Tote gehen nicht
Ihnen das alles angetan hat?«, fragte Kreuzau die Dünnwald mit unheilschwangerer Stimme.
»Klausi«, schluchzte sie auf und versuchte sich zu sammeln. »Klaus-Peter, meine ich.«
»Gut«, resümierte er. »Und wie weiter?«
»Grund. So wie Grund und Boden, hat er immer gesagt. Aber er heißt nur Grund, nicht Boden.«
»Grund?«, versicherte sich Kreuzau. »Klaus-Peter Grund?«
Die Dünnwald schnäuzte in ein Taschentuch und nickte. Kreuzau rempelte Schmidt an und gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass er den Namen gefälligst mal durch seine digitalen Dateien jagen sollte. Während Schmidt den Auftrag erfüllte und der Rechner vor sich hingurgelte, fragte Kreuzau weiter: »Adresse?«
»Gereonstraße 177.«
Schmidt schrieb auf einem Schmierzettel mit, um seinen Rechner nicht zu stören.
»Beruf?«
»Er ist Chef«, sagte die Dünnwald nicht ohne Stolz. Als die Herren keine weiteren Fragen stellten, fuhr sie selbstständig fort: »Kennen Sie nicht die Schuhe von Finn? Also, ich selbst würde sie ja nicht tragen, weil ich sie nicht so chic finde.« Sie blickte auf ihre Riemchensandaletten. »Aber in dieser Firma ist Klausi jedenfalls der Chef.«
»Firmensitz?«
»Drüben in Mülheim.«
»Gut«, meinte Kreuzau. »Kommen wir mal zum Kern Ihres Anliegens.«
»Ich will meine Geschenke wiederhaben.«
»Nein, ich meine das, was Sie vorhin auf dem Flur angedeutet haben.«
»Ach so, das«, sie schlug die Beine übereinander. »Klausi hat gesagt, wenn mich einer fragt, soll ich sagen, dass er die ganze Nacht bei mir war und danach im Betrieb, obwohl er es gar nicht war.«
»Und wann war das?«
Sie öffnete den Reißverschluss ihrer Handtasche, zerrte aus einem heillosen Durcheinander einen pinkfarbenen Timer hervor und begann, umständlich darin zu blättern. »Vorgestern und gestern.«
»Also am 13. und am 14. Mai«, übersetzte Schmidt.
»Genau.«
»Und wo war er in Wirklichkeit?«
»Bestimmt bei einer anderen!«, stieß sie mit tränenerstickter Stimme hervor. »Deswegen hat er mich auch heute Morgen rausgeworfen. Er hat bestimmt eine Neue! Und will nichts mehr mit mir zu tun haben! Er geht nicht ans Telefon und macht mir nicht die Türe auf. Und alle meine Geschenke hat er mir abgenommen. Auch das neue Handy und ... und überhaupt ...«
»Moment!«, unterbrach Kreuzau sie, weil Schmidt ihn am Ärmel gezupft hatte.
»Mordsache«, flüsterte Schmidt ihm zu.
Anerkennend zog Kreuzau die Augenbrauen hoch.
»KK Euskirchen.«
»Sehr schön, Schmidt!«, lobte er und fertigte schnell die junge Frau ab. »Vielen Dank, Frau Dünnwald. Sie haben uns sehr geholfen. Wir werden uns um die Sache kümmern und melden uns wieder bei Ihnen, sobald wir Ihre Geschenke haben.«
»Danke«, stöhnte Mary Dünnwald auf, erhob sich und hielt dem Chef ihre Hand hin, damit er sie küssen konnte, was dieser nicht tat.
In der Tür meinte sie: »Und vergessen Sie bloß nicht den Ledermantel.«
»Schmidt«, donnerte Kreuzau. »Schreiben Sie auf: Ledermantel nicht vergessen.«
Mary Dünnwald warf Kreuzau eine Kusshand zu.
Kaum war hinter ihr die Tür ins Schloss gefallen, sagte Polizeioberrat Kreuzau zu Polizeiinspektor Schmidt: »Sie müssen noch viel lernen – und streichen Sie den Ledermantel.«
12. Kapitel
14. Mai, 22.00 Uhr Hotel Talblick, Blankenheim
Kaum hatten Sonja und die Kommissare sich auf Wesselings Befehl wieder rund um den Stammtisch in der Bauernstube des Hotels Talblick in Blankenheim versammelt, begann Guido Schramm seine romantische Erinnerung an Rita Funke leibhaftig vor den Augen der Soko Eifelsteig erstehen zu lassen. Seine Gesten begleiteten seine Beschreibungen ausführlich.
»Als ich sie zum ersten Mal sah, dachte ich, ich hätte Jennifer Lopez gesehen. Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit hauchdünnen Trägern. Sie hatte einen dunkelbraunen, kinnlangen Bob, perfekt geschnitten, und Beine bis in den Himmel. Ein bisschen blass war sie um die Nase, aber das änderte sich schnell unter der Mittelmeersonne. Das Schönste an ihr waren aber ihre Augen. Riesengroß.« Guido formte beide Hände zu Kreisen.
Keine Frage, sagte sich Sonja, da war jemand verliebt.
»Und wenn sie ...«, wollte Guido fortfahren, als Brummers Handy klingelte.
Aus seinem »Ja« und »Nein« wurde niemand schlau, aber seine Stimme veränderte sich, sie wurde seltsam zackig, als nehme er die Befehle eines Generals entgegen. Als das Gespräch beendet war, schüttelte er den Kopf, blickte wortlos in die Gesichter
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