Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Darauf habe sie Egon angerufen, der den Verdächtigen «gestellt» habe. Ich bin sicher, hätte Bummo noch gelebt, Manni würde vermutlich nicht nur aus der Nase bluten.
«Die wollte mir net glaube», beschwert sich Manni, «dass isch die Worscht mit der Klinge da hinne gefunne und eingesammelt hab.»
An Egon und Irmgard gewandt, fügt er hinzu: «Ihr seid escht Deppe!»
Egon und Irmgard erkläre ich dann, dass Manni so etwas wie ein freier Mitarbeiter sei.
«Freier Mitarbeiter», wiederholt Egon verächtlich. «Du hattest gesagt, du schickst deine besten Leute auf die Suche.»
«Bin isch doch, du Aff», schaltet sich Manni ein und hält sich mit einem wahrscheinlich von seiner «Muddi» bestickten Taschentuch die blutende Nase. «Wenn isch jetzt meine Nase verlier, dann kannste disch auf was gefasst mache, mein Freund, das sag isch dir.»
Mit schmerzverzerrter Miene drückt er sein poröses Organ mal nach links, mal nach rechts, immer in der Sorge, es könnte abfallen.
«Geht’s?», frage ich.
«Ein Cowboy kennt kein Schmerz, sag isch immer», antwortet er. «Oder bin isch eine Memme?»
Ich schüttle schwach den Kopf.
«Na, los, sag schon, bin isch eine Memme?»
«Nein, Manni, bist du nicht.»
«Hast du misch jemals jammern gehört? Bin isch so ein blöder Brötsche-über-der-Spül-Uffschneider, häh? So ein Sonnecremedruffschmierer und Milsch-im-Kaffee-Trinker, oder was? Bin isch Wintermützeträger und Brusthaarrasierer, oder wie?»
Ich verneine auch all diese weitergehenden Fragen und versuche ihn zu besänftigen, während Jupp und zwei weitere Schaulustige mit großer Begeisterung diesem Schauspiel folgen.
«Hab isch jemals in einer Vierzisch-Grad-Sauna gesesse? Bin isch Radlertrinker und Sitzpinkler, oder was? Bin isch net! So sieht’s doch aus. Und selbst mit verlorner Nase würd isch noch uffrescht im Wind stehe könne.»
Auch das streite ich nicht ab, sodass er sich langsam von seinem kleinen Schock erholt und zur Ruhe kommt. Ich verabschiede mich von der «Hundegruppe» und bringe Manni zu seinem Bock, wie er sein Motorrad nennt. Er selbst erklärt sich für fahrtüchtig, da er schließlich kein Elektrogrillbenutzer, Fettrandabschneider, Regenjackenbenutzer, Vor-dem-Sport-warm-Macher, Tempolimitforderer, eben kein Warmduscher sei.
Und seine Nase blutet inzwischen auch nicht mehr.
Kapitel 19
G egen einen Abschiedskuss hat Laurin noch nichts einzuwenden. Das kommt später. Heute, hier am Sportheim des SC Viktoria Nidda, drücke ich meinem siebenjährigen Sohn einen Kuss auf die Wange und trage anschließend seine Tasche zum Gepäckraum des Busses.
«Mann, ist die schwer. Musstest du wirklich fünf Bücher mitnehmen?»
«Ja klar», antwortet mein Söhnchen und lächelt.
«Aber du bist doch nur eine Woche weg.»
«Ja, eben.»
«Aber ihr wollt doch Fußball spielen.»
«Aber doch nicht die ganze Zeit.»
Ich gebe Laurin einen weiteren Kuss und bin stolz, dass er sich hierauf einlässt. So zögerlich und ängstlich, wie er in den letzten sieben Jahren war, ist es bei weitem keine Selbstverständlichkeit, dass er mal locker für eine Woche ohne Eltern in den Bus steigt.
Doch er tut es, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich beobachte durch die Scheibe von außen, wie er sich gemeinsam mit seinem Freund Jonas einen Platz sucht und anschließend seinen Rucksack verstaut. Mich würdigt er keines Blickes mehr, und ich nehme mir in dieser Sekunde vor, ihn nie wieder innerlich als Angsthasen abzustempeln.
Er fährt eine Woche in den Spessart, doch ich fühle mich so, als verließe mich nun auch Laurin für eine lange Zeit. Als führe er ein Jahr nach Südamerika.
Dann startet der Bus, und wir Eltern winken unseren Kindern nach. Doch keiner der Jungs im Bus gibt sich die Blöße und erhebt auch nur einen müden Finger.
Sosehr ich mich über Laurin und seine gewonnene Selbstsicherheit freue, so sehr macht es mich in diesem Moment traurig, dass keine Franziska neben mir steht und diesen Moment mit mir teilen kann. Während alle anderen Eltern zu ihren Autos zurückkehren, verharre ich noch eine Weile am Vereinsheim und merke, wie sich ein fieses Einsamkeitsgefühl in mir breitmacht und wie es mir in dieser Sekunde unmöglich ist, Franziskas Inhaftierung zu verdrängen.
«Du fehlst mir», sage ich zu Franziska ins Nichts.
«Du mir auch», höre ich sie antworten.
Irritiert blicke ich auf eine Buche am Wegesrand.
«Was soll das denn, Franziska? Wieso redest du denn jetzt mit mir?»
«Wieso denn
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