Tote gehen nicht
seiner Anweisung.
»Herr Dr. Schramm, könnten Sie sich vorstellen, dass Rita Funke hinter all dem steckt, was Ihnen auf dem Eifelsteig zugestoßen ist? Dass sie es war, die die beiden Frauen im Hotel aus Eifersucht ermordet hat, weil sie Sie mit Ihnen zusammen gesehen hat, und dass sie es war, die Ihren Bruder erschießen wollte, weil sie Sie vor ihm beschützen wollte?«
»Nein! Wie denn? Sie ist doch weit weg auf dem Mittelmeer, fragen Sie doch meinen Bruder. Er will sie morgen vom Flughafen abholen, wenn sie nach Hause kommt.«
Wesseling drehte sich auf quietschendem Absatz um und sprach in Richtung Roggenmeier: »Rufen Sie sofort auf diesem Schiff an.«
Roggenmeier holte dazu die Bonner Hauptkommissare aus dem Restaurant. Neugebauer und Brummer sahen satt und wohlverdient müde aus. Er erklärte ihnen den oberstaatsanwaltlichen Auftrag.
Sie setzten sich in eine Ecke der Bauernstube und beugten sich über ihre Handys, um die Reederei und den Eigner ausfindig zu machen. Sie sprachen leise und warteten auf Verbindungen. Sie wählten neu und warteten wieder. Es wurden Funksprüche abgesetzt. Die Prozedur schien ewig und drei Tage zu dauern.
Endlich war Brummer an der richtigen Adresse. Er sprach mit einer Stewardess der MS Phantasy. Auf seine Frage, ob Rita Funke noch an Bord sei, bekam er wohl einen positiven Bescheid, denn er nickte aufgeregt und fragte, ob er sie kurz sprechen könne. Dann presste er das Handy gegen seinen Bauch und sagte: »Sie lassen sie ausrufen.«
Bange Minuten verstrichen, Brummer hatte wieder das Handy am Ohr, die anderen hingen gebannt an seinen Lippen. Besonders Guido Schramm, wie Sonja beobachtete.
»Da kann man nichts machen. Ich versuche es morgen noch einmal. Vielen Dank.«
Brummer verzog das Gesicht, beendete das Gespräch und sagte: »Sie ist in ihrer Kabine und schläft wohl schon.«
»Den Schlaf der Gerechten«, sagte Guido lächelnd.
11. Kapitel
14. Mai, 21.00 Uhr Polizeiwache Nippes, Köln
Das ist wirklich Ihr Problem«, sagte zur gleichen Zeit der junge Polizeibeamte und verdrehte seufzend die Augen.
»Ich will aber meine Geschenke wiederhaben!«, quengelte die junge Frau. Sie war vielleicht 25 Jahre alt, aber das war mit all dem Make-up, das sie aufgetragen hatte, nur schwer zu beurteilen. In einem Kleid im Leopardenmuster, dessen Ausschnitt sommerlich tief war, und einer blonden Hochsteckfrisur saß sie vor ihm. Auf ihrem Schoß ruhte eine voluminöse Handtasche. Sie machte einen Schmollmund, blickte auf ihre nackten Handgelenke: »Auch die goldene Uhr und das Armband mit den Brillis!«
»Hören Sie mal, wenn Ihr Freund Sie rauswirft, ist das Ihre und seine Privatangelegenheit. Wenn Sie Ihre Geschenke wiederhaben wollen, nehmen Sie sich bitte einen Anwalt.«
»Wovon soll ich mir das denn leisten? Ich habe doch jetzt nichts mehr. Gar nichts mehr!« Sie breitete die Arme aus und ließ in jedem Auge eine dicke Träne aufsteigen.
»Dann haben Sie eben Pech gehabt.«
»Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben?«
»Ja.«
»Ich möchte sofort Ihren Vorgesetzten sprechen«, forderte sie und klimperte mit den Augenlidern, die von der Wimperntusche schwer sein mussten wie Rollläden.
»Der ist beschäftigt und hat für solchen Kinderkram keine Zeit.«
Sie erhob sich schluchzend und stöckelte zur Tür. Die Hand auf der Klinke drehte sie sich noch einmal um. »Wenn Sie wüssten, was ich weiß.«
»Dafür weiß ich was anderes«, sagte der Polizist und fand sich ziemlich schlagfertig.
Er war erleichtert, als die Tür hinter der Frau zufiel, und beschloss, sich einen Kaffee zu kochen. Er goss Wasser in die Kaffeemaschine, als die Tür aufschwang und den Blick freigab auf die Leopardenfrau und seinen Chef, Polizeioberrat Kreuzau.
»Polizeiinspektor Schmidt!«, donnerte dieser.
Wasser tropfte auf die frisch geputzten Schuhe des Untergebenen Schmidt. Er bemerkte es nicht. Er ahnte, er hatte etwas falsch gemacht. Er wusste nur nicht, was.
Kreuzau zog der Leopardenfrau einen Stuhl heran und bat sie, sich zu setzen, während er sich lässig auf die Tischkante des Schreibtisches schob und auf sie niederlächelte. »Frau Dünnwald, nicht wahr?«
»Ja«, schluchzte sie, »Mary Dünnwald.«
Kreuzau forderte: »Schmidt, schreiben Sie mit!«
Schmidt setzte die Wasserkanne ab und klemmte sich hinter seinen Chef an denselben Schreibtisch. Er rief ein neues Dokument in seinem Monitor auf und legte die Finger auf die Tastatur.
»Wie heißt denn der schreckliche Mensch, der
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