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Tote gehen nicht

Tote gehen nicht

Titel: Tote gehen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Schultern. »Mann, ist der schwer, haben Sie Pflastersteine gesammelt?«
    Edgar schwieg.
    Neugebauer flüsterte Brummer etwas zu. Der setzte den Rucksack wieder ab und öffnete ihn. Er ruhte nicht eher, bis er ein Jagdmesser aus der kleinen linken Seitentasche gezogen hatte.
    »Sieh mal!« Brummer reichte Neugebauer das Messer. Der zog es aus dem Schaft, hielt sich die Klinge so nah unter die Augen, als sei er kurzsichtig.
    »Aha!«, sagte Neugebauer.
    »Was soll das heißen?«, meldete sich Guido von seinem Marterpfahl.
    »Das geht Sie gar nichts an.«
    Die Kommissare flüsterten miteinander, ließen ihre Blicke von einem Gefangenen zum anderen wandern und telefonierten. Dann wurden Dr. Edgar Schramm und Guido Schramm von ihren Bäumen gebunden und mit einem weiteren Kabelbinder, den Neugebauer aus der Hosentasche zog, wie andere Leute Taschentücher, aneinander gefesselt. Brummer setzte Guido die Baskenmütze auf den Kopf und schnallte Edgar den Rucksack um. Neugebauer nahm den Wanderstock an sich und trieb die Brüder wie Kühe von den Mannenberghöhlen hinunter zurück auf den Eifelsteig, wobei die eine Kuh breitbeinig ging, als hätte sie eine Ladung Schrot im Hintern.
    »Du hast mich reingelegt«, zischte Edgar, als sie aneinander stießen.
    »Du mich auch«, zischte Guido.
    »Ruhe da vorne!«
    Der Wanderstock landete auf Guidos und Edgars Schultern wie bei einem Ritterschlag.
    Der Eifelsteig führte in Nettersheim mitten durch den Ort. Nicht wenige Schaulustige blieben am Straßenrand stehen und musterten die seltsame Gruppe. Guido und Edgar versuchten den neugierigen Blicken auszuweichen und starrten finster auf die Straße.
    »Wie wurden die beiden Frauen denn umgebracht?«, flüsterte Edgar, als das historische Bahnhofsgebäude in Sicht kam.
    »Das musst du doch am besten wissen«, zischte Guido.
    »Bitte«, flehte Edgar.
    »Die eine wurde erstickt.«
    Edgar nickte fast unmerklich. »Und die andere?«
    »Ruhe da vorne!«
    Ritterschlag.
    Am Bahnhofsvorplatz wartete ein Mannschaftswagen der Polizei.

10. Kapitel
    14. Mai, 20.30 Uhr Hotel Talblick, Blankenheim
    Bei Schnittchen – Käse, Salami und Schinken, dekoriert mit Gurken und Tomaten – einigen wenigen streng rationierten Gläsern Eifeler Landbier und einem Haufen finsterer Gedanken warteten zu dieser Zeit Oberstaatsanwalt Bernd Wesseling und die Hauptkommissare Roggenmeier und Senger in der Bauernstube sehnsüchtig auf ein Wunder.
    Die Ermittlungen im Fall der beiden ermordeten Frauen, Helena Finn und Anna Grund, schienen an einem Punkt angekommen zu sein, den man als Sackgasse ohne Wendemöglichkeit bezeichnen konnte. Man saß fest, und zwar in Blankenheim im Hotel Talblick.
    Es war schon dämmrig geworden, als endlich die Tür aufging und die Bonner Kommissare Neugebauer und Brummer zwei Männer in die Bauernstube schoben. Einer der beiden war Guido Schramm, der auffallend humpelte und sein Gesicht verzog.
    Mit den Worten »Das ist Dr. Edgar Schramm!« wurde der andere präsentiert.
    »Endlich!«, rief Roggenmeier aus, sprang auf und rieb sich begeistert die Hände. Aber bei näherem Hinsehen schlug seine Genugtuung in Enttäuschung um, und er fiel wieder zurück auf seinen Stuhl. Wie hatte man Dr. Edgar Schramm als ein Ungeheuer schildern können? Pressefreiheit hin oder her.
    Edgar war fix und fertig, ein Mann am Ende seiner Kräfte, ein Mann, der die Hölle gesehen hatte. Ähnlich betroffen über seinen Anblick waren auch Wesseling und Sonja. Sie alle hatten sich Edgar anders vorgestellt. Als unbezwingbaren Rübezahl und nicht als ein Häufchen Elend, das Kopf und Schultern hängen ließ, als würde es aufs Schafott geführt.
    Als Beute warfen Neugebauer und Brummer einen verdreckten Sender, eine Flinte, ein Jagdmesser, eine Fotokamera, ein GPS-Gerät, Wanderkarten und ein Handy zwischen Teller und Gläser auf den Tisch, um den die Euskirchener und der Oberstaatsanwalt versammelt saßen. Es war ein großer, ovaler Tisch, der mitten in der Bauernstube unter einem Kronleuchter aus Geweihen stand, von dem an einer Kette ein Metallschild hing:   Stammtisch .
    Fünf der acht Stühle waren noch frei.
    Neugebauer drückte Sonja Senger einen knorrigen Wanderstock in die Hand, den sie irritiert ergriff und kaum umfassen konnte. Er war schwer und glitschig. Sie lehnte ihn an die Tischkante und wischte sich die Hände an ihrer Jeans ab. Einen Rucksack von der Größe eines Seesacks warf Brummer auf einen Nachbartisch.
    Die Bonner setzten sich zu den

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