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Tote gehen nicht

Tote gehen nicht

Titel: Tote gehen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Sternenhimmel über dir, unter dir das leise Tuckern der Motoren, sanft klatschen die Wellen an den Bug, im Hintergrund gedämpfte Musik aus der Bar? Es gibt nichts Schöneres auf der Welt.«
    »Habt ihr ...?«, stieß Edgar hervor. Die Vorstellung versetzte ihm einen regelrechten Stich. Dabei sollte er erleichtert sein!
    Guido verzog das Gesicht. »Wenn mich die   Guardia Civil   nicht wegen dir von Bord geholt hätte, wäre es sicher dazu gekommen.«
    Edgar krallte seine Finger so fest um seinen Wanderstock, dass die Knöchel weiß hervortraten und rammte ihn wie einen Pflock in den Boden, zwischen sich und Guido.
    »Wenn sie am Sonntag in Köln landet, stehe ich da mit einem dicken Blumenstrauß und schließe sie in meine Arme und dann ...«
    »Komm zum Thema!«, mahnte Edgar.
    »Welches Thema?«
    Da endlich begriff Edgar, dass das Treffen keine Chance, sondern eine Falle war und konnte nicht länger an sich halten. Er ließ seinen Stock fallen, griff nach Guido und zerrte an seinen Jackenaufschlägen.
    »Lass mich in Ruhe!«
    Edgar zerrte ihn an sich und stieß ihn wieder weg.
    »So kenn ich meinen Bruder ja gar nicht«, hetzte Guido ihn auf. »Wer hätte das gedacht. Der gute Edgar. So gewalttätig!«
    Edgar trat nach ihm, Guido wich aus, Edgar setzte ihm nach, Guido trat zurück.
    Guido stolperte, fiel über eine Wurzel, konnte sich nicht mehr fangen, schlug mit dem Rücken zuerst auf dem Boden auf und ließ sich der Länge nach fallen. Seine Baskenmütze rollte davon. In der nächsten Sekunde hatte Edgar seinen Rucksack abgeworfen und sich rittlings auf ihn gesetzt. Er boxte ihm in den Magen. Guido krümmte sich, ruderte mit den Beinen, trat nach Edgar und hielt sich fortwährend die Ohren zu, obwohl die Prügelei ohne ein einziges Wort vonstatten ging. Schmerz- und wutverzerrte Gesichter bei einer Prügelei unter Taubstummen.
    Als Edgar dieses seltsame Phänomen bewusst wurde, hielt er inne. Voller Hass starrten die Brüder einander in die Augen. Die Lippen zu schmalen Strichen aufeinandergepresst, die Köpfe rot, über die Schläfen rann der Schweiß. Dann ließ Guido seine Ohren los und seine Arme weit zu beiden Seiten fallen, die Handflächen nach oben.
    »Ich ergebe mich.«
    Als auch sein Kopf dramatisch zur Seite fiel, entdeckte Edgar ein kleines, durchsichtiges Kabel, das aus seinem Jackenkragen zu seinem rechten Ohr, hinter der Ohrmuschel entlang und in den Gehörgang hineinführte.
    Edgar verstand plötzlich, riss mit einem Ruck den Reißverschluss der Cordjacke auf. Unter dem schwarze T-Shirt darunter verlief die Schnur vom Halsausschnitt über die Brust und verschwand unter dem Arm auf dem Rücken.
    Edgar schob das T-Shirt hoch und folgte dem Verlauf des Kabels mit der Hand. Es endete an einem flachen Kästchen, das mit Klebeband auf dem Rücken befestigt war. Edgar riss die Streifen ab und zog das Kästchen am Kabel hervor. Es war nicht viel größer als ein Handy oder I-Pod. Er drückte den Power-Knopf, ein kleines, grünes Licht wurde rot.
    Guido grinste.
    Mit einem Ruck zerrte Edgar am Kabel. Guido verging das Grinsen, als das eine Ende aus seinem Ohr gerissen wurde und an seinem Hals entlang ins T-Shirt glitt. Edgar riss die Schnur aus dem Kästchen und schleuderte das Gerät mit aller Kraft und Wut gegen den Wall aus Schieferplatten, der sich neben der ersten Mannenberghöhle erhob. Es prallte zurück, rollte in eine Pfütze und versank mit einem Blubbern.
    Guido zog sein T-Shirt herunter und versuchte vergeblich den Reißverschluss seiner Cordjacke hochzuziehen. Er hatte sich verklemmt.
    »Und jetzt zu dir!« Edgar beugte sich über seinen Bruder und drückte ihm die Fäuste gegen die Brustwirbel. »Das war ein Sender oder ein Abhörgerät oder was weiß ich!«
    »Ich hatte keine Wahl«, beteuerte Guido und schielte ängstlich zu der Pfütze.
    »Wer?«
    »Sonst hätten sie mich eingesperrt. Ich, im Gefängnis? Kannst du dir das vorstellen, Edgar? Ich würde dort eingehen wie eine Primel. Keine drei Tage und ich hätte mich erhängt.«
    »Wer?«
    »Sonst hätte ich das nicht getan, Edgar. Ich bin dein Bruder. Ich bin kein Verräter.«
    »Wer?«
    Guido hustete und versuchte Edgars Hände von seiner Brust zu schieben. Aber es gelang ihm nicht, er keuchte, er rang um Atem.
    »OK.« Edgar hob die Hände hoch, aber nur, um sie um Guidos Hals zu legen. Der Druck war maßvoll. Aber so würde er nicht bleiben. Das war nur der Anfang. Guido schluckte und riss die Augen auf.
    »Wer?«
    In der

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