Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
diejenige zu sein, zu der du immer wieder zurückkehrst, Leo. Ich bin gegangen, weil ich die Einzige sein will, die Geliebte. Nicht das gute alte Butterbrot, das praktische Hausmütterchen, das brav und berechenbar daheim wartet und nur deine ungewaschenen Socken und den Alltag abkriegt.«
Leo legte seinen Kopf schief und sah sie eindringlich an. »Das habe ich mittlerweile verstanden. Aber was willst du dann mit Pascal?«
Für einen Moment hielt Pippa betroffen inne. War es so, dass ein Schwerenöter den anderen sofort erkannte, oder warum stellte Leo diese Frage?
»Er kocht besser als du«, sagte sie dann, um das Thema zu beenden.
Sie wandte sich ab und marschierte auf den Wald zu. Ein kleiner Spaziergang um den See würde ihr jetzt guttun. Als sie hörte, dass Leo ihr folgte, beschleunigte sie ihre Schritte noch. Sollte er sich ruhig ein wenig anstrengen, wenn er sie begleiten wollte.
Sie liefen schweigend nebeneinander her, bis sie auf Tisserand und Vinzenz Beringer trafen, die auf einer Bank mit Blick auf den See saßen und ernst miteinander sprachen. Pippa wollte mit einem Nicken vorbeigehen, aber Tisserand sprach sie an.
»Heute wird es wohl nichts mit den Forellen.«
»Ich denke, nach diesen Neuigkeiten ist niemandem mehr danach zumute«, erwiderte Pippa. Sie fühlte sich erschöpft, die wattige Schwüle des Tages machte ihr zu schaffen.
Tisserand deutete zum dicht bezogenen Himmel. »So, wie ich die Gegend hier kenne, wird sich das schöne Wetter nicht mehr lange halten – und bei Sturm oder Regen ist es oben im Wald unangenehm. Falls du wirklich noch einmal auf Forellen gehen willst, sollten wir das spätestens morgen tun.«
»Vielleicht ist das für alle eine Abwechslung«, sagte Vinzenz. »Ich werde den Kiemenkerlen vorschlagen, auch auf den Berg zu gehen. Dann müssen die Jungs nach diesem traurigen Tag nicht am See stehen, wo alles sie an Franz erinnert.«
»Werden die Kiemenkerle denn überhaupt noch angeln?«, fragte Pippa. »Wollt ihr nicht sofort abreisen?«
Vinzenz zuckte mit den Achseln. »Schätze, das hängt von den Formalitäten ab und wie schnell der Leich… Franz überführt werden kann. Zumindest so lange müssen wir bleiben.«
»Nur rumsitzen und warten«, gab Tisserand zu bedenken, »das macht trübsinnig. Ein Ausflug auf den Berg ist eine schöne Ablenkung, denke ich.«
Leo lächelte ironisch. »Darf man auch mitkommen, wenn man Angeln für überflüssig hält, solange Trattorien leckeren Fisch anbieten, ohne dass man sich zuvor stundenlang an einen Teich stellen muss?«
Pippa verdrehte die Augen und zog Leo weiter. Konnte er sich nicht ein einziges Mal seine blöden, überheblichen Bemerkungen verkneifen, die automatisch aus ihm heraussprudelten, sobald sie mit einem anderen Mann sprach? Wütend presste sie die Lippen zusammen und versuchte, Leos Anwesenheit zu ignorieren.
»Ich verstehe, dass du über meine Vorschläge noch in Ruhe nachdenken musst«, sagte er schließlich.
»O bitte, Leo – nicht schon wieder«, gab sie verärgert zurück und ging zielstrebig über eine kleine Brücke, vor der sich der Weg gabelte. Ein Wegweiser zeigte zum Dorf, ein anderer verkündete, dass bis zum Grillplatz auf dem Berg etwas mehr als drei Kilometer Aufstieg zu bewältigen waren.
Leo blieb stehen und blickte über das Brückengeländer.
»Was ist denn das?«, fragte er und wies auf eine leere, ausgemauerte Wasserrinne unter ihm. »Von euch Deutschen bin ich eine so übertriebene Ordnung ja gewöhnt – aber wieso betonieren die Franzosen mitten in der schönsten Natur einen Bachlauf aus?«
»Weil alles hier künstlich angelegt ist«, Pippa beschrieb mit einer Armbewegung das ganze Rund des Stausees, »aber sich in Hunderten von Jahren hervorragend in die Umgebung eingepasst hat. Und ich glaube, das ist kein Bachlauf, sondern eine sogenannte Rigole. Sie sorgt bei Regen dafür, dass das Wasser dorthin gelangt, wohin es soll: in den See. Pia und ihre Freundin haben mir davon erzählt.«
Sie holte tief Luft. »Was hältst du davon, wenn du hier so lange stehenbleibst, bis das passiert? Auf jeden Fall – lass mich endlich in Ruhe!«
Zielstrebig marschierte sie weiter in Richtung Dorf, als sie ein Stück Holz entdeckte. Es hatte genau die richtige Größe, um die Notausgangtür am Zufallen zu hindern, wenn sie wieder auf der Feuertreppe saß, um frische Luft zu schnappen. Als sie sich bückte, um es aufzuheben, hatte Leo sie eingeholt.
»Ziehst du mir das über den Schädel,
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