Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
einen gebrauchten Kühlanhänger in Topzustand hätten kaufen können.«
Blasko schlug mit der Faust auf den Tisch, dass Gläser und Geschirr laut klirrten. »Dieses Kameradenschwein – lässt sich für Arbeitsstunden bezahlen, die er gar nicht geleistet hat.«
»Warum hast du Franz das durchgehen lassen und uns nicht informiert?«, fragte Wolfgang Schmidt ärgerlich.
»Ich wollte uns allen den Urlaub nicht verderben«, antwortete Hotte.
»Die Tür hat jedenfalls noch den gleichen Defekt wie vorher«, sagte Rudi. »Und somit wissen wir endlich, wie er die Schickimicki-Angel mit der Speedjiggingfunktion bezahlt hat.«
»Dann hat ihn seine verdammte Gier das Leben gekostet?«, fragte Lothar und schüttelte entsetzt den Kopf.
»Hört sich für mich nach ausgleichender Gerechtigkeit an«, polterte Blasko.
»Liebe Freunde!«, rief Bruno erschüttert. »Was ist mit euch los? Ein Clubkamerad ist tragisch ums Leben gekommen, und ihr …« Er konnte nicht weitersprechen.
»Bruno hat recht«, sagte Achim Schwätzer scharf, »wir sollten kein vorschnelles Urteil fällen. Vielleicht hat Franz die Ersatzteile gekauft und es nur nicht mehr geschafft, alles rechtzeitig einzubauen. Wir sitzen hier zusammen, um Franz zu ehren – und über einen Toten soll man nichts Schlechtes sagen.«
»Das sagt der Richtige!«, höhnte Blasko. »Seit wann fällt ausgerechnet dir zu anderen etwas Gutes ein?«
Alle am Tisch redeten durcheinander, schimpften oder diskutierten miteinander.
»Hier ist ja was los«, flüsterte Pippa Wolfgang Schmidt zu.
In diesem Moment verschaffte sich Remmertshausen wieder Gehör, indem er ein weiteres Mal an sein Glas klopfte. »Bitte, meine Herren, wir werden uns doch zu benehmen wissen. Es geht hier um Wichtigeres.«
»Wir sind schließlich auch hier, um über den Wettbewerb zu sprechen«, sagte Vinzenz, der sich bisher zurückgehalten hatte. »Wie soll es damit weitergehen?«
»Genau!«, meldete Achim Schwätzer sich zu Wort. »In unserer Mannschaft fehlt jetzt ein Angler. Das ist ungerecht. Wir sollten Tibor fragen, ob …«
Beringer machte eine Handbewegung, als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen, und unterbrach seinen Kollegen. »Wir sollten den Wettbewerb absagen. Wir bleiben noch, bis Franz überführt wird, und begleiten ihn zurück nach Berlin – das ist mein Vorschlag.«
Bruno nickte zustimmend. »Das ist ein guter Vorschlag. Ein wirklich guter Vorschlag. Und bis dahin angeln wir einfach des Angelns wegen.«
»Und das ganze Geld?«, rief Hotte aufgebracht. »Die zehntausend Euro? Was wird mit dem Preisgeld?«
»Damit bezahlen wir Franz’ Überführung und seine Beerdigung«, schlug Vinzenz vor.
»Genau«, sagte Wolfgang Schmidt trocken, »er hätte das Geld sowieso gewonnen.«
Kapitel 15
G egen Mitternacht verabschiedete Pippa sich von der Feier und ging in ihre Wohnung. Nach einer ausgiebigen Dusche saß sie mit einem Glas Blanquette auf dem Bett und ließ den Tag Revue passieren. Selbst durch das geschlossene Fenster konnte sie die lebhaften Diskussionen der Kiemenkerle von der Terrasse hören.
Nach und nach verebbten die Gespräche, und es klang nach Aufbruch. Pippa stellte sich ans Fenster und beobachtete den Rückweg der Angler ins Camp. Jeder ging für sich allein über den Damm; selbst Rudi und Hotte, sonst unzertrennlich, hielten Abstand.
Ihr fiel auf, dass Lothar Edelmuth mit hängenden Schultern hinter den anderen hertrabte.
Warum suchte Lothar nicht Trost bei seiner Frau? Oder Gerald Remmertshausen bei Tatti?
Nachdenklich spülte Pippa das Glas, kuschelte sich ins Bett und löschte das Licht. Obwohl sie todmüde war, wollte der Schlaf sich zunächst nicht einstellen; zu viel ging ihr im Kopf herum. Sie konzentrierte sich darauf, ruhig und tief zu atmen, und endlich dämmerte sie weg.
Klack!
Sie schlug die Augen auf und lauschte. Hatte sie sich das Geräusch nur eingebildet?
Klack! Klack!
Sie richtete sich auf. Jemand warf Steinchen gegen ihr Fenster! Sie seufzte und quälte sich aus dem Bett. Als sie das Fenster öffnete, prallte ein Stein gegen ihre Stirn.
»Au! Verdammt! Wer …« Sie rieb sich die schmerzende Stelle und sah vorsichtig hinaus.
»Oh, Madame Pippa«, rief eine Kinderstimme entsetzt aus, »das wollte ich nicht! Ich bin’s! Cedric!«
Unter ihrem Fenster stand der jüngste Sohn der Didiers und schaute mit zerknirschtem Gesichtsausdruck zu ihr hoch. Er trug einen viel zu großen Pyjama und stand barfuß auf den kalten Wegplatten.
Weitere Kostenlose Bücher