Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
diskutierte, hob Leo sein Glas und blickte ihr ernst in die Augen. Dann prostete er ihr zu und nickte. Pippa atmete auf. Er hatte verstanden.
Das Cassoulet war zu Régines Zufriedenheit restlos verputzt worden, und Frau Auerbach und Frau Keller erklärten, jetzt die nötige Bettschwere zu haben. Leo bekam von der sichtlich müden Tatjana einen Kuss auf die Wange, dann begleitete Régine ihre Gäste nach oben zu den Zimmern. Pippa und Leo blieben am Tisch zurück.
»Wann fährst du nach Hause?«, fragte Pippa.
Leo seufzte und drehte sein Glas in den Händen. »Du bestimmst. Wann soll ich fahren?«
»Nach dem Abschiedsessen mit mir, schlage ich vor.«
Leos Augen weiteten sich hoffnungsvoll, aber Pippa schüttelte lächelnd den Kopf. »… und mit den Kiemenkerlen. Morgen Abend. 20 Uhr. Vent Fou.«
Als Leo sich verabschiedet hatte, ging Pippa zu Régine, die in der Küche das Geschirr in die Spülmaschine räumte. Pippa bat sie, ein Gespräch mit Berlin führen zu dürfen. Die Wirtin drückte ihr ein schnurloses Telefon in die Hand und schob sie zurück in den Wintergarten.
Karin nahm sofort ab, und Pippa schwärmte vom schönen Tag in Toulouse und vom Treffen mit Abel. Dann berichtete sie von Leos Auftauchen in weiblicher Begleitung. Es dauerte eine Weile, bis ihr auffiel, dass Karin überhaupt nicht auf die Tatsache reagierte, dass die Scheidung endlich auch für ihn beschlossene Sache war. Kein einziger bissiger Kommentar zu Leo war bei ihr extrem ungewöhnlich.
»Was ist los mit dir – bist du geistig abwesend? Hast du gar nichts zu diesem Tag zu sagen?«
»Allerdings habe ich das«, gab Karin zurück. »Wieso hatte Abel zwei Gläser dabei?«
»Was … wie meinst du das?«, stotterte Pippa verdattert, aber Karin antwortete nicht.
Pippa fühlte einen kleinen Stich der Enttäuschung bei dem Gedanken, dass Abel auf ein romantisches Picknick mit jemand anderem gehofft hatte.
»Er war doch zum ersten Mal in Toulouse und kannte dort niemanden.« Sie schluckte.
»Außer Tatjana – die ihn dann mit Leo versetzt hat«, trumpfte Karin auf.
»Unsinn«, sagte Pippa, »aber wenn du schon derartig ermittlerisches Gespür entwickelst, habe ich eine schöne Aufgabe für dich.«
Sie bat die Freundin, zu Webers Weinhandlung zu gehen und dort unauffällig die Lage zu sondieren. »Tust du mir den Gefallen, Karin? Du kannst dich doch einfach als Kundin ausgeben.«
»Falls er da ist!«, antwortete Karin.
»Ganz genau! Falls er da ist.«
Pippa wollte sich gerade in die Mappe vertiefen, die Cateline ihr gegeben hatte, als Régine in den Wintergarten trat.
»Sind Sie sicher, dass Sie morgen wieder ins Tal wollen?«
Pippa nickte. »Ganz sicher.«
»Zwischen zehn und zwölf Uhr wird es sturmfrei und trocken sein. Danach kommt es ganz dicke, für mindestens drei Tage.«
»Dann werde ich in dieser Zeit gehen. Danke für den Tipp.«
»Vielleicht sollte ich Sie begleiten«, sagte Régine angelegentlich. »Mir mal wieder die Beine vertreten, das täte mir ganz gut.«
»Bis ins Lager und zurück?«
Régines Gesicht hellte sich auf. »Eine hervorragende Idee! Dann kann ich Ihnen tragen helfen.«
Pippa unterdrückte ein Lächeln. »Und rein zufällig Bruno wiedersehen.«
»Das will ich doch stark hoffen«, sagte die Wirtin. »Und Sie können mit den Herren reden, die heute Mittag nach Ihnen gefragt haben.«
»Nach mir? Hier oben?«
Régine nickte. »Ein gutaussehender Herr, der selbst in Sportkleidung wirkte, als wäre er auf dem Weg zu einem Kongress, war in Begleitung eines jüngeren Kerls aus der Schleimergilde … klein, drahtig, blond … Kategorie Anzug ohne Inhalt.«
»Klingt nach Gerald Remmertshausen und Achim Schwätzer.«
»Das sind Kiemenkerle, nicht wahr? Oder haben Sie Fangruppen, von denen ich noch nichts weiß?«
»Kiemenkerle«, bestätigte Pippa. »Der Ältere – Gerald – ist der Gatte der jungen Frau, die heute spontan auf mein Zimmer gezogen ist. Achim ist ihr glühender Verehrer.«
»Interessant.« Régine zog amüsiert die Augenbrauen hoch. »Die zwei waren hochrot im Gesicht – sie sind den ganzen Weg hier herauf gejoggt. Reife Leistung.«
Die wirklich reife Leistung ist die Kombination der beiden, dachte Pippa, Gerald ging es bestimmt um sein Smartphone … aber wieso die Allianz mit Achim?
»Haben sie gesagt, was sie von mir wollen?«
Die Wirtin schüttelte den Kopf. »Nein. Sie haben sich wieder getrollt, als sie hörten, dass Sie nicht da sind.« Régine gähnte
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