich, wie exotisch sie auch sein mögen. Es gibt viele Winzer hier aus der Gegend, die nur ihn beliefern und die er immer wieder besucht. Dadurch kann er beste Qualität garantieren.«
Während die beiden in den höchsten Tönen das Loblied ihres Weinhändlers sangen, hörte Pippa nur mit halbem Ohr zu. Ihre Gedanken beschäftigten sich weiter mit der vermeintlich doppelten Identität Tisserands. Warum verkleidete Weber sich als Tisserand – oder war es in Wirklichkeit umgekehrt? Am liebsten hätte sie sofort Karin angerufen oder, noch besser, ihren Bruder Freddy. Dieses Geheimnis würde den Polizisten in ihm interessieren. Er könnte auch mühelos herausfinden, ob Weber zurzeit in Berlin hinter dem Tresen stand und unter welchem Namen der Mann wo gemeldet war.
»Aber Sie essen ja gar nicht, Pippa! Schmeckt es Ihnen nicht?«, erklang die Stimme der Wirtin direkt neben ihr.
Pippa schreckte aus ihren Gedanken auf und merkte erst jetzt, dass sie schon seit geraumer Zeit auf die braune Tonschale starrte, in der Régine das Cassoulet serviert hatte. Endlich nahm Pippa auch den deftigen Geruch wahr, der ihr aus der Schale in die Nase stieg. Der Eintopf bestand aus weißen Bohnen, Landwurst, durchwachsenem Speck, Gänsefleisch, Kräutern und jeder Menge Knoblauch – genau das Richtige bei diesem unwirtlichen Wetter. Pippa begann schnell zu essen, bevor die strenge Wirtin noch auf die Idee kam, sie zu füttern.
Régine hatte nicht zu viel versprochen – das Cassoulet war ein Gaumenschmaus. Mit großem Eifer wurden die Schüsseln geleert, was ihre Gastgeberin zufrieden zur Kenntnis nahm. Sie war gerade auf dem Weg in die Küche, um Nachschlag für alle zu holen, als die Bewegungsmelder in der Einfahrt aktiviert wurden und die Lampen angingen. Gleich darauf klingelte es an der Haustür, und Régine ging, um zu
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