Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Lautstärke laut genug gedreht habe, trete ich voll auf die Bremse und vermeide im letzten Moment einen Auffahrunfall.
O.k., dann hat er es wohl nicht anders gewollt.
Megacop Bröhmann, der Rächer der oberhessischen Landstraßen, muss wieder einmal eingreifen. Das braucht er mindestens dreimal im Jahr, und nun ist es wieder so weit. Legal ist das natürlich nicht, doch was juckt es mich schon, was habe ich denn groß zu verlieren?
So greife ich nach meiner oldschooligen Retro-Polizeikelle, fahre nah auf den Audi auf und winke ihn auf die Seite.
Der Fahrer, ein seitengescheitelter Mann um die vierzig, lässt die Scheibe herunter und blickt mich verunsichert an.
«Einen schönen guten Tag», sage ich mit fester Stimme und halte ihm kurz meinen Ausweis vor die Nase. «Wissen Sie, warum ich Sie anhalte?»
«Nein, eigentlich nicht», wispert er unterwürfig.
«Sie fahren zu langsam und gefährden damit den Straßenverkehr.»
Devot nickt er mir zu.
«Das Land Hessen hat nun in fast jedem Dorf hier auf der Strecke diese Blitztürme fest installiert. Dies hat den Zweck, dass niemand mehr durch die Dörfer brettert. Und das ist auch gut und sinnvoll so. Es soll allerdings im Gegenzug nicht bewirken, dass Fahrer wie Sie mit einem Schlag von Tempo 50 auf Tempo 38 abbremsen und so fast einen Auffahrunfall provozieren. Wie schnell dürfen Sie in geschlossenen Ortschaften fahren?»
«Fünfzig, fünfzig», antwortet der Mann, der früher mit Sicherheit die berühmte Tasche seines Lehrers trug, sein Zahnarzt-Bonusheft lückenlos führt und bestimmt seit Jahren gewissenhaft irgendwelche dämlichen Tankstellenpunkte sammelt.
«Richtig! Dann fahren Sie bitte auch 50 . Da passiert Ihnen nämlich nichts. Sie bekommen keinen positiven Eintrag in Ihr polizeiliches Führungszeugnis, wenn Sie weit unter den 50 liegen.» Ich beuge mich näher zu ihm herunter. «Wissen Sie, ich verrate Ihnen mal was, selbst wenn Sie 56 , 7 fahren würden, wäre das auch kein Problem.»
«Und was passiert jetzt?», fragt er so eingeschüchtert, dass er mir langsam leidtut.
«Nichts», antworte ich großherzig. «Ich belasse es mal bei einer Ermahnung, werter Herr.»
Erleichtert strahlt er mich an. «Oh, vielen, vielen Dank! Danke, das ist nett, danke! Wissen Sie, meine Frau ist nämlich immer so sauer, wenn ich Strafzettel bekomme. Da bin ich jetzt echt erleichtert, erst vorgestern nämlich war mein Parkschein zehn Minuten abgelaufen, und ich wurde erwischt.»
«Ei, ei, ei», sage ich.
«Das hab ich bis jetzt noch nicht gebeichtet. Vielen Dank, ehrlich, vielen Dank.»
«Keine Ursache. Dann wünsche ich Ihnen eine gute Weiterfahrt. Ach ja, und noch ein persönliches Wort: Versuchen Sie nicht, immer alles richtig zu machen. Das bringt nämlich nichts.»
Der Mann kichert verwirrt.
«Und lassen Sie sich scheiden. Schönen Tag noch!»
Zufrieden schreitet der Rächer der Landstraße zu seinem Auto zurück und kommt vermutlich nun endgültig nicht mehr in den Himmel.
«Melina, du musst das nicht schon wieder machen», brülle ich, kurz nachdem ich wieder zu Hause angekommen bin, durch unser Treppenhaus, um den Staubsaugerkrach zu übertönen. Ich sehe sie schon das zweite Mal in dieser Woche schlechtgelaunt mit dem Staubsauger durch unser Haus fegen.
Melina schaltet ihn aus. «Was hast du gesagt?», ruft sie mir von der obersten Treppenstufe hinunter.
«Du musst das nicht schon wieder machen», wiederhole ich.
«Ach nee? Muss ich das nicht?!»
Ihr Ton klingt eindeutig verärgert. Fragend blicke ich zu ihr hinauf.
«Wer macht es denn sonst? Du etwa?», fragt sie ebenso patzig wie rhetorisch und saugt weiter.
Es gibt doch eigentlich Schlimmeres, als wenn die Kinder unaufgefordert Böden saugen, doch irgendetwas stimmt hier nicht. So gehe ich die Treppe hinauf und ziehe den Stecker aus der Dose.
«Melina, du hast schon so viel hier übernommen in den letzten Tagen, so haushaltsmäßig. Lass mal, mach doch mal Ferien.»
Ein brodelnder Tochtervulkan steht vor mir.
«Wenn
ich
das nicht mache, bricht hier doch alles zusammen.
Du
lässt doch alles liegen. Räumst ja nicht mal deinen Frühstücksscheiß weg. Und ziehst auch deine Schuhe nicht aus nach den Hundegängen. Und trägst deswegen den ganzen …»
«Stopp», rufe ich. «Das ist nicht deine Verantwortung, Melina. Ich gucke mich gerade nach einer Putzhilfe um, und es ist wirklich nicht deine Aufgabe, meinen Dreck …»
«Ach jaa, aber es ist meine Aufgabe, ständig auf Laurin
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