Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
ein Arsch wie die anderen.»
«Och, na ja …»
«Dooooch! Du hast auch ganz warme Augen.»
«Hmm.»
Die Dings hat ihre schwarzgrauen Locken zu einem Pferdeschwanz gebunden und trägt ein zeitloses blaues Sommerkleid über ihrer blassen Haut. Es ist überraschend weit ausgeschnitten.
Für eine Frau um die vierzig spricht sie mit einer sehr hellen Stimme. Sie berichtet in einem hohen Tempo davon, dass das Leben und sie noch nie richtig gute Freunde wurden. Eine klassische Schönheit ist sie nicht, die Dings, doch während sie weiter über das böse Leben erzählt, stelle ich mir auf einmal vor, wie ich ihr Sommerkleid aufknöpfe.
«Oh Gott, jetzt laber ich dich voll, ne?»
«Was?», schrecke ich aus meinen Gedanken hoch.
«’tschuldige, das wollt ich nicht. Jetzt langweile ich dich noch mit meinem Gelaber …»
«Nein, tust du nicht …»
«Doch, doch. Wen soll das denn auch schon interessieren? Ich mein, mal ehrlich, es ist eh ein Wunder, dass du hier überhaupt noch stehst. Dass überhaupt einer mich ein paar Minuten aushält, hihi.»
Dieses depressive Kichern immer! Die Dings bekommt nun einen unangenehmen Leierton in ihre Stimme, sodass es mir deutlich schwerer fällt, an meine erotischen Phantasien anzuknüpfen.
«Warum soll sich ausgerechnet heute jemand für mich interessieren? Früher war ich ja auch allen egal. Ist aber in Ordnung. Die sind mir ja alle genauso egal. Ich kenne auch gar nicht mehr die Namen. Du?»
«Na ja, zum Teil», antworte ich.
«Und wie ich heiße, weiß bestimmt auch keiner mehr, da bin ich mir sicher!»
Ich weiche ihrem Blick aus und beobachte, wie der Lehrer Udo, der Notar Ingo, der Finanzbeamte Tom und der bekiffte Björn durch die Gasthaustür wanken, ein paar Schritte auf uns zu kommen, dann die Dings erkennen, die Richtung schnell wieder ändern und sich wenig später ein paar Meter entfernt unter einem Baum einen Joint bauen.
«Das müsste man alles mal ganz anders aufziehen», kann ich von weitem Björn von den Lippen ablesen.
Die Dings bemerkt, wie ich die drei bei ihrem Tun beobachte.
«Geh ruhig hin», sagt sie.
«Nee, nee, ich kiffe nicht.»
«Echt, Henning, geh ruhig, ich hab dich jetzt lang genug vollgelabert und genervt …»
«Nein, hast du nicht …»
«Doch, hab ich … komm geh ruhig, sonst kannste mich nachher auch nicht mehr leiden, so wie alle. Aber irgendwie kann ich’s ja auch verstehen, kann mich selber ja auch meistens nicht leiden.»
Dann lacht sie wieder ein paar seltsame Töne in die Nacht hinaus.
Im Gasthaus brüllen meine Mitschüler «Let’s do the time warp ägähän», und da will ich mitbrüllen. So lasse ich Dings nun doch alleine zurück, höre zum Abschied ein «Geh ruhig» und hopse von nun an bis in den frühen Morgen mit den alten Weggefährten meine Anspannung weg.
Kapitel 14
A uf der Hutablage von Teichners tiefergelegtem Opel Astra wackeldackelt ein Plastikpenis gegen jede Regel des guten Geschmacks, während am Rückspiegel ein Baum nach Bier duftet. Ich sitze auf seinem bekrümelten Beifahrersitz und fühle mich, verkatert und übernächtigt, wie ich bin, natürlich so richtig wohl. Da mein Wagen heute Morgen nicht anspringen wollte, war es nicht zu verhindern, von Teichner in seinem Horrorwagen zum Außentermin kutschiert zu werden. Mein Kollege und ich haben einen Besuch in Nidda-Ulfa bei den Eltern des damaligen Mädchenmordopfers Kirsten Gruber vor uns.
Zunächst aber wundere ich mich darüber, dass Teichner in die falsche Richtung abbiegt.
«Nach Ulfa geht’s doch nach links», protestiere ich.
«Ei, das weiß ich doch, aber ich hab der Sabse versprochen, dass ich sie noch schnell abhole und zum Friseur fahre. Ist doch okidoki, oder?»
Okidoki ist eigentlich nie irgendetwas. Ich grummele ein resigniertes «Hmm».
«Dann hab ich bei ihr wieder was gut, weißte?», sagt Teichner und nimmt einen Schluck aus seiner Zwei-Liter-Colaflasche.
Ich ignoriere seine Bemerkung.
«Umsonst mach ich das net, wenn du weißt, was ich meine. Also, da will ich dann schon ne Gegenleistung haben … ne?»
Ich tue so, als hätte ich etwas Wichtiges an meinem Handy zu schaffen.
«Ich kann mich dann schon mal im Voraus bei euch entschuldigen», fährt er fort. «Nu ja, ich werd morgen bei der Arbeit ein bissi müd und ganz schön lädiert sein …!»
«Warum», frage ich unüberlegt und bereue es nur eine Millisekunde später.
«Ich werd net viel schlafen. Ich sachs dir, Henning, aber die Sabse, boah, ehrlich, du,
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