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Tote gehen nicht

Tote gehen nicht

Titel: Tote gehen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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er, dass sie Hauptkommissare vom KK 11, der Bonner Mordkommission waren. Der Stämmige mit den dicken Augenbrauen hieß Michael Brummer, sein Kollege Achim Neugebauer. Edgar zog und zerrte an seiner Fessel wie ein wildes Tier.
    Während Neugebauer suchend durchs Unterholz strolchte und mit den Füßen Blätter und Zweige aufwirbelte, brachte sich Brummer breitbeinig vor Edgar in Position und stellte fest: »Sie sind also Martin Sonntag.«
    »Was?«, rief Guido dazwischen. »Wie kommen Sie denn darauf? Das ist Edgar, Edgar Schramm, Dr. Edgar Schramm, der Mann, den Sie suchen.«
    »Ruhe!«, befahl ihm Brummer.
    »Ja, ich bin Dr. Edgar Schramm«, murmelte Edgar mit gesenktem Kopf.
    »Lauter!«
    »Edgar Schramm!«
    »Personalausweis!«
    »Mann, den hatte ich doch«, quatschte Guido wieder dazwischen. »Und den hat doch jetzt dieser Oberstaatsanwalt.«
    »Ruhe!«, herrschte Brummer ihn an, »sonst werde ich Sie knebeln.«
    »Ist ja gut«, brummte Guido.
    »Also?«, fragte er Edgar weiter.
    »Na ja. Ich habe ihn meinem Bruder für die Reise geliehen und soeben erfahren, dass das wohl keine gute Idee war.«
    »Allerdings.«
    »Ich stehe dafür grade, keine Frage, aber müssen Sie mich deswegen hier so behandeln?«
    »Ja, das müssen wir.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    »Hier!«, rief Neugebauer und unterbrach das Verhör in freier Natur. Er kam den Hang hinaufgeklettert und hielt ein Gewehr hoch in die Luft wie in einem Indianerfilm. Seine Hand steckte in einem Einmalhandschuh.
    »Schrot?«, fragte Brummer.
    »Schrot«, bestätigte Neugebauer und sprang mit großem Schritt auf den Weg. Er legte die einschüssige Flinte neben Edgars Rucksack, stellte sich hinter Guido und tastete seinen Rücken ab. »Wo ist der Sender?«
    »Im Arsch.« Guido wies mit dem Kinn in Richtung Höhle. »Da hinten, in der Pfütze hat er ihn versenkt.«
    Es dauerte nicht lange, bis Neugebauer die richtige Wasserstelle gefunden hatte. Er fischte das Kästchen mit zwei Fingern aus dem Wasser und drehte es hin und her, während die Tropfen zu Boden rannen. Er hielt es an sein Ohr und schüttelte es. »Es ist hin.«
    »Sag ich doch«, mischte sich Guido ein.
    »Das nennt man Beschädigung von Staatseigentum.«
    Edgar stöhnte auf. »Wenn das alles ist, ich kaufe Ihnen einen neuen. Auch zwei, wenn Sie darauf bestehen.«
    Die Kommissare lächelten sich zu. Das war kein Mitleid, das war Verachtung. Unübersehbar. Sonnenklar, dass seine Vergehen nicht allein darin bestehen konnten, seinen Personalausweis verliehen und einen Sender mit Abhörfunktion versenkt zu haben, sondern die beiden Kommissare verdächtigten ihn wegen der toten Helena und wegen eines zweiten Mordes, von dem Guido vorhin gefaselt hatte, und von dem er überhaupt nichts wusste.
    In die Hilflosigkeit mischte sich die Ahnung, dass dieser zweite Mord in seinem Kielwasser passiert sein musste, in seinem Schatten, in seinem Dunstkreis. Dass er dort geschehen war, wo er sich aufgehalten hatte. Die einzige Person, die ihm dazu einfiel, war Anna Grund, die Mutter der Toten, mit der er im Hotel Sophienhof in Gemünd gesprochen hatte. Er war in ihrem Zimmer gewesen ...
    Plötzlich fielen Edgar die roten Streifen ein, die er auf der Klinge seines Jagdmessers entdeckt hatte. Und auch die Tatsache, dass es nicht an seinem Platz in der linken Seitentasche gesteckt hatte. Er wünschte, er hätte es unterwegs in einen See geworfen oder im weichen Waldboden vergraben. Hatte es jemand benutzt? Wer? Wo? Und wann? Und wer würde ihm glauben, dass nicht er selbst es gewesen war?
    Oder war er es gewesen?
    Er brauchte einen guten Anwalt, wenn das so weiterging, den besten der Welt. Und am besten sagte er kein Wort mehr ohne ihn.
    »Der Chip ist nicht zu ersetzen«, hörte er Neugebauer sagen. »Ihre Arbeit war also für die Katz, Guido Schramm.«
    »Aber ich weiß noch ganz genau auswendig, was er alles gesagt hat«, beeilte sich Guido zu sagen.
    »Das ist besser als nichts. Hat er gestanden?«, fragte Neugebauer.
    »Fast. Er war kurz davor. Aber dann kamen Sie mir dazwischen«.
    »Nun?«, fragte Neugebauer und wandte sich Edgar zu.
    »Hören Sie«, begann Edgar, »ich werde ...« Dann presste er die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.
    Neugebauer sammelte seinen Wanderstock ein und schlug sich mit einer Drohgebärde in die flache Hand. »Na?«
    »Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.«
    »Würde ich an Ihrer Stelle auch nicht tun«, meinte Brummer und lud sich Edgars Rucksack auf die

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