Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Kopf.
»Vielleicht wollte er doch ab und an mit Vinzenz alleine sein?« Sie hatten das Camp erreicht, und Pippa zeigte auf Beringers Zelt. »Ein abgelegenes Zelt. Ein kuscheliges Zimmer im Vent Fou …«
»Das werden wir ja sehen«, sagte Schmidt grimmig.
Mit großen Schritten überquerte er den Campingplatz und riss ohne Vorwarnung den Reißverschluss an Beringers Zelt auf.
Pippa erspähte kurz Vinzenz, der mit Packen beschäftigt war, dann kletterte Schmidt zu ihm hinein und verdeckte die Sicht. Der Reißverschluss wurde wieder geschlossen. Pippa ging auf und ab und spitzte die Ohren, hörte aber nur unverständliche Wortfetzen, da die Männer mit gedämpfter Stimme sprachen.
Endlich steckte Vinzenz seinen Kopf aus dem Zelt und lud Pippa mit einer Handbewegung ein, sich zu ihnen zu gesellen. Auf allen vieren kroch sie hinein. Der Platz reichte gerade, dass alle drei im Kreis sitzen konnten.
»Bevor ihr es durch das ganze Lager posaunt«, sagte Vinzenz so ruhig und gelassen wie stets, »natürlich wusste ich, dass Jan hier ist. Es war schließlich meine Idee.«
»Bitte? Und wieso die Scharade?«, fragte Pippa. »Kompliment übrigens. Da ihn nicht einmal unser Kommissar erkannt hat, war die Verkleidung wohl perfekt.«
Vinzenz nahm Pippas Hand und küsste sie. »Merci. Aber das ist zu viel des Lobes – es zeigt eher, dass die Kiemenkerle zwar Fische sehr genau ansehen, aber ansonsten mit einer gewissen Unaufmerksamkeit – oder soll ich es Gleichgültigkeit nennen? – durchs Leben gehen.«
»Sie hat gefragt, wieso, Vinzenz«, warf Schmidt ungehalten ein, »und ich würde das auch gerne wissen.«
Beringer hob abwehrend die Hände. »Es ist nicht an mir, euch das zu sagen, denn mit mir hat es nichts zu tun. Ihr müsst ihn schon selbst fragen.«
»Vinzenz, es ist wichtig!« Pippa sah ihn bittend an.
Beringer wand sich einen Moment, dann gab er sich einen Ruck. »Also gut: Jan wollte einfach nicht in den Wettbewerb einbezogen sein, sondern Urlaub machen. Malen, spazieren gehen, ein wenig angeln, weiter nichts. Bei den Kiemenkerlen geht es ja immer nur um größer, länger, fetter. Das war ihm zu viel.«
Schmidt starrte ihn an und platzte schließlich heraus: »Das ist alles?«
»Ich war kurz davor, seinem Beispiel zu folgen.« Vinzenz grinste entwaffnend. »Ich wollte mich als alte Dame verkleiden, aber ich habe keine Perücke gefunden, die auf meinem kahlen Schädel halten wollte!«
Als Pippa und Wolfgang wieder aus dem Zelt kletterten und über den Platz gingen, konnten sie eine beeindruckende Vorführung sehen: Régine-Deux demonstrierte Bruno und weiteren Bewunderern aus den Reihen der Kiemenkerle, wie ein ordentlicher Schwung mit der Angel auszusehen hat.
Schmidt deutete zurück auf Beringers Zelt. »Ganz schön fadenscheinig.«
»Du glaubst ihm nicht?«
»Ich weiß nicht.« Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Obwohl – wenn ich ehrlich bin: Ich habe auch schon daran gedacht, die Angel einfach mal nur zum Spaß ins Wasser zu halten. Aber dann beißt einer an, und mich packt wieder der Ehrgeiz, mal einen richtig fetten Brocken an Land zu ziehen.«
»Du willst dich beweisen!«, rief Pippa. »Das hast du doch gar nicht nötig: Du bringst Mörder zur Strecke – reicht dir das nicht?«
Schmidt seufzte. »Du hast deine Übersetzungen und deinen Hemingway. Du kannst ganz darin abtauchen. Es füllt dich aus. Ich dagegen habe es immer mit Verbrechen zu tun. Ich brauche entsprechenden Ausgleich. Du verstehst das nicht.«
»Ich vielleicht nicht, aber Hemingway versteht dich. Er war schließlich Jäger, Boxer, Hochseefischer, Kriegsberichterstatter …«
»Das hört sich spannend an, vielleicht sollte ich ihn doch mal lesen«, erwiderte Schmidt. »Kannst du mir was empfehlen?«
»Das nicht, aber ich möchte ihn zitieren«, gab Pippa trocken zurück. »Seine Meinung zu Anglern: Das interessanteste Geschöpf der Zoologie ist der Fisch. Er wächst noch, während er längst verspeist ist. « Sie knuffte ihn in die Seite. »Wenigstens in den Augen des Anglers.«
Wolfgang lachte. »Den Satz muss ich unbedingt mal gegenüber Achim oder anderen verbissenen Kiemenkerlen verwenden.«
In diesem Moment sah Pippa, dass Gerald Remmertshausen auf dem Damm eilig in Richtung Camp lief.
»Ich möchte kurz mit Gerald reden«, sagte sie und wollte Schmidt stehenlassen, aber der folgte ihr auf den Fersen. »Ich komme mit. Es ist an der Zeit, ihm mitzuteilen, dass Teschkes Tod kein Unfall war.«
»Nein,
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