Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Spielfeld zu schützen. Da ich Ulrikes Jähzorn allzu gut kenne, befürchte ich für einen kurzen Moment eine Schlägerei. So laufe auch ich aufs Spielfeld und ziehe meine erboste Schwester vom Platz.
«Das geht doch nicht, das geht doch nicht», keift sie weiter. «Der Dicke da kann doch nicht unseren Laurin kaputtmachen.»
«Jetzt halt mal die Klappe, verdammte Scheiße», fahre ich sie heftig an und flüstere ihr böse zu: «Weißt du, was du Laurin damit antust?»
Mutter kommt hinzu. «Ulli, ich weiß, du meinst es gut, aber lass mal gut sein. Hol mir lieber mal nen Kaffee und nen Kuchen.»
Der Schiedsrichter entscheidet auf Freistoß. Yassin legt sich den Ball zurecht, doch Laurin weicht ihm nicht von der Seite und redet auf ihn ein. Yassin geht schulterzuckend zur Seite.
«Der Dings, äh, der … äh … soll schießen», ruft Rötzenbrink hinein.
Laurin jedenfalls meint er nicht. Doch der läuft an und haut einfach mal so das Ding unter die Latte.
Tor!
Ich reiße die Arme in die Höhe und schlage damit Reimunds Bierdose aus seiner Hand. Ich renne zur Torlinie und klatsche einen glücklichen Siebenjährigen ab.
Jawoll, geht doch!
Kurz danach kassieren wir zwar den Ausgleich, scheiden aufgrund des Torverhältnisses aus und müssen beziehungsweise dürfen nach Hause fahren, doch das Turnier hat sich für mich allein durch diesen einen Laurin-Hammer gelohnt.
Nachdem wir alle Sachen zusammengepackt haben und schon auf dem Weg zum Auto sind, laufen wir Bruno Rötzenbrink über den Weg, der den späten Ausgleich noch immer nicht verkraftet hat.
«Wiedersehen, Herr Rötzenbrink», rufe ich ihm im Vorbeigehen zu. «Schade, dass wir raus sind, was? Vielleicht lassen Sie beim nächsten Mal den Laurin etwas länger spielen, dann reicht es vielleicht auch für die Finalrunde. Solche Freistöße schießen nur wenige.»
Ich höre keine Reaktion, da Trainer Rötzenbrink vermutlich noch mit Grübeln darüber beschäftigt ist, wer denn dieser Laurin überhaupt sein soll.
Auf der Fahrt nach Hause schwärme ich noch immer von seinem Freistoß und schildere immer und immer wieder, wie ich diesen Jahrhundertschuss erlebt hätte, da sehe ich im Rückspiegel, dass Laurin schon längst wieder in ein Buch vertieft ist.
Kapitel 16
N och am selben Abend rase ich zur Dienststelle, um die Videobänder der Tankstelle in Mücke zu sichten. Markus hat wie versprochen gleich den Kollegen Wolff dort hingeschickt, der diese dann auch sofort ausgehändigt bekam. Kurz nachdem Wolff zurück in Alsfeld war, erreichte auch ich schon die Direktion.
Um 12 . 30 Uhr will der Mann meinen Vater dort gesehen haben. Also beginne ich mit der Sichtung der Bänder ab 11 Uhr. Die Videos zeigen sowohl, wie die Autos an die Zapfsäulen heranfahren, als auch, wie die Kunden später den Kassenraum betreten. Ich spule immer mal wieder vor und schicke kurze Stoßgebete in den Himmel. Ich will ihn verdammt noch einmal jetzt gleich hier und sofort auf diesem Video sehen.
Bitte, bitte, bitte!
Inzwischen zeigt die Uhr 12 . 32 Uhr. Niemand, der meinem Vater auch nur annähernd ähnelt, war bisher zu erkennen.
Nun befährt ein weiteres Auto das Tankstellengrundstück. Ein grüner, alter Volvo. Das Auto kenne ich doch, das ist doch …
Frustriert lege ich den Kopf auf meiner Schreibtischplatte ab. Es ist Onkel Ludwig Körber, der da eine Zeitung kauft. Der Postbeamte, der mir eben diesen Hinweis gab, hat Körber mit meinem Vater verwechselt! So eine Scheiße! Beide arbeiteten jahrelang in benachbarten Büros. Da kann man, wenn man persönlich nicht allzu viel mit ihnen zu tun hatte, auch mal durcheinanderkommen.
Voller Wut trete ich gegen den Papierkorb, aber außer dass mein Schienbein weh tut, bringt diese Tat keinen spürbaren Nutzen mit sich.
Ab ins Auto und nichts wie zurück nach Hause.
Vor mir eiert schon seit geraumer Zeit ein Audi A 3 aggressiv defensiv fahrend herum. Verlässlich fährt er stets 8 km/h langsamer als erlaubt. Der kommt mir gerade recht. Meine Stimmung ist ohnehin schon gereizt, und von Kilometer zu Kilometer wird sie noch gereizter. «Fahr doch», blöke ich in meine Windschutzscheibe, als er in Sichtweite des Tempo- 60 -Schildes schon mal vorsorglich die Geschwindigkeit auf 52 drosselt.
Ich versuche mich abzulenken und lege Mannis Country- CD ein.
«Wenn ein wildes weisches wüstes Weib misch willig zu sisch winkt und auf der weiten Wiese wuschisch wartet», singt er.
In dem Moment, in dem ich die
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