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Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Faber
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werdendem Stimmchen und atme den modrigen Duft meines Palästinensertuches ein, das so riecht, wie Tücher eben riechen, die vierzehn Jahre in einer Holztruhe ruhten.
    «Nein, Papa, das ist es nicht! Das ist …»
    «… peinlich, ich weiß», sage ich. «Danke!»
    «Gern geschehn.»
    Vielleicht habe ich es doch ein klein wenig zu gut gemeint, denke ich beim erneuten Blick in den Spiegel. Nein, Henning, so viel Selbstkritik muss sein, so sieht einfach keine coole Sau aus. Und die wollte ich heute einfach mal sein, heute am Abend des 20 -jährigen Abiturtreffens meiner alten Schule, des Gymnasiums Nidda. Trotz allem, trotz all dieser dramatischen Unglücke, die mein Leben derzeit belasten, oder gerade deswegen möchte ich jetzt gleich bei dieser Feier erscheinen, und all meine ehemaligen Mitschüler sollen denken: «Meine Fresse, was ist der Henning nur für eine coole Sau. Und nahein, er ist nicht nur so irrsinnig cool, der Henning, sondern auch so verdammt jung geblieben.»
    Eine schöne Vorstellung. Ich öffne den obersten Knopf meiner Jeans, um wieder atmen zu können.
     
    So alt wie die sehe ich aber nicht aus!
    Zumindest hoffe ich das bei der Begrüßungsrunde mit meinen ehemaligen Mitschülern in der Gasthofbrauerei.
    Vermutlich denkt der kecke Holger, der gerade eine joviale Kumpelei an mir ausübt, genau das Gleiche. Sein prüfender Blick scannt mich von oben bis unten.
    «Ja, sääääärvus, Henning, du alte Scheiße, unn wie?»
    «Hallo, Holger! Danke, geht so.»
    «Wüüüüsooo, wo klemmt’s?»
    «Mein Vater wird vermisst und wurde vermutlich umgebracht», haue ich mit tonloser Stimme einfach mal so raus.
    Nach einer kurzen Schockpause richtet Holger eine unsichtbare Pistole auf mich und ruft: «Ey, Alter, däääär war net schlecht.»
    «Und wie geht’s dir so?», nuschele ich in einem Ton, der deutlich macht, dass es mich einen Scheißdreck interessiert.
    «Na ja, muss halt.»
    Danach schweigen wir ein wenig betreten und blicken auf unsere Biergläser.
    Mit Holger war ich von Klasse fünf an bis zum Abitur in einer Klasse. Die neunte Klasse wiederholten wir unfreiwillig gleichzeitig. Wir mochten uns nie sonderlich, doch solch eine gemeinsame Geschichte musste einen ja irgendwie zusammenschweißen.
    «Du hast doch die Franz geheiratet, oder?», versucht er einen Neustart.
    «Ja, habe ich», antworte ich knapp.
    Franziska, die von so manchem damals «Franz» genannt wurde, und ich waren bereits zu Schulzeiten ein Paar. Danach trennten wir uns immer mal wieder kurzzeitig, bis wir im ehereifen Alter erneut zueinanderfanden.
    Holger trägt noch den gleichen Oberlippenbart wie vor zwanzig Haaren, nur eben etwas grauer. Der Bauch ist dicker, die Haare sind dünner, und das Gesicht ist runder.
    «Ist sie auch hier?», fragt Holger und blickt suchend um sich. «Hab se noch gar nicht gesehen.» Im Hintergrund läuft Musik der Achtziger.
    «Nein, sie kann heute leider nicht», antworte ich und trinke aus Verlegenheit zu schnell aus meinem Glas.
    «Wieeehhh???», blökt Holger. «Wie kann es denn etwas Wichtigeres geben als unser Abitreffen heute?»
    Nun lacht er, der Holger. «Wie kann man da nicht können?»
    «Sie sitzt im Knast, und da sie für heute keinen Freigang hat, kann sie eben nicht hier sein.»
    «The Greatest Loooove of All», singt Whitney Houston mit ihrer tollen Stimme aus der Zeit, in der sie a) noch lebte, b) nicht soff, c) nicht geschlagen wurde, d) nicht abgemagert war, sondern sich gutgelaunt in luftigen Hemdchen lebensfroh für Plattencover fotografieren ließ.
    Holger blickt mich für zwei, drei Sekunden irritiert an, dann zieht er die Brauen hoch, reißt euphorisch seinen Mund auf und bellt: «Öhhhh, der Henny, ich schmeiß mich weg, so wie früher, immer nen lockeren Spruch auf der Lippe. Klasse, der war auch gut, echt du, leck mich fett!»
    Holger war nach dem Abitur beim Bund, machte dann eine kaufmännische Lehre, ehe er vor fünf Jahren ins «Eventgeschäft» eingestiegen ist. Er organisiert und veranstaltet bayrische Oktoberfeste in Oberhessen.
    «Das wird boooomen wie die Sau», hat er mir bereits beim letzten Klassentreffen erzählt. Damals machte ich mich noch über ihn lustig, denn ich konnte mir weiß Gott nicht vorstellen, es könnte einmal so weit kommen, dass in meiner Heimat Zehntausende Hessen von jung bis alt in Dirndl und Lederhosen zu Festzelten pilgern, sich Lebkuchenherzen um die Hälse binden und an weiß-blau geschminkten Tischen Weißbier trinken. Ich dachte,

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