Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Wolfgang, lass uns damit noch warten«, bat Pippa, aber er war nicht mehr aufzuhalten.
Verdammt, dachte Pippa, ich muss allein mit Gerald reden. Wie stelle ich das bloß an?
Doch weder Wolfgang noch sie kamen bei Gerald zu Wort. Remmertshausen stürmte an ihnen vorbei und rief: »Kommt mit! Für heute Nachmittag gibt es Sturmwarnung! Schwarzer Autan! Es werden Windgeschwindigkeiten bis zu hundert Stundenkilometern erwartet. Das wird kein Spaß. Wir müssen alles sichern oder im Bus verstauen. Das Küchenzelt bauen wir ab, es bietet zu viel Angriffsfläche. Und wir müssen noch einmal alle Heringe überprüfen, wir wollen schließlich keine bösen Überraschungen erleben. Wir sollten alle zusammenrufen, wir brauchen jede Hand!«
Schmidt versuchte, etwas zu sagen, aber Gerald achtete kaum auf ihn, sondern marschierte in die Mitte des Lagers. Pippa und Wolfgang Schmidt folgten ihm. »Und wenn ich sage alle, dann meine ich diesmal wirklich alle «, kommandierte Gerald . »Das gilt auch für den verliebten Lothar und für Achim. Wo sind die beiden überhaupt?«
»Lothar wird bei Sissi sein«, sagte Schmidt, »und Achim habe ich schon den ganzen Morgen nicht gesehen. Zum Mittagessen wird er todsicher auftauchen. Das tut er immer. Ich alarmiere die anderen.«
Er ging los, um die anderen Kiemenkerle zu warnen, und Pippa fand endlich Gelegenheit, mit Gerald zu sprechen.
Sie zog sein beschädigtes Smartphone aus dem Rucksack und übergab es ihm. »Es tut mir wirklich leid. Vielleicht ist es doch noch zu retten?«
Gerald nahm das Telefon entgegen und steckte es achtlos in die Hosentasche. »Schon in Ordnung. Es wäre nur schön gewesen, wenn ich schon am Donnerstag Bescheid gewusst hätte. Das hätte mir einen Tag Suche erspart.«
Er hat erst Freitag erfahren, dass ich sein Handy habe?, dachte Pippa verwundert.
»Und dann renne ich auch noch den verdammten Berg hinauf, um es abzuholen – und Sie sind nicht mal da.« Er schnaubte empört.
»Aber … Tatjana wusste doch gar nicht, dass ich im Paradies bin.«
»Wieso Tatti? Was hat Tatti damit zu tun?« Er sah sie irritiert an. »Ich habe wie verrückt mein Handy gesucht, und Wolfgang hat mir am Freitagabend angeboten, seins zu benutzen. Bei der Gelegenheit hat er mir von Ihrem Malheur mit meinem Smartphone erzählt.«
»Sie haben es nicht von Tatjana erfahren? Und was ist mit der Nachricht?« Pippa wusste nicht mehr, was sie sagen sollte, und brach ab.
Remmertshausen zog drohend die Brauen zusammen. »Nachricht? Welche Nachricht?«
Pippa wurde heiß, als sie wiederholte, was sie auf dem Display gelesen hatte: Ergebnis wie erwartet. Wiederherstellung chancenlos. Clinique privée Hôpital Saint-Georges, Toulouse.
Remmertshausen erbleichte. »Tatti kennt diese Nachricht?«
Pippa nickte zögernd.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen, »das hätte ich ihr gerne erspart.«
Pippa wähnte sich schon in Sicherheit, als er sie unvermittelt anbrüllte: »Müssen Sie sich eigentlich in alles einmischen? Können Sie Ihre Nase nicht aus Dingen heraushalten, die Sie nichts angehen?«
Er schnaubte buchstäblich vor Wut, aber Pippa reichte es. »Sie haben wirklich keinen Grund, sich aufs hohe Ross zu setzen!«, schrie sie zurück. »Nicht nach all dem, was Sie Tatjana angetan haben!«
Gerald erstarrte, dann sah er sich vorsichtig um, ob jemand ihren Ausbruch gehört haben könnte. Er packte Pippa am Arm und zog sie vom Zeltplatz zum Rand des Camps. Obwohl sie außer Hörweite der anderen waren, sprach er gepresst und leise, mühsam um Beherrschung ringend. »Was soll das heißen? Welche Lügen hat sie Ihnen aufgetischt?«
Pippa fuhr zurück. Auf die Idee, dass Tatjana gelogen haben könnte, war sie bisher nicht gekommen. Sie fasste kurz zusammen, was sie von ihr erfahren hatte.
Gerald sah aus, als wäre schlagartig sämtliche Energie aus ihm gewichen. Er stöhnte und ließ die Schultern hängen. »Sie haben keine Ahnung, was Sie da angerichtet haben. Und ich hatte gehofft, es wäre endlich vorbei.«
Pippa sah ihn erschrocken an. »Vorbei? Was meinen Sie? Was soll vorbei sein?«
Gerald senkte die Stimme, so dass sie kaum noch hörbar war. »Tatjana ist krank. Psychisch krank.«
»Den Eindruck machte sie mir aber gar nicht«, sagte Pippa misstrauisch.
Remmertshausen blickte sich wieder um und führte sie auf den Damm. Sie gingen einige Schritte, dann sagte er: »Ja, Außenstehende merken es häufig nicht. Leider. Oder: Gott sei
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