Tote gehen nicht
der Soko Eifelsteig und schien das Unwissen seiner Zuhörer noch ein wenig auskosten zu wollen.
»Was ist denn?«, fuhr Sonja ihn schließlich ungeduldig an.
»Rita Funke ist nicht mehr an Bord.«
»Nein!«
»Doch. Nachforschungen aufgrund meines Anrufs hätten ergeben, dass Rita länger nicht gesehen wurde und deswegen hat man ihre Kabine mit einem Nachschlüssel geöffnet. Weder sie noch ihr Gepäck waren mehr vorhanden. Sie hat nichts zurückgelassen. Leider kann man nicht nachvollziehen, wann sie das Schiff verlassen hat. Sie muss einfach während eines Landgangs abgehauen sein. Normalerweise müssen die Passagiere die Bordkarte gegen den Personalausweis tauschen, sonst dürfen sie das Schiff nicht verlassen, damit kontrolliert werden kann, ob alle zurückkommen. Aber Rita Funke muss es gelungen sein, beides mitzunehmen. Es ist dem Kapitän furchtbar peinlich.«
»Peinlich!?«, schrie Wesseling aufgebracht.
»Er versprach Konsequenzen«, fuhr Brummer fort. »Den Reinigungs-Service hat sie vermutlich bestochen, damit die leere Kabine keinen Anlass für Nachforschungen ergibt. Der Kapitän ist untröstlich, uns keine andere Auskunft geben zu können, aber ...«
»So ein Mist!«, fluchte Sonja.
»Was für ein Saftladen ist dieser Kahn«, schimpfte Wesseling. »Erst dulden sie tagelang einen Passagier mit falschen Papieren … und jetzt das! Ich kann ihm auch Konsequenzen versprechen.«
Sonja sah, wie Guido dem Stammtisch den Rücken zudrehte, angestrengt aus dem Fenster blickte.
»Herr Schramm!«
Er reagierte nicht.
»Guido Schramm!«
Er nickte, ohne sich umzudrehen.
»Aber als man Sie von Bord holte, da war Rita noch da, nicht wahr?«
Trotzig und fast tonlos war seine Stimme, als er sagte: »Sie ist in Malaga von Bord gegangen.«
In der Bauernstube wurde es auf einen Schlag so still, dass man das Atmen der Anwesenden hören konnte, auch fernes Besteckgeklapper aus einem Nebenraum, dumpfe Schritte, die kamen und gingen. Auch eine Stecknadel, wenn sie gefallen wäre.
»In Malaga?«, rief Sonja, als sie sich wieder gefangen hatte. »Wann war denn das Schiff in Malaga?«
»Am dritten Tag der Reise. Also am 10. Mai.«
»Helena wurde zwei Tage später, am 12. Mai, umgebracht«, rechnete Sonja vor.
»Das kann nicht sein«, meldete Edgar sich zu Wort. »Ich habe doch noch mit ihr am Telefon gesprochen, gestern und vorgestern. Ich habe ihre Stimme gehört. Sie war am Handy, als ich Guido anrief. Sie war es, ganz sicher.« Leise fügte er hinzu. »Nur sie allein kennt meinen Kosenamen.«
»Mein Herz!«, sang Guido fast.
»Welch ungewöhnlicher Kosename!«, ergänzte Wesseling bitter.
»So ungewöhnlich wie Edgar selbst«, sagte Guido. »Ich habe Rita seit dem 10. Mai nicht mehr gesehen. Sie sagte, sie mache einen Ausflug. Aber sie kam nicht mehr zurück.«
»Aber wer ...«, fragte Edgar.
»Hermine von Mengenstein«, antwortete Guido. »Nein, im Ernst, es war eine von diesen ungeküssten, älteren Damen, die darauf brannten, mir für einen Walzer in der Bar jeden Gefallen zu tun.« Er sah in die fragenden Gesichter um sich herum und setzte fort: »Ganz einfach. Ich wollte Edgar in dem Glauben lassen, Rita sei immer noch an Bord. Es sollte meine kleine private Rache an ihm sein, dafür, dass er mit ihr und mir gespielt hat, als seien wir Bälle. Ich wollte ihm die Tour vermasseln, mehr nicht.«
Edgar biss sich auf die Lippen. Nervös blickte er sich um. In seinen Blicken stand Furcht, als er sich reckte, um aus dem Fenster sehen zu können.
»Und wo ist sie jetzt?«
»Vielleicht schon hier im Hotel«, meinte Sonja. »Vielleicht wartet sie noch draußen. Vielleicht ist sie aber auch ganz woanders, und es geht hier gar nicht um Stalking.«
»Das werden wir herausfinden«, versprach Wesseling. »Wir geben sofort eine Fahndung raus. Wir schicken jemanden in ihre Wohnung und an ihren Arbeitsplatz ins Krankenhaus.«
»Ich übernehme das«, sagte Roggenmeier, ehe Wesseling ihn dazu auffordern konnte. Er rief seine Dienststelle an und gab seine Order durch.
»Fordern Sie eine Hundertschaft an«, befahl Wesseling währenddessen.
Neugebauer übernahm den Anruf, und Wesseling gab Sonja das Signal mit dem Verhör fortzufahren.
Sonja übernahm. »Was ich nicht verstehe, Herr Dr. Schramm, woher wusste Rita Funke, wann Sie wohin gingen und in welchem Hotel Sie abgestiegen sind?«
Edgar zuckte ratlos mit den Schultern und schloss die Augen.
»Lassen Sie uns nicht stundenlang warten«, seufzte Wesseling
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